Eve - Das brennende Leben
schloss sich ihnen beim Nachtisch an.
Während sie noch aßen, fragte Ralea: »Ist ein Aufseher zuständig für die … Arbeiter hier?«
»Die Sklaven, ja«, sagte Karl. Er schnitt sich ein viel zu großes Stück Kuchen ab und wollte es sich in den Mund stopfen. »Wir nennen sie so, und sie selbst tun das auch.« Nekos Hand blieb auf halbem Weg zum Mund wie angenagelt in der Luft hängen. Er drehte sich um und hörte aufmerksam zu.
Ralea war verärgert, weil ihr Versuch kultureller Höflichkeit abgeschmettert worden war. Deshalb rutschte ihr die Bemerkung heraus: »Nicht, dass sie eine Wahl hätten.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, beschlich sie das Gefühl, dass sie wie Bleigewichte herabfielen. In dem Vakuum des Schweigens fügte sie hinzu: »Tut mir leid. Das war ungehörig. Ich hätte das nicht sagen sollen.«
»Unsinn!«, sagte Karel. Dann lachte er zu Raleas maßloser Überraschung herzlich. Er klopfte sich die Krümel von der Brust, trank etwas und sagte: »Sehen Sie, meine Liebe, die Leute müssen geradeheraus sein. Niemand wird die innere Wahrheit erreichen, wenn er sich selbst und andere darüber belügt, was er denkt. Und Außenstehende, wie ihr …«, er zeigte auf die ganze Gruppe, »… tragen die Missverständnisse eines ganzen Lebens in sich. Das ist vollkommen in Ordnung . Ich bin nicht beleidigt. Sklaven werden weiterhin auf Feldern arbeiten, und das Leben geht dennoch weiter.«
»Was sind das für Missverständnisse?«, fragte Ralea. Sie versuchte, ihren Ausrutscher wiedergutzumachen. »Klären Sie mich auf.«
»Nun«, sagte der Aufseher, biss erneut in seinen Kuchen
und fuhr dann fort: »Wir kommen mit zahlenmäßig überlegenen Truppen, entführen sie, ihre Familien und ihre Kinder, verschleppen sie in einen entlegenen Teil des Systems und lassen sie für den Rest ihres Lebens schuften. Einige machen wir mit einer Droge namens Vitoc süchtig. Dadurch sind sie unserer Gnade unterworfen, weil wir sie weiter damit versorgen müssen. «
Ein heiseres Krächzen, das vielleicht ein erstauntes Auflachen war, entrang sich Nekos Kehle.
Vitoc war eine Chemikalie, die sehr schnell süchtig machte. Das Amarr-Imperium hatte sie entwickelt, um seine Sklaven fügsam zu machen. Diese schlurften in unnatürlich schnell sterbenden Körpern mit hängenden Kinnladen und ausdruckslosen Augen umher. Doch ihr Leben war erträglich, solange sie mit der Droge versorgt wurden. Entzog man ihnen die Droge, starben sie qualvoll. Die Sucht nach Vitoc war beherrschbar, aber nicht rückgängig zu machen.
»Machen Sie Witze? Das ist ja furchtbar«, sagte Ralea.
»Das ist gottverdammt noch mal grauenvoll – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise«, sagte Karel und nickte dem Geistlichen zu. Dieser lächelte und zuckte mit den Schultern.
Karel fuhr fort: »Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass wir sie von Orten, an denen sie so schrecklich unterdrückt werden, dass man kaum noch von Zivilisation sprechen kann, wegholen. Wenn man sieht, wie diese Leute leben, könnte man meinen, wir befinden uns immer noch im Dunklen Zeitalter. Ihre Lebenserwartung ist niedrig und die Lebensqualität miserabel. Ihre Anführer sind weit weg und interessieren sich mehr dafür, uns zu bekämpfen, als sich um ihre eigenen Leute zu kümmern. Wir bringen sie her, säubern sie und verschaffen ihnen ein lebenswertes Leben.«
»Hört sich an wie mein alter Drillsergeant«, flüsterte Ash seinen Begleitern zu.
»Dann nehme ich also an, dass Sie ihnen dieselben Rechte zubilligen, die Sie auch haben?«, warf Heci ein.
»Beinahe«, antwortete Karel. »Das kommt darauf an, welchem Haus sie angehören und auf welchem Planeten sie leben. Es gibt Orte da draußen, da werden sie wie Scheiße behandelt – nochmal Entschuldigung – und bestenfalls als bewegliche Gegenstände der Amarr angesehen.«
»Zum Glück haben wir eine Veränderung dieser Geisteshaltung erlebt«, sagte der Geistliche.
»Auf jeden Fall«, fügte Karel hinzu. »Insbesondere, nachdem Ihre Heiligkeit den Thron bestiegen hat. Mal ehrlich, ich werde nicht bestreiten, dass einige Großgrundbesitzer Vitoc in rauen Mengen verbrauchen, um ihre Leute fügsam zu machen. Ich bin an Orten gewesen, die sahen aus wie Kolonien von Sansha’s Nation – überall Zombies. Aber so kann man doch keine Farm führen. Solange es mich gibt, werde ich nicht zulassen, dass sie so behandelt werden. Nicht auf diesem Planeten und nicht unter meinem Kommando.«
»Sie
Weitere Kostenlose Bücher