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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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die brennenden Augen, fluchte, keuchte– und dann kam Loh mit der zweiten Ladung Heu. Es wurde noch schlimmer, denn jetzt warfen die Männer die Bündel synchron in die Scheune.
    Â» Nimm mal ein bisschen schneller die Bündel von der Luke weg! Die purzeln wieder runter! « , rief Gandalf ihr zu, während Nele mit hochrotem Kopf nach Luft schnappte.
    Sie hätte gern etwas Schnippisches geantwortet, aber es ging nicht, weil ihr dazu der Atem fehlte. Eine gefühlte Ewigkeit später waren die Männer mit dem Abladen fertig. Sie kamen die Leiter hoch.
    Â» Den Rest machen wir « , sagte Gandalf.
    Neles erster Impuls war, sich in einer stillen Ecke des Heubodens auf den Boden fallen zu lassen, um sich auszuruhen. Oder um unbeobachtet von der Welt zu sterben. Aber sie nahm ihren ganzen Stolz zusammen.
    Â» Gut, dann gehe ich rüber « , sagte sie.
    Hoch erhobenen Kopfes schritt sie zur Leiter. Gandalf, der gerade zwei Heuballen auf einen Stapel bugsierte, zwinkerte ihr zum Abschied zu.
    Loh dagegen sah sie prüfend an, dann sagte er ernst: » Danke für deine Hilfe, Nele. Nett, dass du mit angefasst hast. «
    Und damit war Nele entlassen.
    Steifbeinig kletterte sie hinunter. Nett? Nett???, dachte sie. Das bewies es mal wieder: Nett war die kleine Schwester von Scheiße.
    Mit knallrotem Gesicht und einem Rücken, der sich anfühlte, als ob er gerade bräche, stakste sie vom Hof.
    Zu viert saßen sie in der Küche und tranken Pfefferminztee. Eva hatte die Minze in einem der Beete entdeckt, sie gepflückt und einfach im heißen Wasser ziehen lassen. Dazu gab es Apfelblütenhonig aus Annas Speisekammer und einen spektakulären Blick in den Gewitterhimmel, an dem die Blitze zuckten.
    Marion hatte ihnen alles vom Fluch des Wannsees erzählt, und sie hatten beschlossen, sich nie, nie wieder von Ammenmärchen ins Bockshorn jagen zu lassen.
    Nun warteten sie auf Nele. Eva, weil sie ihre Textvorschläge zu Neles psychedelischen Entwürfen zeigen wollte, die anderen, weil sie interessiert waren, ob das Heueinholen wirklich so war, wie sie es sich vorstellten. Sie vertrieben sich die Wartezeit damit, sich vorzustellen, wie Nele mit einem Kranz Kornblumen in den blonden Locken auf duftiges Heu gebettet wurde.
    Denn so gut kannten sie die Freundin schließlich– Nele ließ auf Worte (flirten am Zaun) rasch Taten (im Heu!) folgen. Vielleicht war ja Gandalf so aufmerksam gewesen und hatte ein Picknick vorbereitet. Und wie romantisch musste es sein, wenn es dann noch regnete…
    Â» Was kann man nur alles mit Heu machen « , sinnierte Dorothee und nippte an ihrem Tee. » Ganzkörperwickel zum Beispiel. «
    Â» Und was man erst alles im Heu machen kann! « , sagte Marion versonnen.
    Â» Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Heu und Stroh? « , fragte Julika in die Runde.
    Â» Stroh sind die Halme von gedroschenem Getreide, Heu ist getrocknetes Gras. Heu wird vom Vieh gefressen, Stroh zum Einstreuen genutzt « , erklärte Eva. Die anderen schauten sie überrascht an.
    Â» Woher weißt du das denn nun schon wieder? « , fragte Marion.
    Â» Als Kind hatte ich Meerschweinchen. Und Reiten war ich auch « , erwiderte Eva. » Ihr nicht? «
    Die anderen drei schüttelten die Köpfe.
    Â» Mir haben sie mal ein Heubad verschrieben « , erinnerte Marion sich an eine Kur, die sie vor vielen Jahren als gestresste Junglehrerin im Allgäu gemacht hatte. » Man kann auch Blümchenheu machen… «
    In diesem Moment wurde die Küchentür aufgestoßen, und Nele wankte herein.
    Â» Um Gottes willen! « , sagte Julika erschrocken. » Was ist denn mit dir passiert? Und was ist mit deinen Augen? Sie sind ganz geschwollen! Und dein Gesicht erst! Du bist knallrot!«
    Â» Wasser « , krächzte Nele und ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen. » Meine Füße! Meine Beine! Sie tun so weh! «
    Marion sprang auf und holte eine Flasche Mineralwasser, die Nele in einem langen Zug halb leer trank. Dann nieste sie und sank wieder zurück.
    Eva kniete sich vor sie auf den Boden und zog ihr vorsichtig die Gummistiefel aus. » Autsch « , schrie sie auf, » das sieht ja schrecklich aus! «
    Neles Unterschenkel und Füße waren über und über mit winzigen, geschwollenen Rissen bedeckt.
    Â» Mir ist Heu in die Stiefel gefallen. Es hat sich angefühlt, als ob ich auf Brennnesseln liefe! «

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