Eva und die 40 Maenner - Roman
Sie beträchtlich über das Ziel hinausgeschossen, meine Liebe.« Der Mund der Direktorin war nur noch ein schmaler Strich.
Eva starrte sie an. »Der …«
»Alle Kollegen waren noch im Haus, obwohl es schon spät war. Ich nahm das Gespräch im Lehrerzimmer entgegen, weil ich mit nichts Bösem rechnete. Sonst hätte ich es vielleicht sogar für mich behalten, keine Ahnung. Aber so haben alle mitbekommen, dass Sie uns einen Maulkorb verpassen ließen.«
»Wie bitte?«, flüsterte Eva. »Ich verstehe kein Wort.«
Die Direktorin seufzte ungeduldig. »Kommen Sie, Frau Morbach, was sollte das anders sein? Der Staatssekretär des Kultursenators persönlich ruft hier an, um mir zu sagen, dass wir uns hüten sollten, Sie zu mobben. Natürlich betont er, dass nicht das geringste bisschen an der Sache dran wäre. Warum aber, frage ich Sie, ruft er dann an? Er hat seine Drohung hübsch verpackt, sehr höflich und allem Anschein nach nur um Sie besorgt, aber trotzdem haben sich natürlich alle gefragt, wieso er das tun sollte, wenn Sie und der Kultursenator tatsächlich nichts miteinander zu tun haben?«
Eva unterdrückte ein Stöhnen. »Weil … aus reiner Freundlichkeit! Ich wusste nichts davon, aber es sieht John ähnlich, so … Wir sind bloße Bekannte, weiter nichts! Wir haben gestern telefoniert, ich habe sogar seine Frau angerufen und ihr versichert, dass alles aus der Luft gegriffen ist, und sie hat mir geglaubt. Warum sie und sonst kein Mensch?! John hat sicher … der Senator hat mir sicher nur etwas Gutes tun wollen, mich schützen vor übler Nachrede, und nun …«
»Hat er das Gegenteil erreicht.« Frau Helmholtz’ Miene war kühl. »Selbst wenn es so sein sollte, wie Sie sagen, so glaubt das jetzt kein Mensch mehr. Die Kollegen sind sehr ungehalten darüber, einen Maulkorb verpasst zu bekommen, von ganz oben. Und ich schätze das auch nicht sonderlich, um es einmal harmlos auszudrücken. Wobei wir gar nicht der Kultur unterstellt sind und Herr Hauenschildt insofern gar nicht unser oberster Dienstherr ist, aber das ist ein Nebenthema.«
»Das ist alles so unglücklich . Ich weiß gar nicht, was wir jetzt …«
»Aber ich. Vor allen Dingen müssen wir Ruhe hineinkriegen in die Sache, Frau Morbach. Es sind nur noch drei Tage bis zu den Osterferien, und in dieser Zeit werden Sie sich erholen. Die Schulter auskurieren und solange nicht in die Schule kommen. Nach den Ferien werden wir Bestandsaufnahme machen, ich bin sicher, dass sich die meisten Gemüter bis dahin wieder beruhigt haben. Dann können wir entscheiden, wie es weitergeht.«
Eva atmete tief ein. Es hatte keinen Sinn, sich aufzuregen, auch wenn sie am liebsten dem zufällig neben ihr stehenden Flipchart einen deftigen Tritt verpasst hätte. »Es ist verdammt ungerecht, das vor allem. Wie haben Sie es vorhin ausgedrückt: dem Stadtanzeiger das Denken überlassen? Ich glaube, genau das ist passiert.«
Die Direktorin verzog keine Miene. »Frau Morbach, ich persönlich überlasse anderen nur selten etwas, was mir selber Spaß macht. Dazu gehört etwa das Denken. Ich denke mir zum Beispiel, dass Sie höchstwahrscheinlich »unschuldig« sind, wenn wir das Wort einmal benutzen wollen. Trotzdem muss ich gewisse Rücksichten nehmen. Und die lassen es mir angeraten sein, Sie für eine Weile aus der Schusslinie zu nehmen.«
»Das heißt«, fragte Eva düster, »dass ich am besten gleich verschwinde?«
»Das können Sie halten, wie Sie wollen. Heute ist kein offizieller Arbeitstag, wer hier mithilft, tut das freiwillig.« Frau Helmholtz hatte sich vom Schreibtisch gelöst und stand schon an der Tür, die sie für Eva offen hielt. »Und wenn Sie mich persönlich fragen: Ich würde den Klatschweibern freiwillig keinen Zentimeter Boden gönnen.«
Damit schloss sie die Tür hinter ihnen und ging davon, ohne Eva eines weiteren Blickes zu würdigen.
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Ich heiße Ronnie, bin 48, ein fröhlicher Mensch und fast immer guter Laune. Wenn du dich melden würdest, würde ich mich sehr freuen. Mit mir kann man Pferde stehlen und noch viele andere schöne Sachen machen. Ich klöne gern mit Freunden und habe es gern gesellig, die Welt besteht aus mehr als nur einer Zweierbeziehung, finde ich. Mit anderen gemeinsam lacht es sich gut …
Tel: 030-548 39…
Es herrschte reges Treiben auf dem Schulhof. Alle hatten ihre Flohmarktwaren ausgebreitet, und zahlreiche Besucher strömten durch die Gassen zwischen den Tischen. Auf einer kleinen Bühne schmetterte der Schulchor
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