Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war
getan.«
»Aber ich«, sagte ich und bekam kaum Luft.
Marjorie sah mich fragend an. »Was hast du getan?«, fragte sie, ihre Stimme war lauter als sonst.
Jetzt drehte sich auch Arden zu mir; sie schien verwirrt, als sie die Karten auf dem Tisch ablegte.
»Ich musste jemandem eine Nachricht schicken – aber sie war codiert.«
»Welchen Code hast du benutzt?«, bohrte Marjorie nach und kam auf mich zu. Sie drehte das Ende ihres purpurfarbenen Schals, bis er ein hartes, festes Seil war.
Arden packte mich am Arm. »An Caleb?«, fragte sie.
»Wer zum Teufel ist Caleb?«, wollte Otis wissen. Ich fuhr zusammen, mein Atem ging schneller.
Marjorie kam um den Tisch auf mich zu. »Es ist egal, wer das ist«, meinte sie und drückte meine Schulter. »Entscheidend ist, welchen Code sie benutzt hat. Jetzt sag mir, welcher war es?«
Marjorie und Arden starrten mich an, in ihren Blicken lag etwas Bittendes und Drängendes. Ich stand auf und drückte mich gegen die Wand. »Den Code – den einzigen.«
Marjorie schlug mit der Hand so hart auf den Tisch, dass ihr Glas umstürzte und das Wasser auf den Boden tropfte. »Es gibt nicht nur einen Code. Seit Beginn des Pfades vor fünf Jahren gab es mindestens dreißig verschiedene Codes.«
Im Zimmer wurde es zu heiß. Mein Körper war von einer dünnen Schweißschicht bedeckt. Ich brachte die Worte kaum heraus. »Er suchte Glück in Blumen, Tieren. Hofft in Liebe für Eloise –«
»Oh, nein!«, rief Otis und schlug mit der Faust auf den Tresen. »Nein, nein, nein!«
Lark stiegen Tränen in die Augen. »Was? Was ist denn?«
»Es ist bestimmt ein Missverständnis«, warf Arden hastig ein. »Vielleicht hat sie einen Fehler dabei gemacht, vielleicht wurde die Botschaft überhaupt nicht gesendet. Wer soll schon zuhören?«
»Jeder«, fuhr Otis sie an. »Jeder – genau das ist das Problem.«
Marjorie rieb sich die Stirn. Das Sonnenlicht, das durch die Gardinen schien, ließ ihre Haut rosa aussehen. Schließlich wandte sie sich an Otis. »Hol die Taschen, wir haben nicht viel Zeit.«
»Es tut mir leid«, sagte ich, mir schnürte es die Kehle zu.
Draußen war ein entferntes Geräusch zu hören. Alle erstarrten. Durch das Lied der Vögel und des Windes hindurch hörte ich etwas Fremdes, etwas Furchteinflößendes: das anhaltende Dröhnen eines Automotors.
Marjorie ging zum Fenster und zog den Vorhang ein Stück zurück. »Sie sind schon da.«
»Wer?«, fragte Lark und biss sich nervös auf die Lippe.
Otis öffnete den Hängeschrank über der Küchenarbeitsplatte und tastete hinter einigen Glasbehältern herum. Dann nahm er eine Handfeuerwaffe herunter und stopfte sie in den Hosenbund. »Der Suchtrupp.«
Marjorie rannte zur Spüle, nahm drei der fünf eingeweichten Teller heraus und warf sie in einen Unterschrank, dass sie klirrten. Anschließend suchte sie im Spülwasser die überzähligen Messer und Gabeln, doch Otis stieß sie weg. »Lass das –«, wies er sie an. »Geht einfach.«
Marjories Arme waren bis zum Ellbogen nass, an ihrer Haut hing weißer Seifenschaum. »Kommt mit«, forderte sie uns auf und stieg die Treppe hinunter. Lark hängte sich an Marjories Hemd, Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Was hast du gesagt?«, wollte Arden von mir wissen. Sie nahm meine Hand, während wir die Treppe hinunterrasten. »Was hast du in der Botschaft gesagt?«
Das Motorengeräusch wurde lauter, als die Soldaten sich dem Haus näherten. Im Garten knirschten Reifen. Ich öffnete den Mund, aber ich brachte es nicht über mich, ihr zu erzählen, dass ich in allen Einzelheiten gesendet hatte, wer ich war und wo. Ich konnte ihr nicht erzählen, dass ich letzte Nacht ins Wohnzimmer geschlichen war und unser aller Leben aufs Spiel gesetzt hatte.
Im Keller riss Marjorie die Glastüren des Wandschranks auf. »Helft mir«, bat sie und fegte die Dosen mit einer einzigen Bewegung vom Regalbrett. Beim Aufprall auf den Betonboden wurden einige Dosenränder eingedellt.
Arden riss das Brett heraus und Lark und ich kletterten in den geheimen Raum. Arden kam eilig hinterher.
»Seid mucksmäuschenstill«, flüsterte Marjorie, als sie die Dosen wieder auf das Brett stapelte.
Oben wurde die Tür aufgestoßen und tiefe männliche Stimmen verlangten in schroffem Ton nach etwas.
»Beeilen Sie sich«, rief Lark und trommelte mit den Fingern auf das Holzbrett. »Bitte, Marjorie, beeilen Sie sich.«
Marjorie bückte sich und sammelte die Dosen auf und stellte sie wieder ins Regal. Ihre
Weitere Kostenlose Bücher