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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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es ihm vor, und das war sie ja nicht. Als er mit einem Finger ein wenig im Boden herumstocherte, entdeckte er die ersten gelbgrünen Keime, und darüber freute er sich. Er starrte kurz vor sich hin, immerhin hatte sie jetzt Gesellschaft. Das ist sicher das Allereinsamste auf der Welt, dachte er plötzlich, ein Friedhof mit nur einem Stein.
    »Was ist das wohl für ein Gefühl, hier zu liegen, Kollberg?
    Glaubst du, es ist kalt hier?«
    Der Hund starrte ihn aus schwarzen Augen an und richtete die Ohren auf.
    »Es gibt jetzt auch Friedhöfe für Hunde. Früher habe ich darüber gelacht, aber inzwischen habe ich meine Meinung eigentlich geändert. Denn jetzt habe ich ja nur noch dich.«
    Er streichelte den großen Kopf des Hundes und seufzte tief.
    Dann ging er zum Auto zurück. Unterwegs kam er an Durbans Grab vorbei, das bis auf einen Zweig verdorrten braunen Heidekrautes ganz kahl war. Er bückte sich rasch, hob den Zweig auf und kratzte vor dem Grabstein den Boden auf, so daß dunkle, feuchte Erde zum Vorschein kam. Er warf das Heidekraut auf den Komposthaufen neben dem Brunnen. Dann setzte er sich wieder ins Auto, und aus einer plötzlichen Eingebung heraus peilte er die Wache an.
     

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    S karre hatte gerade Dienst. Er hatte die Beine auf dem Tisch liegen und las ein Taschenbuch mit blutrünstigem Einband.
    »Die Nacht zum 2. Oktober«, sagte Sejer kurz. »Da gab es Ärger im Königlichen Wappen, und fast hätten wir einen Mann in die Ausnüchterungszelle gesteckt.«
    »Fast?«
    »Ja, in letzter Sekunde ist ihm das noch erspart geblieben. Ich möchte gerne seinen Namen erfahren.«
    »Wenn der notiert worden ist, ja.«
    »Er wurde von einem Kumpel gerettet. Genauer gesagt von Egil Einarsson. Aber das steht vielleicht auch im Protokoll. Sie haben ihn Peddik genannt. Sieh doch mal nach.«
    »Ich kann mich an ihn erinnern«, sagte Skarre. Er setzte sich an den Computer und fing an zu suchen, während Sejer wartete. Jetzt war endlich Abend, jetzt befand sich sein Whisky in Reichweite, und die Dunkelheit senkte sich vor den Fenstern, als sei das Gericht ein großer Papageienkäfig, den jemand mit einer Decke verhängt hatte. Alles war still. Skarre klickte und klickte, ließ seine Blicke über Einbrüche und Streitereien und gestohlene Fahrräder schweifen, er benutzte alle zehn Finger auf der Tastatur.
    »Hast du einen Kurs gemacht?« fragte Sejer.
    »Ahron«, antwortete Skarre. »Peter Fredrik Ahron. Tollbugata 4.«
    Sejer notierte sich den Namen, zog mit der Schuhspitze die unterste Schreibtischschublade heraus und setzte den Fuß darauf.
    »Natürlich. Mit dem haben wir gesprochen, als Einarsson vermißt gemeldet wurde. Peter Fredrik. Du hast doch mit ihm zu tun gehabt, oder irre ich mich da?«
    »Das stimmt. Ich habe mit mehreren von ihnen geredet. Einer hieß Arvesen, glaube ich.«
    »Kannst du dich an irgendwas erinnern? Über Ahron?«
    »Natürlich. Ich weiß noch, daß ich ihn unsympathisch fand. Und daß er ziemlich nervös war. Ich weiß noch, daß ich mich ein bißchen gewundert habe, er hatte offenbar einen wütenden Streit mit Einarsson gehabt, das habe ich später erfahren, von Arvesen, aber es reichte nicht für genauere Untersuchungen. Er hat nur Gutes über Einarsson gesagt. Sagte, der könnte keiner Fliege was zu leide tun, und wenn ihm etwas zugestoßen wäre, dann müßte das auf einem gewaltigen Mißverständnis beruhen.«
    »Hast du die Vorstrafen überprüft?«
    »Ja. Arvesen einmal wegen Geschwindigkeitsübertretung, Einarsson war blank, und Ahron hatte eine Promillestrafe.«
    »Du hast ein verdammt gutes Gedächtnis, Skarre.«
    »Richtig.«
    »Was liest du da?«
    »Einen Krimi.«
    Sejer hob die Augenbrauen.
    »Liest du keine Krimis, Konrad?«
    »Nein, um Himmels willen, jetzt jedenfalls nicht mehr. Früher schon. Als ich noch jünger war.«
    »Dieser hier«, sagte Skarre und schwenkte das Buch, »ist wirklich gut. Etwas ganz anderes, man kann ihn einfach nicht aus der Hand legen.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Dann solltest du ihn auch lesen, ich kann ihn dir leihen, wenn ich fertig bin.«
    »Nein, danke. Aber ich habe zu Hause noch einen Stapel, wirklich gute Krimis, die kannst du dir ausleihen. Wenn du wirklich sowas lesen magst.«
    »Äh, sind die sehr alt?«
    »Ungefähr so alt wie du«, Sejer lächelte und versetzte der Schublade einen leichten Tritt. Sie schloß sich mit einem Knall.
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    U nd dann kam der Samstag mit klarem, windstillem Wetter. Sejer musterte den

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