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Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Titel: Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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waren im schwachen Sternenlicht nur schemenhaft zu erkennen. Bevor wir losgeritten waren, hatte sie mir Fragen gestellt. Ihr war die plötzliche Röte auf meinen Wangen aufgefallen, die Art, wie ich meine Lippen mit den Fingern berührte, um mich zu vergewissern, dass sie noch da waren. Als ich eifrig auf das Pferd gesprungen war und den Mittelplatz beansprucht hatte, wo ich den Kopf an Calebs Rücken schmiegen konnte, hatte sie gelacht. Alle konnten sehen, dass sich zwischen Caleb und mir etwas geändert hatte. Dennoch verschloss ich die Neuigkeit in mir, ich wollte sie noch eine Weile nur für mich haben und darüber nachdenken. Vor uns lotste Leif die Pferde um die Felsbrocken und über abgebrochene Äste auf den Weg zum südlichen Außenposten. Die Tiere stampften auf die Erde, ihre Hufe schlugen einen gleichmäßigen Takt. Wir umrundeten das steinige Ufer des Sees, in dessen glatter, pechschwarzer Oberfläche sich der Mond spiegelte. »Es ist nicht mehr weit«, flüsterte Caleb. Ein Falke setzte zum Sturzflug an und zog eine pfeilgerade Linie am Himmel.
    Kilometer entfernt war durch die Berge der Widerhall von Gewehrschüssen zu hören. Arden zog mich fester an sich, ihre Finger krallten sich in meine Haut. Vor uns lenkte Leif sein Pferd in hoch wucherndes Gras. Sechs andere Pferde folgten ihm als schwarze Silhouetten, sie trugen die älteren Jungen und die vier neuen Jäger. Silas, Benny und die kleineren Jungen waren in der Höhle geblieben und schliefen selig in der Vorfreude auf Schokoladenriegel und Lollis am nächsten Morgen.
    Leif sah sich um, die Hälfte seines Gesichts wurde durch Schatten verdeckt. »Bis zum Außenposten sind es noch ungefähr hundert Meter«, flüsterte er. »Falls etwas passiert, wendet auf keinen Fall Gewalt an.«
    »Falls etwas passiert?«, wiederholte ich flüsternd in Calebs Ohr. »Was meint er damit?«
    »Es ist bloß eine Vorsichtsmaßnahme«, antwortete Caleb. Da mein Kopf auf seinem Rücken lag, konnte ich seinen Herzschlag hören. »Einen Soldaten des Neuen Amerika zu töten, selbst aus Notwehr, ist ein Vergehen, das mit dem Tod bestraft wird.« Er ließ sein Pferd langsam trotten. »Vor einem Jahr gab es bei einem anderen Außenposten einen Zwischenfall. Der König schlug zurück, indem er einen geflohenen Waisenjungen hinrichten ließ.« Ich zuckte zusammen und stellte mir einen kleinen Jungen vor, der allein und verängstigt den Truppen des Königs gegenüberstand.
    Wir ließen die Pferde auf einer Lichtung, wo sie mit gebeugtem Kopf grasten. Caleb nahm meine Hand und die vertraute Wärme kehrte zurück.
    Mir geht’s gut, uns geht’s gut, alles ist gut. Die Wiederholung beruhigte mich. Im Mondlicht, das zwischen den Zweigen hindurchdrang, konnte ich hinter den Bäumen die Umrisse eines Hauses erkennen, das umgebaut worden war. Die Fenster waren mit Wellblech verbarrikadiert und vor der Eingangstür aus Metall hingen Ketten und ein Vorhängeschloss. Leif umrundete das Gebäude und tauchte auf der anderen Seite wieder auf. »Die Luft ist rein.« Er nickte Caleb zu.
    Die Jungen kletterten auf die Veranda, die das Haus umgab. Michael hebelte die Fenster mit seinem Messer auf, indem er es unter eine alte Schindel schob. Kevin stocherte mit einem Dietrich in dem Vorhängeschloss herum, bekam es aber nicht auf.
    »Lass mich mal versuchen«, sagte Arden und sprang vom Verandageländer.
    Kevin grinste sie an, als sie mit dem Dietrich hantierte und das Schloss mit ein paar mühelosen Handbewegungen entfernte.
    »Voilà!« Die Tür zum Vorratsraum schwang auf. Die Jungen johlten und Aaron und Charlie schubsten sich gegenseitig ins Haus. Selbst Leif lächelte, als wir vordrängten und den Regierungsgenerator anschalteten. Es war dasselbe Modell, das wir in der Schule gehabt hatten, die ersten paar Sekunden surrte der Generator immer lauter, dann ging ein Licht nach dem anderen an und schließlich war der Raum von einem gleichmäßigen durchdringenden Summen erfüllt.
    »Wie hast du das geschafft?«, fragte ich neugierig.
    »Bloß ein kleiner Trick, den ich in der Schule gelernt habe.« Arden zuckte schelmisch mit den Schultern.
    Wir inspizierten das Erdgeschoss, aus dem alle Möbel herausgeräumt worden waren, um Lagerraum zu schaffen. Jeder Winkel war mit Delikatessen vollgestopft, die ich noch nie zuvor gesehen hatte: Es gab Dosen mit »Ananas«, »Mangos« und einem Brotbelag namens »Spam«, der sich als gepökeltes Schweinefleisch herausstellte. An den Wänden des Wohnzimmers

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