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Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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und Samt. Sie lief schwankend durch die Wohnung und fand ihre Handtasche, den langen Mantel, kam plötzlich darauf, daß sicher überall ihre Fingerabdrücke säßen. Und sie blieb abrupt stehen. Aber da ihre Fingerabdrücke niemals irgendwo registriert worden waren, konnte ihr das auch nicht gefährlich werden. Dachte sie. Wieder blieb sie am Bett stehen. Ging zum Kopfende und beugte sich über Maja. In deren Mundwinkel saß eine Fliege. Die Fliege wanderte die Wange hoch, ließ sich im Augenwinkel nieder, und machte sich dort an ihren langen Beinen zu schaffen. Eva sah ihr verzweifelt zu, versuchte, sie zu verjagen. Aber die Fliege kroch weiter, kroch die Wange hoch, durch die unteren Wimpern, und dann, scheinbar, zögernd, hinaus auf den Augapfel. Dort blieb sie stehen. Sie schien ein Stück hineinzusinken.
    Eva schlug sich die Hand vor den Mund und stürzte ins Badezimmer. Sie erbrach sich kräftig und bückte sich tief in die Kloschüssel, um nicht den Boden vollzuspritzen. Lange stand sie dann noch sabbernd und um Atem ringend da. Sie hatte einen bitteren, herben Geschmack im Hals und hätte den gern hinuntergespült, sie wollte aufstehen und etwas trinken, als sie plötzlich in ihrem eigenen Erbrochenen ausrutschte, nach vorn kippte und mit dem Kinn auf die Porzellankante prallte. Ihre Unterlippe platzte. Ihre Zähne bohrten sich durch ihre Zunge, Blut quoll hervor. Ihr kamen die Tränen. Sie durfte Maja jetzt nicht mehr ansehen, dann würde sie die Wohnung nie verlassen können. Sie riß mehrere Meter Toilettenpapier ab und fing an, den Boden aufzuwischen. Sie hatte auch die Wände und den Fuß der Toilette bespritzt. Sie wischte und wischte und warf das Papier ins Klo, und zwischendurch zog sie immer wieder ab, weil das Papier den Abfluß nicht verstopfen sollte. Das tat es aber trotzdem, das Klo war dicht, und das nasse Papier mit ihrer Kotze schwamm darin herum. Eva gab auf, ging zum Waschbecken, trank kaltes Wasser, versuchte, es eine Weile im Mund zu behalten, um die Blutung zu stoppen. Schließlich ging sie wieder ins Nachbarzimmer, kehrte Maja den Rücken zu und fragte sich, wie lange die wohl so hier liegen würde, bis jemand sie fände. Dann setzte sie sich wieder. Es war still im Block, eswar noch früh am Abend, sie durfte jetzt nichts überstürzen. Wenn jemand schellte, dann mußte sie einfach nur sitzen bleiben. Sie überlegte, ob sie vielleicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden könnte, wo sie doch nur zugeschaut hatte. Wenn sie sofort anrief und alles erzählte, die ganze Geschichte, ob sie ihr dann wohl glauben würden? Sie ließ ihren Blick über alle Gegenstände schweifen, die Maja angesammelt hatte. Maja hatte einen üppigen Geschmack gehabt, hatte Farben geliebt. Eine riesige Suppenterrine, geformt wie eine Erdbeere, mit grünen Blättern als Deckel. Sie stand auf einem Tischchen vor dem Fenster. Eva erhob sich langsam, wußte nicht so recht, woher ihr dieser Gedanke gekommen war, aber sie ging zum Fenster und nahm vorsichtig den Deckel von der Terrine. Die war mit Geldscheinen gefüllt. Rasch drehte Eva sich um und blickte zu Maja hinüber. Aber die sah das ja nicht mehr. Es waren viele Geldscheine, sicher mehrere tausend Kronen. Eva hielt Ausschau nach weiteren Verstecken, entdeckte eine blauweiße Vase mit Seidenrosen, zog die Blumen heraus und fand weitere Banknoten. Ein Nähkästchen war damit vollgestopft, und ihr fielen die Stiefel im Garderobenschrank ein, sie ging in die kleine Diele und öffnete ihn. Drehte die drei Paar Stiefel um, und das Geld fiel heraus. Eva schwitzte schrecklich, sie stopfte sich das Geld in die Handtasche und suchte weiter. Sie fand Geld in beiden Nachttischen und im Medizinschrank im Badezimmer. Je mehr Geld sie in ihre Tasche stopfte, um so wütender wurde sie. Sie sah Majas Leiche nicht mehr an. Ihre Freundin hatte etwas in ihrem Leben kaputtgemacht. Hatte eine Seite bloßgelegt, von deren Existenz sie nichts gewußt hatte, und auf die sie lieber verzichten würde. Es war Majas Schuld, und Maja brauchte das Geld nicht mehr. Evas Tasche war jetzt bis an den Rand mit Fünfzigern, Hundertern und Tausendern gefüllt. Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn und wischte sich den Schweiß ab. Die Türklingel ging. Eva drückte sich in eine Ecke, außer sich vor Angst bei der Vorstellung, jemand könne durch das Schlüsselloch schauen. Zwei kurze Signale. Da draußen steht der, der mein erster Kunde werden sollte, dachte sie und hielt den Atem an,

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