Eva und die Apfelfrauen
«
» Lohnt es sich wenigstens finanziell? « , fragte Julika.
» Wie viel ich bekomme, muss Leonore noch mit Sauert besprechen. «
» Dann lohnt es sich garantiert nicht! Wahrscheinlich will der, dass du Geld mitbringst! «
Aber Marion hatte keine Lust mehr, ihren Entschluss zu rechtfertigen. » Seht es, wie ihr wollt. Mein Entschluss steht. « Sie stand auf, stellte ihr Glas in die Spüle und rauschte hinaus.
» Sie ist verrückt geworden « , murmelte Nele. » Eine Wahnsinnige, die Kinder betreuen will! Das kann nicht gutgehen! «
» Es ist schade « , gab Eva ihr recht. » Aber wisst ihr, worum ich sie beneide? « Die anderen schüttelten die Köpfe. » Dass sie etwas hat, für das sie wirklich brennt. «
17. Kapitel
Ein Buch ist wie ein Garten,
den man in der Tasche trägt.
Arabisches Sprichwort
» Was sind denn Apfelnüttchen? « , fragte Dorothee.
» Wir? « , schlug Eva vor, und sie kicherten.
Zu zweit saÃen sie am Küchentisch über Mutter Lohs Kochbuch. Auf der Suche nach neuen, beziehungsweise alten Apfelrezepten hatten sie begonnen, die Handschrift der Bäuerin zu entziffern. Auch wenn es gelegentlich nicht leicht war, sich einen Reim auf die seltsamen Ãberschriften zu machen.
» Oder hier: Apfelplunsenâ schon mal was von Apfelplunsen gehört? Apfelkrüllen? Das hier ist auch gut: Apfelfritzkuchen. Wer oder was ist Fritz? Und was hat der im Kuchen verloren? « Dorothee sah von den Zetteln auf, die sie auf dem Küchentisch ausgebreitet hatten.
Inzwischen hatte die Ernte richtig begonnen. Sie hatten keinen Vergleich, ob es eine gute oder schlechte Ernte war, aber alle im Dorf versicherten ihnen, dass es ein Apfeljahr war. Die Bäume trugen schwer an ihrer Last. Ein gewaltiger Ast voller Früchte hatte sich bis zur Erde geneigt, eines Tages war er mit einem lauten Krachen abgebrochen.
Jeden Morgen lasen sie die Ãpfel auf, die über Nacht heruntergefallen waren. Das Fallobst stellten sie in Körben vors Haus auf die StraÃe. Nele hatte ein Schild gemalt (Bitte bedient euch!), und die Ãpfel verschwanden schneller, als sie sie hinstellen konnten. Innerhalb eines Tages hatte es sich herumgesprochen, dass die Frauen aus Berlin das Dorf mit Fallobst versorgten, genau wie die alte Anna es getan hatte.
Was seitdem geschah, war wunderbar: Plötzlich wog Cindy ihre Fleischwaren besonders groÃzügig ab, Männer, die sie vorher auf der DorfstraÃe ignoriert hatten, hoben in stummem Gruà die Hand, Frauen, die sie früher misstrauisch angeschaut hatten, blieben auf einen Plausch stehen. Und als Dorothee vor einigen Tagen bei Wolterâs ein Brot gekauft hatte, hatte Frau Wolter gefragt, ob sie schon daran gedacht hätten, Apfelsaft zu machen. Dorothee bejahte das, woraufhin sie gleich fünf Mohnbrötchen extra bekam.
Nur Sauert war genauso ekelhaft wie sonst zu ihnen, wenn sie ihm mal im Dorf über den Weg liefen. Als sie eines Abends in Maikâs Bistro ein Bier tranken, saà der Bürgermeister beim Skatspiel am Nebentisch. Unter seinen eisigen Blicken war Maik viel weniger freundlich als sonst in letzter Zeit. Sie mussten ewig warten, bis er ihnen die fünf Biere brachteâ als er sie endlich auf den Tisch knallte, war die Blume praktisch weg. Sauerts gehässiger Gesichtsausdruck verriet, wem sie das zu verdanken hatten. Es war sonnenklar, dass er sie mobbte.
Seit Eva ein Bestimmungsbuch gekauft und versucht hatte, ihre Apfelsorten zu benennen, konnte sie über ihre Naivität nur lachen. Die Ãpfel, mit denen sie die Dorfbewohner zumindest auÃerhalb Sauerts Reichweite für sich einnahmen, waren nicht gleich Ãpfel. Hatte sie wirklich gedacht, es gäbe nur vier, fünf verschiedene Sorten? So ein Blödsinn! Es gab mehlige Ãpfel, knackige Ãpfel, aromatische Ãpfel, honigsüÃe Ãpfel, säuerliche Ãpfelâ Ãpfel in allen Geschmacksrichtungen. GroÃe Ãpfel, kleine Ãpfel, kugelrunde und längliche Ãpfel, Ãpfel, deren Schale sich spiegelglatt oder samtig anfühlte. Ãpfel in allen Farben von fast Weià bis Dunkelrot, von Grasgrün bis Knallgelb und in allen Farbkombinationen.
Und die Namen erst⦠Eva fand sie hinreiÃend: Schlotterapfel, Schafsnase und Hasenkopf, Eisapfel, Rosenapfel und Silberapfel, Mecklenburger Herrenapfel, Lausitzer Nelkenapfel, Sommerparmäne und Winterprinz,
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