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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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    Im Einklang mit diesem Freiluftthema war dies ein Café der Naturalisten. Ein Teil der Besucher hatte sich diesem Lebensstil vollkommen verschrieben. Sie bestellten Getränke, die dieselbe Farbe hatten wie die Pflanzen, und tranken sie mit völliger Verzückung. Der andere Teil der Besucher befand sich genau am entgegengesetzten Ende dieses Lebensstils. Sie hatten rote Augen und ungekämmte Haare und starrten ihre pflanzenkonformen Getränke mit maßlosem Entsetzen und voller Ekel an.
    »Rede mit mir«, sagte Heci.
    »Mir geht es nicht allzu gut.« Raleas Haar war verfilzt und
glänzte vor Schmutz. Dahinter versteckte sie ihr Gesicht, das mit roten Flecken der Erschöpfung und Überanstrengung übersät war. In ihren Augen wanden sich große rote Adern wie Schlangen durch das Weiße. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal so enden würde.
    »Das merke ich«, sagte Heci. »Du siehst so aus, als ob du gleich in den Drink kotzt.«
    »Und führe mich nicht in Versuchung.« Raleas Stimme war heiser. Die Nachtwachen hatten sie während ihrer Kontrollrunde zischend und nach Luft ringend auf dem Boden ihres Büros gefunden. Die Wachen eskortierten sie zu ihrem Privatquartier, denn sie wagten es nicht, Ralea zur Krankenabteilung zu bringen. Sie fürchteten um ihre Jobs, wenn sich herausstellen sollte, dass sie damit ihre Karriere ruiniert hatten.
    Den Rest der Nacht sowie den größten Teil des nächsten Tages lag Ralea auf dem Boden in ihrem Zuhause. Dabei wechselte sie von furchtsamer Erstarrung zu sinnlosem Gebrüll und umgekehrt. Sie umklammerte den Stoff ihrer immer schmutziger werdenden Kleidung und beobachtete, wie die Schwärze aus jedem Riss in der Wand sickerte. Bisher hatte sie es nicht gewagt, ihren Geheimvorrat anzutasten. Sie hatte Angst, dass sie dadurch endgültig abstürzte. Das Letzte, was sie hörte, war Heci, die sie dort herauszerrte.
    Ralea lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, rieb sich die Augen und atmete tief durch. Das Leben war momentan kein Zuckerschlecken.
    Die Brise in dem Café hoch über dem Boden war erfrischend. Die kurzen Windstöße bliesen ihr immer wieder die Haare vors Gesicht. Man konnte nicht geradewegs nach unten schauen. Das Letzte, was man bei einem empfindlichen Magen brauchte, war, zu sehen, in welch schwindelerregender Höhe man sich befand. Der Blick in die Ferne allerdings war atemberaubend: Riesige, scharfgeschnittene Türme ragten vom Boden auf wie
Scherben. Außerdem hatte man einen Blick auf Grünflächen, die sich wie kleine Wunden auf der Metallhaut der Station verteilten. Ralea nahm nichts davon wahr.
    »Das sind die Drogen«, stellte Heci fest.
    Ralea nickte.
    »Rede mit mir«, drängte Heci erneut.
    Ralea schaute auf die Grünflächen. Sie stellte sich vor, wie sie mit Anlauf aus dem Restaurant sprang und die diversen Sicherheitsvorkehrungen gegen Selbstmörder umging. Diese waren installiert worden, um Gemütsverfassungen wie der ihren zu begegnen. Vielleicht würde sie dann für einige Sekunden das Gefühl haben zu fliegen.
    »Ich kann nicht«, sagte sie. Ihre Haut juckte. Die Kleidung, die sie trug, fühlte sich an, als ob sie aus ungeschliffenen Kristallen bestand – stechend kalt und gleichzeitig brennend heiß.
    »Rede mit mir«, wiederholte Heci.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte Ralea.
    »Vielleicht kann ich ja helfen«, sagte Heci.
    Das Licht war nicht hell, aber es sorgte dafür, dass Raleas Kopf pulsierte. Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Ich weiß nicht einmal, was ›das hier‹ alles ist. Oder wer ich bin, außer ein ausgeflippter, zusammengebrochener Schwächling, der drogenabhängig ist.«
    »Ich werde einen Scheißdreck tun, dir zu erlauben, die ›Bedaure mich armen Märtyrer‹-Karte auszuspielen«, sagte Heci. Als Ralea sie anschaute, nahm sie grimmig lächelnd einen Schluck von ihrem Drink. »Dir steht das Wasser bis zum Hals, meine Liebe, und ich werde dich nicht untertauchen. Aber du musst dringend mal reden. Erzähl mir irgendetwas, auch wenn es hiermit nichts zu tun hat.«
    »Was denn zum Beispiel?«, sagte Ralea. Die Übelkeit kam und ging wie Wellen auf dem Meer.
    »Erzähl mir von deinem ersten Tag in der Gesellschaft.«

    »Kann ich nicht.«
    Heci beugte sich vor und nahm ihre Hand. »Dann geh noch weiter zurück. Fang am Anfang an.«
    »Von gestern?«
    »Von deinem Leben, Süße.«
    Ralea sah sie verblüfft an.
    »Ich kann die Ablenkung brauchen, glaub es mir«, sagte Heci. »Und du musst endlich mal

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