Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evas Auge

Evas Auge

Titel: Evas Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
Vom Netzwerk:
er, während er sich bewußt langsam in ihren schwarzen Sessel setzte. Sein geübter Blick wanderte fast unmerklich durch das schwarzweiße Zimmer, er registrierte die Tüte mit den Himbeerdrops auf dem Tisch, die Autoschlüssel, Evas offene Handtasche, eine Schachtel Zigaretten.
    »Fuß verletzt?« fragte er kurz.
    »Nur leicht verzerrt. Ist etwas passiert?«
    Widerwillig setzte sie sich ihm gegenüber in einen Sessel.
    »Nichts Besonderes. Ich würde nur gern Ihre Aussage von neulich noch einmal mit Ihnen durchgehen, von Anfang bis Ende. Bei einigen Einzelheiten brauche ich noch ausführlichere Erklärungen.«
    Eva wurde nervös. Sofort streckte sie die Hand nach einer Zigarette aus und fragte sich, ob sie die Antwort verweigern könnte. Sie stand doch nicht unter Verdacht. Oder vielleicht doch?
    »Sagen Sie«, fragte sie aufsässig, »bin ich eigentlich dazu verpflichtet, mich zu diesem Fall zu äußern?«
    Sejer sah sie an.
    »Nein«, sagte er verdutzt, »selbstverständlich nicht.«
    Seine Augen, die eigentlich grau waren, nahmen einen unschuldsblauen Farbton an. »Aber haben Sie denn etwas dagegen? Sie war doch Ihre Freundin, ich dachte, da würden Sie uns sicher helfen wollen. Damit wir den Täter finden. Aber wenn Ihnen das nicht recht ist …«
    »Nein, nein, so war das nicht gemeint.«
    Sie gab sofort nach und bereute ihre Frage.
    »Der 1. Oktober«, sagte Sejer, »Donnerstag. Fangen wir von vorne an. Sie sind mit dem Taxi in die Tordenskioldsgate gefahren. Der Wagen war um achtzehn Uhr hier?«
    »Ja, das habe ich doch schon gesagt.«
    »Ihrer Aussage zufolge haben Sie etwa eine Stunde in Majas Wohnung verbracht.«
    »Ja, das stimmt wohl. Viel länger kann es jedenfalls nicht gewesen sein.«
    Wie lange war ich wohl wirklich da, überlegte sie, zwei Stunden?
    Er hatte ein Notizbuch aufgeschlagen und las darin. Das war scheußlich. Alles, was sie gesagt hatte, hatte er notiert und konnte es jetzt gegen sie verwenden.
    »Können Sie mir sagen, was Sie während dieser Stunde gemacht haben? So ausführlich wie möglich?«
    »Was?«
    Sie starrte ihn nervös an.
    »Vom Betreten der Wohnung bis zum Verlassen. Absolut alles, was passiert ist. Fangen Sie einfach mit dem Anfang an.«
    »Ta, nein – ich habe eine Tasse Kaffee getrunken.«
    »Haben Sie die danach abgewaschen?«
    »Nein?« Eva hatte das Gefühl, daß der Stuhl unter ihr ins Schaukeln geriet.
    »Ich möchte das wissen, weil in der Küche keine benutzte Kaffeetasse mehr zu finden war. Aber dort stand ein Glas, das offenbar Cola enthalten hatte.«
    »Ach ja. Natürlich! Cola! Ich schmeiße einfach alles durcheinander. Ist das denn wirklich so wichtig?«
    Er bedachte sie mit einem scharfen Blick. Und dann verstummte er wieder, wie beim letzten Mal. Sah sie einfach an und wartete, Eva hatte das Gefühl, vollständig den Boden unter den Füßen zu verlieren, es gab so viele Einzelheiten, an die sie nicht gedacht hatte, viel zu viele.
    »Also, ich habe ein Brot gegessen und eine Cola getrunken. Maja hat mir ein Butterbrot gemacht.«
    »Ja. Mit Thunfisch?«
    Eva schüttelte verwundert den Kopf. Sie begriff überhaupt nichts mehr, vielleicht war er ja auch dabei, überlegte sie, vielleicht saß er in einer Abstellkammer und hat alles beobachtet.
    »Können Sie mir sagen«, fragte er dann plötzlich, während er sich auf dem Sofa anders setzte, er sah nachdenklich und neugierig aus, »können Sie mir sagen, warum Sie dieses Brot dann wieder erbrochen haben?«
    Jetzt glaubte Eva, endgültig in Ohnmacht zu fallen.
    »Naja, mir wurde einfach schlecht«, stammelte sie, »ich hatte zwei Bier getrunken, und ich kann Fisch sowieso nicht gut vertragen. Am Abend davor war es so spät geworden. Und ich hatte so wenig gegessen, ich achte nicht so sehr auf die Essenszeiten, deshalb hatte ich nichts gegessen, und Maja wollte mir dieses Brot unbedingt aufdrängen, sie fand mich zu dünn.«
    Sie verstummte und schnappte nach Luft. Sie sollte doch so wenig wie möglich sagen, warum konnte sie sich das nicht merken!
    »Und haben Sie deshalb auch bei Maja geduscht? Weil Ihnen schlecht geworden war?«
    »Ja!« sagte sie kurz. Und verstummte abermals. Er sah den Trotz in ihren Augen aufsteigen. Bald würde sie sich ganz verschließen.
    »Sie haben eigentlich ziemlich viel geschafft, während sie bei Maja waren. In nur einer Stunde. Haben Sie vielleicht auch ein kleines Nickerchen gemacht, im zweiten Schlafzimmer?«
    »Ein Nickerchen?« fragte sie schwach.
    »Jemand hat dort im Bett

Weitere Kostenlose Bücher