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Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme

Titel: Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesca Melandri
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Cowboy sein Pferd, gleitet elegant die Piste hinunter, nimmt Fahrt auf, überfährt einen Schneehaufen und neigt sich zur Seite, doch die erstklassigen Ketten halten sie noch in der Spur, sie wird immer schneller, rast jetzt dahin, ohne noch den Schnee zu berühren, fliegt, schlägt auf und wird wieder hochgeschleudert wie ein Skianfänger, knallt gegen einen Baum am Rand der Piste, und dann gegen noch einen und wieder einen, bis sie schließlich den ganzen Abhang hinunterstürzt.
    Marlene war rot, kraftstrotzend und praktisch nicht zu stoppen, so wie die Pumpe in unserer Brust, die das Blut durch den Körper treibt. Sie rodete einen ganzen Hang, bevor sie sich geschlagen gab. Lärchen, Rottannen, Zirbelkiefern, Eichen walzte sie wie Zahnstocher nieder.
    Die Todesanzeigen in der Tagezeitung Dolomiten sind wie ein Code, der entschlüsselt werden muss, besonders, was die Todesursache des Betrauerten angeht.
    »Nach langer schwerer Krankheit« bedeutet: Krebs.
    »Durch einen tragischen Verkehrsunfall« – falls er an einem Freitag oder Samstag geschah: Trunkenheit am Steuer.
    Stirbt plötzlich ein junger Mensch, gibt die Familie stets die Todesursache an, meistens die zweite, damit niemand auf den Gedanken kommt, er zähle zu den erschreckend vielen Jugendlichen, die sich Jahr für Jahr in unserer Heimat das Leben nehmen.
    Ist die Todesursache nicht genannt und nur etwas von »unerwartet« oder »plötzlich« zu lesen, kann man sicher sein, dass es sich um Selbstmord handelt.
    Für Ulli lautete die Sprachregelung: »durch einen Arbeitsunfall«.

1972
    Auch ein Einfaltspinsel hätte es gemerkt. Und einfältig war Mariangela Anania, geborene Mollica, nun wirklich nicht. Außerdem, bestimmte Dinge spürt eine Mutter einfach.
    Zu ahnen begonnen hatte sie es schon fast ein Jahr zuvor, als Vito auf Urlaub zu Hause war und ihr erzählte, dass er nun doch etwas länger dort oben in diesem Land der Sauerkraut- und Knödelesser bleiben werde. Sie hatte nicht lange gebraucht, um zwei und zwei zusammenzuzählen. Wenn man ihn nach fünf Jahren ehrenhaften Dienstes im kalten Norden Italiens nicht zu seiner verwitweten Mutter zurückkehren ließ, konnte es nur einen Grund dafür geben: Er selbst hatte beantragt, dort zu bleiben.
    Dumm war sie nicht und auch nicht weinerlich. Sie hatte nicht gekränkt reagiert, nichts verlangt, sondern nur »Ach ja?« gesagt und dann nicht mehr darüber gesprochen.
    Dann war da noch dieses Picknick gewesen, am zweiten Ostertag mit den Nachbarn und deren Tochter Sabrina, die keine Schönheit war, aber doch ordentlich gebaut. Sie hatte alles da, wo es hingehörte, und das nicht zu knapp, und außerdem schöne grüne, leuchtende Augen, und diplomierte Buchhalterin war sie auch noch. Auf einen Kilometer Entfernung konnte man sehen, dass sie an Vito interessiert war, und Signora Anania und die Eltern des Mädchens hatten vieldeutige Blicke gewechselt, wie um zu sagen: Lassen wir sie doch ruhig mal allein, diese jungen Leute, sollen sie sich doch ein wenig unterhalten und kennenlernen, ohne dass wir dabei sind, das kann nicht schaden. Aber was geschah? Kaum hatte sich das arme Ding etwas näher zu Vito gesetzt, stand er auf, entdeckte eine Kaffeekanne, die umzustellen, ein Glas, das zu füllen war … Kurzum, es war offensichtlich, dass ihm jeder Vorwand recht war, um nicht mit ihr allein zu sein. Und das schien unnormal für einen jungen Mann, dessen Herz frei war. Wenn es jedoch nicht frei war …
    Schließlich hatte Tante Giovanna, bekannt dafür, Dinge auszusprechen, die andere zwar dachten, sich aber zu sagen scheuten – eine Eigenschaft, die ihr stets den allgemeinen, wenn auch oft genug verärgerten Respekt eintrug –, diese Giovanna also hatte eines Tages zu ihm gesagt: »Wann willst du eigentlich endlich mal heiraten?« Worauf Vito nicht mit dem dümmlichen Lachen junger Männer reagierte, die noch ausschließlich Mädchen im Kopf hatten, die leicht ins Bett zu bekommen waren, weil für die eine, die das ganze Leben dieses Bett mit einem teilen sollte, noch Zeit genug war, mehr als genug sogar, was man den Verwandten aber natürlich nicht so offen sagen konnte, weshalb dann gekichert wurde, durchtrieben, eitel, verlegen. Nein, Vito schaute nur auf seine Schuhspitzen und hob den Blick gar nicht mehr oder erst nach einer halben Stunde, und so verhielt man sich nur, wenn man ein Geheimnis hatte, ein kostbares, ganz bestimmtes Geheimnis, das Vor- und Zunamen besaß.
    Gherda Uber also.
    Allein schon

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