Eve - Das brennende Leben
zusammengebrochen.«
Heci nickte. »Ging mir auch so.«
»Und weißt du, was es noch schlimmer machte? Es gab nur so wenige Informationen über sie! Wir haben die umfangreichste Datenbank der Welt – das müssen wir auch –, und doch gab es von vielen Leuten nur mit Mühe und Not ein Bild und einen nächsten Angehörigen.«
»Also was hast du unternommen?«
»Drogen.«
Heci schaute sie schief von der Seite an.
Ralea sagte: »Ich dachte, ich würde mich langsam daran gewöhnen. Ich hatte sie eine Weile benutzt, damit ich mich konzentrieren konnte, und dann benutzte ich sie, um mich ein bisschen zu betäuben. Es ging darum, produktiv und gleichzeitig glücklich zu bleiben. Ich musste mich aufheitern.«
Sie seufzte. »Abgesehen davon tat ich dasselbe wie du und jeder andere auch. Ich machte weiter. Schaltete die Bilder aus, sah sie nie wieder an, dachte nie wieder daran – na ja, das ist gelogen. Ich habe oft daran gedacht, eigentlich immer, ich habe mich nur geweigert, das zuzugeben.«
Sie strich sich die Haare zurück und rieb sich sanft die Haut auf ihren Händen. »Der Job musste getan werden, und ich arbeitete hart, aber irgendwann musste ich zugeben, dass ich mich verändert hatte. Ich war in dieser Welt nicht länger eine Außenstehende, die versuchte, sich dort zu etablieren. Ich war ein Teil dieser Welt geworden. Ich war zu etwas ganz Speziellem geworden, dem ich nicht wagte, einen Namen zu geben. Denn wenn ich das tat, wenn ich es anerkannte, würde es vorbei sein. Also arbeitete ich weiter und schaute nie wieder auf
die Namen. Seitdem waren die Drogen in jedem verdammten Moment der Schwäche da, um mich aufzufangen.«
Heci betrachtete die Aussicht. Hoverfahrzeuge, die nach irgendwohin unterwegs waren, schwebten in der Ferne aneinander vorbei. »Wir arbeiten seit Jahren. Wie lange ist das schon ein Problem?«
»Seit die Halluzinationen angefangen haben. Und das Erbrechen. «
Heci zog eine Augenbraue hoch.
»Ich weiß nicht, wie lange«, gab Ralea zu. »Wochen, Monate. Jahre. Ich nehme jetzt eine wesentlich höhere Dosis als zu Beginn, aber schließlich gibt es bei den Dingern keine Maßeinheiten. « Sie zeigte mit ihrem Finger auf eine unsichtbare Markierung in der Luft. »Bis zu dieser Höhe kannst du ohne Zusammenbruch auskommen.« Sie hob die Hand ein wenig höher. »Und ab hier drehst du völlig am Rad … Über so was redet man ja nicht gerade während der Ausbildung.«
»Und was geschieht jetzt?«
Ralea atmete tief durch. Sie stellte ihren Drink auf den Boden und verschränkte ihre Hände im Nacken, wie ein Gefangener, der über seine Hinrichtung nachdenkt. »Ich habe die Kontrolle verloren, Heci. So einfach ist das. Ich bin ganz oben angekommen und jeden Tag – sogar an den Tagen, an denen ich wieder herunterrutsche – versuche ich, nicht darüber nachzudenken, dass es mich in ein Monster verwandelt hat. Die Drogen halfen mir, Leistung zu bringen und zu vergessen. Und jetzt helfen sie nicht einmal mehr.«
»Was genau siehst du denn?«, fragte Heci sie.
»Monster und Schwärze.«
»Und du kannst es nicht abstellen?«
Ralea schüttelte den Kopf. Sie hob ihr Glas wieder auf und nippte daran. »Entzug ist nicht das Problem, zumindest glaube ich das nicht. Er könnte es vielleicht auch sein. Ich habe
etwas gespart und könnte für alles Notwendige zahlen. Das Problem ist, dass ich selbst nicht mehr weiß, was ich tue. Ich habe die letzten sechsunddreißig Stunden damit zugebracht, irgendwelche Obszönitäten gegen die Wand zu brüllen oder vor Angst zu krampfen und zu zittern. Nicht zu vergessen die Versuche, Wasser zu trinken und dann für mehr als fünf Minuten drinzubehalten. Der Gedanke, zur Arbeit zurückzukehren …« Sie brach ab.
»Wie lange ist es her, dass du das letzte Mal Drogen genommen hast?«
»Ungefähr zwei Stunden. Ich habe etwas genommen, bevor ich heute Morgen herausgekrochen bin, um mich mit dir zu treffen. Davor … weiß ich nicht mehr. Ich habe etwas von dem Geheimvorrat in meiner Wohnung genommen, um den Krämpfen ein Ende zu machen. Aber ich habe keine Ahnung, wann das war, wie viel und ob es überhaupt geholfen hat.« Flehend sah sie ihre Freundin an.
Heci nahm Raleas Kopf zwischen ihre Hände, beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. Dann lehnte sie sich zurück und schaute ihr geradewegs in die Augen. »Du wirst alles in den Griff bekommen. Und du wirst deinem Job den Rücken kehren.« Ralea versuchte, den Kopf zu schütteln, aber Heci hielt ihn
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