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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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, jammerte Nele kurzatmig.
    Â» Ich tippe auf eine Heuallergie « , sagte Dorothee. » Warte, ich gebe dir Antihistamine. Hilft gegen den Juckreiz. « Sie eilte hinaus, um in ihrer Hausapotheke das Richtige zu suchen. » Und legt ihr einen Lappen mit Essigwasser aufs Gesicht! « , rief sie noch. » Das ist gut bei Nesselfieber! «
    Während Julika die Essigkompresse machte, zog Eva vorsichtig einige kleine Dornen aus Neles Haut.
    Â» Mir tut alles weh, alles « , klagte Nele. » Ich habe mindestens vierhundert Bündel gestapelt. Ich will nie, nie wieder das Wort Heu hören. Es war schrecklich. Die reinste Folter. «
    Â» Kannst du heute noch am Computer arbeiten? « , fragte Eva.
    Â» Vergiss es. Ich kann vor Muskelkater nicht mal die Computermaus schieben « , sagte Nele, nahm dankbar die Kompresse, die Julika ihr reichte, klatschte sie sich aufs Gesicht und schluckte die Pille, die Dorothee ihr entgegenhielt.
    So blieb sie einen Moment sitzen, dann sagte sie dumpf: » Das hat keinen Wert. Ich muss erst mal duschen. « Sie hievte sich hoch und schleppte sich aus der Küche, barfuß, zerschunden, den Lappen auf dem Kopf.
    Â» Tja. So romantisch war das Heumachen wohl nicht « , witzelte Dorothee und schaute ihr hinterher.
    Â» Ach, ich weiß nicht. Nele wird schon auf ihre Kosten gekommen sein. Habt ihr nicht den Knutschfleck an ihrem Hals gesehen? « , erwiderte Julika grinsend.
    Â» Und was machen wir? « , fragte Marion.
    Â» Essen « , entschied Dorothee und stand auf, um den Abendbrottisch zu decken.
    Auf Nele warteten sie an diesem Abend vergeblich. Nach dem Duschen war sie sofort ins Bett gegangen. Einmal sah Dorothee nach ihr– sie schnarchte gedämpft durch den Essiglappen, der auf ihrem Gesicht lag. Draußen goss es immer noch. Wald und Felder waren hinter einem Regenschleier verborgen. Dorothee hockte sich zu den anderen ins Wohnzimmer, nur Eva öffnete die Terrassentür und lief hinaus.
    Es rauschte und gluckerte, die Regenrinne lief schon über. Längst war das Fass unter dem Fallrohr vollgelaufen. Ihre Terrasse glich einem See, von dem aus ein Bach zwischen den Beeten hindurch in Richtung Apfelgarten rann.
    Eva folgte ihm und atmete tief den Duft der nassen Erde ein. Es tropfte von jedem Blatt der Sträucher, von jeder Blüte. Das vormals namenlose Grün, das sich als Rittersporn herausgestellt hatte, als es erste Knospen trieb, wurde von der Regenlast fast zu Boden gedrückt.
    Noch bevor sie die Pforte zum Apfelgarten erreicht hatte, war sie bis auf die Haut nass. Von ihrem Haar tropfte es auf die Schultern, das T-Shirt klebte an ihrem Körper, Gras haftete an ihren nackten Füßen. Sie fühlte sich großartig.
    Das letzte Mal, als sie im strömenden Regen herumgerannt war, war im Schrebergarten ihrer Großeltern gewesen. Das war schon lange her, aber sie erinnerte sich daran, dass sie ihr Wohlbefinden laut herausgeschrien hatte.
    Eva stieß die Pforte zum Apfelgarten auf. » Nicht mehr lange, nicht mehr lange, dann seid ihr reif, so reif… «, sang sie leise im Tropfentakt vor sich hin und tänzelte durch die Reihen der Bäume, deren Blätter und Früchte vor Nässe glänzten. Nur einmal unterbrach sie sich, um den großen Apfelbaum zu umarmen. Borkenstücke blieben an ihrem nassen T-Shirt hängen. Eva bemerkte es nicht einmal.
    Zum Nachbarhof sah sie nicht. Sonst hätte sie Loh erblickt, der am Fenster stand, zufrieden an sein trockenes Heu dachte, ein Glas Bier trank und sie bei ihrem Regentanz beobachtete.
    Es hatte ihn gerührt, dass Nele ihnen geholfen hatte. Er hatte gesehen, wie fix und fertig sie gewesen war. Er wusste, was Gandalf von ihr wollte– das, was er gewöhnlich von den Frauen wollte. Aber er machte sich überhaupt keine Sorgen. Zum einen war das Gandalfs Sache, zum anderen wirkte Nele auch nicht wie ein Kind von Traurigkeit.
    Aber diese Eva… die war anders. Sie war vorsichtiger, und ja, mit Vorsichtigsein kannte er sich aus. Sie hatte, obwohl sie aus der Stadt kam, Sinn für die Natur. Nicht, dass sie viel Ahnung hatte, aber es lag so etwas wie Andacht in ihrem Blick, wenn sie von Tieren und Pflanzen sprach, wenn sie im Garten werkelte oder die Blumen goss, wie sie es an den warmen Abenden immer tat. Nichts Religiöses, aber eben Respekt vor der Macht der Jahreszeiten, vor Erde und Sonne und Regen. Das war es, was seiner Meinung nach einen

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