Eva und die 40 Maenner - Roman
gesagt.
»Aber Eva, willst du nicht vorher mal zu Bernadette gehen? Ich glaube, die Chefin hätte dir was zu sagen.« Lutz’ Lächeln war eine Mischung aus Neugier, Faszination und seltsamerweise Mitleid.
»Aber was …« Sie machte den Mund wieder zu. Hier erübrigte sich im Grunde jede Frage.
»Nimm’s nicht so tragisch, meine Liebe«, raunte Lutz und legte ihr sanft die Hand auf den Arm. »Die Hormone machen mit uns, was sie wollen. So ist es eben, ich weiß, wovon ich rede. Daraus sollte man niemandem einen Strick drehen.«
Eva atmete tief ein, wollte etwas entgegnen, ließ es aber sein. Sie würde sich jemandem wie Lutz gegenüber doch nicht rechtfertigen – für was denn auch?
»Wo ist sie denn?«, sagte sie also nur. Ihr war plötzlich flau im Magen.
»Noch oben, im Büro.«
Ohne ein weiteres Wort drehte sich Eva um und ging hinaus. Wieder suchten ihre Augen nach Nils, es war wie ein Instinkt, sie konnte es nicht verhindern. Doch in der Halle war er nicht. Sie wandte sich nach links zur Treppe – und da kam er plötzlich die Stufen herab, direkt auf sie zu. EvasSchritt stockte. Neben ihm ging eine Frau, die sie nicht kannte, vielleicht eine Mutter, sie nahm sie gar nicht richtig wahr. Ihr Herz klopfte schon wieder ganz wild, und sie hätte es am liebsten angeraunzt, es solle Ruhe geben.
»Hallo, Nils«, sagte sie mit einem Lächeln.
Er war jetzt fast unten bei ihr, doch er machte keine Anstalten, stehen zu bleiben. »Guten Tag.« Er nickte ihr zu, höflich, aber reserviert. Dann nahm er sein Gespräch mit der Mutter wieder auf, ging vorbei, zuckte nicht mit der Wimper.
Einigermaßen fassungslos verharrte Eva auf der ersten Stufe. Träumte sie? War das der Mann, der erst gestern vor ihr gestanden hatte und sie angesehen hatte wie… ja, wie denn? Hatte sie sich das alles bloß eingebildet? Hatten die Nachwirkungen der Operation ihr den Verstand vernebelt, sodass sie geglaubt hatte, er würde sie mögen? Oder übertrieb sie jetzt maßlos, weil sie dünnhäutig war, und Nils hatte einfach in einem ernsten Gespräch gesteckt, das er schlecht hatte unterbrechen können?
Sie sah ihm nach, obwohl er längst verschwunden war, dann gab sie sich einen Ruck. Eins nach dem anderen, immer mit der Ruhe. Jetzt musste sie erst einmal zur Direktorin.
Frau Helmholtz kam eben aus ihrem Büro. »Frau Morbach«, sagte sie gedehnt, als sie Evas ansichtig wurde. Dann drehte sie sich wieder um und winkte Eva in ihr Arbeitszimmer.
»Tja, mit Ihnen hatte ich noch gar nicht gerechnet«, sagte sie und bot Eva keinen Stuhl an. Auch sie selbst blieb an ihren Schreibtisch gelehnt stehen. »Ich dachte, Sie kämen frühestens Montag.«
»Meine Krankschreibung habe ich wohlweislich nur bis gestern ausstellen lassen«, entgegnete Eva heiterer, als ihr zumute war. »Ich wollte unbedingt vorbeikommen und nachdem Rechten sehen, wo ich doch mal verantwortlich für den Basar war.«
Frau Helmholtz verzog keine Miene. »Tja, so war das wohl.« Auf dem Wörtchen »war« lag ein wenig mehr Betonung, als Eva angenehm war. »Aber in der Zwischenzeit haben sich die Dinge ja grundlegend geändert, und das hat mit Ihrem Unfall natürlich nichts zu tun. Ich will nicht herumreden, so etwas liegt mir nicht.« Die Direktorin linste über ihre Lesebrille hinweg, und diesmal war wenig Freundlichkeit in ihrem Blick. »Diese Enthüllung, wenn man mal so sagen will, hat für beträchtliche Aufregung gesorgt im Kollegenkreis. Und leider nicht nur da. Ich hatte gestern tagsüber etliche Anrufe von der Presse und von Eltern. Man sollte es nicht glauben, aber da kommen auch vonseiten einiger, die man eher für progressiv hielt, plötzlich moralische Vorbehalte.«
Eva schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber … wollen Sie mir sagen, dass die Leute alle glauben , was in diesem Schmierblatt stand?«
Frau Helmholtz musterte sie mit unergründlichem Blick. »Sie unterschätzen die Überzeugungskraft von Bildern , meine Liebe. Die Fotos sprechen eine recht klare Sprache, denken Sie nicht? Aber wie dem auch sei, zu Anfang habe ich natürlich genau dasselbe gesagt wie Sie. Dass wir nicht dem Stadtanzeiger überlassen sollten, für uns zu denken. Die meisten Kollegen waren da ziemlich schnell einer Meinung mit mir.« Eva drängte die Erleichterung zurück, die sich in ihr ausbreiten wollte. Und warum hatten die Kollegen sie dann so seltsam behandelt, allen voran Nils?
»Was allerdings recht schnell beendet war, als der Staatssekretär hier anrief. Da sind
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