Eva und die 40 Maenner - Roman
der blanke Hohn.
Aber Fred konnte am allerwenigsten dafür. Spontan griff Eva nach seiner Hand und drückte sie.
»Danke«, sagte sie schlicht. »Das ist … sehr nett von Ihnen. Sie wissen, dass ich das nicht erwidern kann, und ich halte es auch für besser, wenn wir uns nicht wiedersehen. Auch in Ihrem Interesse, wirklich. Aber Ihre Solidarität tut mir trotzdem gut. Auf Wiedersehen.«
Mit einem letzten Blick auf sein erhitztes Gesicht drehte sie sich um. So weit war es also – der einzige Mensch, der ihr glaubte, war ein Liebeskranker, der nicht ganz zurechnungsfähig war. Bei allen Göttern! Sie wollte weg hier, nichts wie weg. Doch sie hatte noch keinen Schritt gemacht, als ihr ein Blick in die Glieder fuhr – ein Blick aus dunklen Augen, keine zwei Meter entfernt. Dort stand Nils, halb verborgen hinter einer plaudernden Gruppe. Eva erstarrte. Doch er wandte sich sofort ab, sein Blick verschwand. Hatte er womöglich gehört, was Fred eben gesagt hatte?
Und wenn schon. Schlechter konnte er auch nicht mehr von ihr denken. Gerade wollte sie weitergehen, mit schwerem Herzen, als ihr schon wieder jemand in den Weg trat. Diesmal war es Silke.
»Eva, Gott sei Dank! Bitte bring mich nach Hause!«
Völlig perplex betrachtete Eva die Freundin. Was hatte sie da gesagt? Silkes Gesicht war totenblass, auf ihrer Oberlippe standen Schweißtröpfchen.
»Um Gottes willen, Silke, was ist denn los?«
Silkes Blick war düster und erschöpft. »Ich erzähl’s dir unterwegs.«
»Aber … Lena? Und U… «
»Lena wird mit Sophie gehen, hab ich eben eingetütet. Wahrscheinlich übernachtet sie auch dort.«
Eva wollte noch etwas sagen, ergriff angesichts Silkes jämmerlicher Miene aber nur ihre Hand und lotste sie durch die Menge hinaus auf die Straße. Sie gingen zu Fuß, Silke hatte sich bei Eva eingehängt. Nach ein paar Minuten des Schweigens holte sie tief Luft und begann zu erzählen.
Vor einer halben Stunde war sie plötzlich ins Lehrerzimmer gerufen worden, von Lutz Dassler. Der hatte keine Auskunft geben wollen, worum es ging, aber ihr hatte schon Übles geschwant, als sie dort Uli vorgefunden hatte, der mit düsterem Blick an einem Tisch hockte. Außerdem waren Vera, eine Freundin Silkes, eine weitere Mutter sowie der Hausmeister anwesend gewesen. Frau Helmholtz persönlich hatte diese ungewöhnliche Versammlung geleitet und sogar die Tür abgeschlossen, nachdem Silke drin war. Dann hatte die Direktorin zu erzählen begonnen.
Silkes Stimme zitterte, während sie jetzt die wesentlichen Fakten wiedergab: Ein achtjähriges Mädchen aus der Krokodil -Klasse hatte ihrer jüngeren Schwester, die nächstes Schuljahr eingeschult werden sollte, das Haus gezeigt. Dabei waren sie auch am Meditationsraum vorbeigekommen und hatten die Tür geöffnet. Darin fanden sie dann außer Matratzen und Tüchern auch einen Mann und eine Frau vor, die sich halbnackt auf dem Boden wälzten. Sie waren davongelaufen und zu ihrer Mutter gerannt, die nicht glauben wollte, was ihre Töchter berichteten. Sie schnappte sich den zufällig vorbeikommenden Hausmeister und ging, um nachzusehen. Das Paar war immer noch bei seiner Beschäftigung und fuhr nun auseinander. Es waren Uli und Vera.
An dieser Stelle blieb Eva stehen und musterte Silke ungläubig. »Das kann doch nicht sein …«
»Hm, dachte ich zuerst auch. Vera! So einen Betrug hätte ich ihr nie zugetraut.« Silke wischte sich die Augen. »Sie habenes natürlich nicht zugegeben. Stell dir vor, sie haben behauptet, Vera hätte einen Hexenschuss gekriegt, als sie gerade in der Nähe herumschlenderten. Da hätte Uli sich an den Raum erinnert und sie dort hingelegt, um eine spezielle chiropraktische Übung zu machen, damit sich der Lumbago nicht festsetzt.«
»Äh …«
»Doch, so was gibt es schon. Aber warum musste sich Uli dafür ausziehen?«
Darauf wusste Eva keine Antwort. Sie hatte Mühe, ihre Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen; in ihrem Inneren lieferten sich Entsetzen, Mitgefühl und Belustigung eine Schlacht um die vorderen Plätze. Während sie Silke weiterzog, nahm die den Faden wieder auf. Die Mutter der Mädchen, Frau Thorschmitt, hatte Alarm geschlagen und auf einem sofortigen Tribunal bei der Direktorin bestanden. Der seelische Schaden bei ihren Mädchen sei erheblich und verlange Wiedergutmachung, sagte sie, wusste aber keine Antwort darauf, wie die aussehen sollte. Uli und Vera waren wie die armen Sünderlein ins Lehrerzimmer zitiert worden, und Frau Helmholtz
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