Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
einatmest oder etwas davon auf deinen Händen zurückbleibt. Es gab Schwierigkeiten bei der Ricinproduktion – das hier ist getrockneter Oleanderextrakt. Nicht gerade ideal, aber es sollte ausreichen. Leg die Kapseln obenauf, damit er sie schneller einnimmt. Wenige Dosen sollten genügen.«
»Und dann warten wir einfach ab?«
Moss legte die Finger an die Stirn. »Sobald dein Vater erste Krankheitszeichen zeigt, musst du die Stadt verlassen. Mindestens für ein oder zwei Monate, bis die Kämpfe beendet sind. Mit den Truppen aus den Kolonien an unserer Seite haben wir eine größere Chance, den Konflikt schnell zu beenden. Wenn ich als Interimsanführer gefestigt bin und wir Wahlen angesetzt haben, kannst du zurückkehren. Bis dahin ist es hier für dich zu gefährlich. Ich weiß, auf wessen Seite du stehst, aber das werde ich den Rebellen nicht mitteilen – zumindest nicht in der Anfangszeit. Das wäre zu riskant.«
Ich dachte an die verbleibenden Tunnel unter der Mauer hindurch. Nur einer der drei war entdeckt worden, als Caleb erschossen wurde. Moss hatte die Standorte der anderen beiden oft beschrieben, um mich daran zu erinnern, wo sie sich befanden, falls unsere Verbindung jemals ans Licht käme. »Dafür also sind das Funkgerät und die Karte«, sagte ich. »Und das Messer. Ich verlasse die Stadt, sobald er krank wird.« Jeder, der innerhalb der Mauern lebte, würde mich erkennen. Ich war die Erbin des Königs, das Mädchen auf der Titelseite der Zeitung und auf den elektrischen Bildschirmen, die an den Wänden der Luxusbauten hingen. In der Wildnis wäre ich sicherer, nicht so bekannt.
»Es steht etwas Proviant für deine Flucht bereit. Sorg dafür, dass du den südlichen Tunnel benutzt.« Moss sah auf den Tisch hinab und starrte auf die Krümel der Blaubeerscones. Von ihrem trockenen, mehligen Geruch angewidert, hatte ich sie zerpflückt. Er schnipste einen der Krümel auf den Boden. »Er reicht für ein paar Tage, lange genug, damit du aus der Umgebung der Stadt verschwinden kannst, ohne jagen zu müssen. Und bitte – halte dich vom Krankenhaus und den Mädchen fern, zumindest fürs Erste.«
»Woher weißt du, dass ich dort war?«
»Von einer der Rebellinnen. Seema – eine ältere Soldatin mit einer roten Strähne im Haar.« Er sah mich durchdringend an, aber ich konnte mich nicht erinnern, die Frau in der vergangenen Nacht gesehen zu haben. »Dass du dort warst, wirft Fragen auf. Lass uns bei diesem Plan bleiben.«
Ich schob den Stuhl vom Tisch zurück. »Während alle hier sind und den Belagerungsring um die Stadt ziehen, soll ich einfach so fliehen? Bestätige ich damit nicht erst, was alle vermuten?«
»Sobald die Kämpfe eingestellt sind und ich intern eine gewisse Ordnung hergestellt habe, kommst du zurück. Ein, zwei Monate – das ist alles.«
»Falls ich zurückkomme«, sagte ich. »Wie können wir vorhersehen, was nach der Belagerung passiert?« Moss schien zuversichtlich, dass die Stadt sich ganz automatisch auf eine Demokratie zubewegen würde, sobald der König tot war und die Kämpfe beigelegt; dass selbst die Soldaten sich auf die Seite der Rebellen stellen würden, wenn die Bevölkerung die Wahrheit über die Arbeitslager und Schulen hörte.
Moss legte seine Hand auf meine. »Im ganzen Death Valley stehen Unterkünfte bereit – die Rebellen haben an einem Ort namens Stovepipe Wells Vorräte versteckt. Sie haben diesen Ort als Raststätte auf ihrem Weg zur Stadt benutzt. Die Funkcodes, die ich vor einigen Wochen durchgegeben habe, werden noch dieselben sein. Wir können das weiter besprechen, wenn dein Vater krank ist, aber es wird funktionieren. Vertrau mir.«
Ich musste beinahe lachen. Konnte es einen Ort mit einem unheilvolleren Namen geben als Death Valley – Tal des Todes? »Was ist mit Clara? Und Rose? Was geschieht mit Charles, wenn die Rebellen die Macht übernehmen?«
Moss presste die Lippen zusammen. »Ich kann versuchen, ihnen Schutz anzubieten, aber sie stehen in Verbindung zu deinem Vater. Sie haben jahrelang im Palast gelebt – sie sind leicht zu erkennen. Charles hat für den König gearbeitet.«
»Ich kann sie mitnehmen«, sagte ich. »Sie kehren zurück, wenn ich es auch kann.«
»Das letzte Mal, als jemand aus dem Palast von den Tunneln erfuhr, wurden zwei unserer Leute getötet«, antwortete Moss. Er sah mich dabei nicht an. Lag da ein leiser Vorwurf in seiner Stimme oder hatte ich mir das nur eingebildet?
»Wann?«, fragte ich, wobei ich das Gefühl
Weitere Kostenlose Bücher