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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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Pfarrhaus ging.
    Â» Was geht los? « , fragte Marion.
    In diesem Moment kam eine Frau an ihren Tisch, die ein Wurstbrötchen in einer Hand und eine Cola in der anderen hielt. Sie mochte knapp dreißig sein, hatte ein rundes, frisches Gesicht und ein energisches Kinn. Die goldblonde Haartönung sah verdächtig nach Gaby’s Friseursalon aus, das bunt geblümte Sommerkleid ließ tief blicken.
    Â» Ist hier noch frei? « , fragte sie und sah in die Runde.
    Die Freundinnen nickten, und sie setzte sich vorsichtig auf den äußersten Rand der Holzbank. Dann begann sie zu essen.
    Â» Ihr wohnt in Annas Haus, stimmt’s? « , fragte sie kauend.
    Â» Ja, das tun wir « , gab Julika zurück und zog ihr Schultertuch enger zusammen. » Das scheint ja inzwischen jeder zu wissen. «
    Die Frau kaute, nickte und schluckte– alles gleichzeitig. » Natürlich. Annas Testament war Dorfgespräch. Und außerdem war eine von euch letztens bei Gaby… « Marion hob den Finger. » Stattdessen könnte man sich auch vor die Kirche stellen und alle Neuigkeiten per Megafon verkünden. «
    Â» Und wer bist du? « , fragte Marion.
    Â» Leonore. Leonore Wehnert. Ich bin hier Lehrerin. In der Dorfschule, da drüben « , antwortete die Frau und zeigte zu einem Backsteinhäuschen in der hintersten Ecke des Platzes.
    Â» Ich heiße Marion Sonntag. Also, Marion. Lehrerin bist du? Das ist ja interessant « , sagte Marion.
    Â» Warum? «
    Â» Weil ich auch Grundschullehrerin bin. «
    Die beiden Frauen sahen sich prüfend an.
    Â» Und was machst du dann hier? « , fragte Leonore. » Es sind doch noch keine Ferien. «
    Â» Ich brauchte eine Auszeit. Burn-out. «
    Leonore hatte ihr Würstchen verputzt, zerknüllte die Serviette und legte sie nachlässig auf den Holztisch. » Das kann ich mir vorstellen. In Berlin muss es ganz schön heftig sein zu unterrichten. Da ist das bei uns auf dem Land friedlicher. Fünfzehn Kinder pro Klasse. Zwei Klassen insgesamt. «
    Marion seufzte sehnsüchtig. » Traumhafte Bedingungen! Da schafft man es locker bis zur Pensionierung. «
    Â» Na, so weit ist es ja noch lange nicht. « Leonore wandte sich fast ein bisschen pikiert ab.
    Â» Oh, da sind sie! « , rief Nele. Die Tür der Pfarrei hatte sich geöffnet, und eine Gruppe trat im Gänsemarsch heraus. » Das ist der Chor! « , fügte sie so aufgeregt, als sei Gandalf im Begriff, ihr persönlich ein Ständchen zu bringen, hinzu.
    Als die Sänger sich auf der Tanzfläche aufstellten, seufzte Nele verzückt. Dann sagte sie nichts mehr, denn Pfarrer Lobetal gab den Einsatz, und vierstimmig ertönten Sommerlieder, die die Schönheit blühender Landschaften beschworen. Es waren wieder deutsche Lieder, aber ihnen allen war klar, dass Marions Kritik hier nicht galt. Diese Melodien stiegen hoch in den abendlichen Sommerhimmel hinauf. Eva ertappte sich bei der Frage, ob der eine oder andere Liederschreiber vielleicht sogar in Wannsee gewohnt hatte, so gut passten sie zur Landschaft, zur Atmosphäre.
    Als das Konzert endete, waren bereits alle Tische besetzt, und immer noch strömten Menschen auf den Platz. Die Zuhörer klatschten, Pfarrer und Chor verbeugten sich, und schließlich löste sich die Gruppe auf.
    Nele hatte erwartet, dass Gandalf direkt zu ihr kommen würde, aber er schlenderte in Richtung Bierstand. Er war noch nicht weit gekommen, als Cindy ihren Posten am Grillstand verließ, auf ihn zulief und ihn umarmte. Nele runzelte die Stirn.
    Â» Das ist meine Friseurin « , sagte Marion leise zu den anderen und zeigte mit dem Daumen hinter sich. » Und der Mann daneben ist sicher ihr Erwin. «
    Gaby Schlomske saß am Nachbartisch, neben ihr ein vierschrötiger Mann, der sich in seinem beigen Jackett sichtlich unbehaglich fühlte. Ständig fuhr er sich mit den Händen durch das schüttere Haar. Unwillkürlich zupfte Gaby einen Fussel von seinem Jackett, während sie sich mit der Frau neben ihr, die der steifen Dauerwelle nach zu urteilen genauso eine ihrer Kundinnen war wie Leonore, weiter unterhielt.
    Erwin starrte jetzt zu den fünf Freundinnen herüber. Dann griff er nach dem Schnapsglas, das vor ihm stand, und kippte den Inhalt mit einem Schluck hinunter. Dabei wandte er seinen– fast vorwurfsvollen– Blick nicht von ihnen ab.
    Ganz oder gar nicht … du musst dich

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