Eva und die 40 Maenner - Roman
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Dein Jürgen
Der Doktor rückte dann doch noch den Entlassungsschein heraus. Irmela brachte Eva in die Knesebeckstraße, wo beide noch lange im Auto saßen, kalte Pizza und warmes Eis aßen und redeten. Eva hatte die Rose mitgenommen (um genau zu sein, hatte sie sie zunächst absichtlich stehen lassen – ha, sie brauchte auch Nils nicht, keinen einzigen Mann mehr! – und war dann zurückgestürmt, um sie doch noch aus der Vase zu zerren) und musste nun Irmela gestehen, woher sie sie hatte. Ja, der Fehrenberg sei vorbeigekommen, sie wisse gar nicht, wieso er ihr eine Blume mitgebracht habe, der Kerl sei doch Kirstens Freund, aber er interessiere sie auch gar nicht … Irmela nickte nur und sagte nichts dazu.
Dann ging Eva nach oben, wo Silke sehr überrascht war, sie zu sehen. Die Freundin hätte am liebsten die Zeitungssache noch einmal endlos mit ihr durchgekaut, aber Eva entschuldigte sich nach einer Weile mit Kopfschmerzen und ging ins Bett. Diese letzten drei unerfreulichen Tage, insbesondere den heutigen, wollte sie so schnell wie möglich aus ihrem Gedächtnis streichen. Sie schlief mit der Hoffnung ein, dass sich ihre Glückssträhne so bald erholt haben würde wie ihre Schulter.
Der nächste Tag war Samstag, der Tag des Osterbasars. Eva pfiff auf Krankschreibung, bandagierte Schulter und üble Nachrede und machte sich auf, um elf in der Schule zu sein. Schließlich war sie Koordinatorin der Veranstaltung gewesen, und wenn die Direktorin nach dem Unfall auch einen Ersatz für sie aktiviert hatte, so konnte sie sicher trotzdem helfen. Der Tag hatte mit Regen und böigem Wind begonnen, doch als Eva auf dem Schulhof ankam, strahlte eine wärmende Sonne vom blauen Himmel herab. Vermutlich hatte Frau Helmholtz einen scharfen Blick nach oben gesandt und der Wettergott hatte klein beigegeben. Es wimmelte bereits überall von Eltern und Schülern, die Tischeschleppten, Kaffee kochten und Kuchenberge aufschichteten. Eva ertappte sich dabei, nach dem dunklen Schopf und den breiten Schultern von Nils Ausschau zu halten. Doch sie konnte ihn nirgends entdecken, was sie zugleich beruhigte und nervös machte.
Da Eva die meisten Eltern noch nicht kannte, wurde sie nur von einzelnen Kindern begrüßt, die arglos und freundlich nach ihrem Unfall fragten und sich dann schnell wieder an ihre Flohmarktware machten, die ausgebreitet und aufgebaut werden musste. Erst in der Eingangshalle traf Eva auf die ersten Kollegen; sie stutzten kurz, da sie offenbar nicht mit ihr gerechnet hatten, nickten ihr dann flüchtig zu und eilten weiter.
Irritiert war Eva erst, als sie Sabine begegnete, der Klassenlehrerin der Hummeln , mit der sie sich immer gut verstanden hatte. Sabine zuckte zusammen, als sie plötzlich vor Eva stand; beinahe wäre ihr ein Kuchenteller voll dunkelroter Obsttörtchen aus dem Gleichgewicht geraten.
»Oh«, machte Sabine. »Du … äh … bist ja gekommen.«
»Klar, ich bin doch wieder völlig gesund«, entgegnete Eva fröhlich. »Soll ich dir gleich helfen beim Kuchenbuffet?«
»Äh, nein danke, wir sind da schon genug. Vielleicht solltest du erst mal … mit Bernadette reden.« Sprach’s und huschte davon, den Blick fest auf ihre Törtchen gerichtet, als hinge ihr Leben davon ab, sie nicht aus den Augen zu lassen.
Eva begriff – und begriff doch nicht. Es konnte doch nicht sein, dass alle hier etwas von dem Artikel wussten. Geschweige denn, daran glaubten . Und doch sprachen die Mienen der Kollegen Bände. Auch in der Mensa, die sie nun betrat und in der etliche Lehrer herumwuselten, trafen sie zahlreiche Blicke, die man mindestens als zurückhaltend bezeichnen musste. Nils war nirgends zu sehen. Doch Kirsten stand hinter einem der Tische und schnitt gerade Browniesin Stücke. Sie schaute auf, runzelte die Stirn und legte dann ein schwaches Lächeln auf ihre Züge. Eva wollte gerade zu ihr gehen, als Lutz Dassler plötzlich vor ihr stand.
»Hallo, Eva. Schön, dass du wieder gesund bist.«
Die freundliche Begrüßung nahm ihr eine kleine Last von den Schultern. »Danke. Es war ja nur eine Kleinigkeit. Sag mal, weißt du, wer die Koordination heute für mich übernommen hat? Ich würde gerne helfen …« Lutz zuckte gleichmütig die Achseln. »Oh, ich glaube, das hat Nils gemacht. Er schwirrt irgendwo hier herum.«
Evas Herz sank in den Keller. Auch das noch. Er hatte gar nichts davon
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