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Eve - Das brennende Leben

Eve - Das brennende Leben

Titel: Eve - Das brennende Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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das kleine Wohnzimmer, das jetzt im Dunkeln lag. Ihr Schlafzimmer war dagegen von goldenem Morgenlicht erfüllt.
    Sie bewirtschaftete das Land zusammen mit Freien und Sklaven. Auf diesen Feldern gab es eine soziale Einheit wie nirgendwo anders in New Eden, aber es fehlte auch eine soziale Abgrenzung. Man war die Person, die die Mikroklingensense hielt, man war die Person, die die Ballen mit einer Schnur zusammenband, man war die Person, die die Transportbretter bediente. Nur der Regen richtete über dich.
    Ja, dachte sie, das alles konnte von Maschinen bewältigt werden. Doch diese Maschinen brachten vielfältige Probleme mit sich. Mehr noch, Ralea nahm an, dass all dies Teil eines Lebensstils war, der sich genau auf diese Weise abspielen musste. Welchen Sinn machte es, zu beten, wenn die Ernte brach lag?
    Jeder Morgen wurde zu einem Nachmittag und ging dann in die Gebetszeit über. Die Stunden wurden nicht an den Mahlzeiten gemessen, sondern daran, wie sich das Augenmerk von der Pflicht dem Land gegenüber zu der Pflicht dem Geist gegenüber verschob.
    Ralea gefiel diese anspruchslose Arbeit. Sie mochte es, am Ende den kühlen Tempel zu betreten – auch wenn es eigentlich ein Landsitz war, für sie war es ein Tempel – und ihre staubund schlammbedeckte Robe auszuziehen und in die Wäsche zu werfen. Danach ging sie duschen und wusch sich den Schmutz des Tages ab, der an ihrer Haut klebte.
    Am Abend ergoss sich orangefarbener Lichtschein in ihr Wohnzimmer und beleuchtete die Texte in ihrer Hand. Diese waren auf echtem Papier gedruckt, das in dieser Region verarbeitet und gepresst worden war. Gebunden wurde es in Leder, das von Tieren dieser Felder stammte. Manchmal drückte
Ralea die Bücher an ihre Brust, roch das abgenutzte Leder und strich mit den Fingern über die rissige Oberfläche.
    Während des Lesens beschloss sie, dass es an ihrem Glauben ebenso wenig auszusetzen gab wie an den Göttern, an die sie glauben wollte. Es stand auch nirgendwo geschrieben, dass es falsch war, zu glauben und dennoch die Welt an sich zu akzeptieren. Glaube überstieg von Natur aus Logik und Verstand und war für Ralea eine sehr persönliche Sache. Die Probleme, die alle – besonders die Gallenter – mit dem Glauben hatten, entstanden nur dann, wenn Menschen mit eigenen Überzeugungen von anderen erwarteten, dass sie sich auch danach richteten und denselben Ansichten folgten.
    Außerdem hatte sie schon viele HoloVids in ihrem Leben auf der Station gesehen. Sie kannte niemanden, der seinen Sinn fürs Unwirkliche nicht in Träumen oder dergleichen auslebte.
    Das goldene Licht der untergehenden Sonne fiel auf die Texte. Sie las immer weiter und dachte an die Gerstenhalme, die unter ihrer Mikroklingensense gefallen waren.
    »Ich habe dich nie für gläubig gehalten«, sagte Ralea auf einem ihrer Spaziergänge zu Heci. Sie waren ziellos auf einer staubigen Straße entlanggelaufen. Dann hatten sie sie verlassen und waren in die Felder gegangen. Nicht weit vom Konvent war ein See, seicht und schlammig; ein wenig weiter lagen Wälder.
    Sie hatten freie Tage. Manchmal einen, manchmal mehrere, je nach Ernte. Ralea hatte früher Freizeit gehasst und für jegliche Ferien, die länger als einen Tag dauerten und keine Aktivitäten beinhalteten, die sie beschäftigten, nur Verachtung übriggehabt.
    Das war jetzt anders. Sie verbrachte ihre Ruhestunden mit innerer Einkehr: Sie las Schriften, starrte aus dem Fenster, erkundete die Umgebung oder lief stundenlang durch die Felder und dachte dabei über Gott und diesen Ort nach.

    Hin und wieder leistete Heci ihr Gesellschaft. Zu Raleas Erstaunen hatte ihre Freundin an diesem Leben ebenfalls Gefallen gefunden.
    »Um ehrlich zu sein, ich brauchte das«, gestand Heci ganz offen. »Dieses Gallente-Land der Verführungen war einfach keine gesunde Umgebung für mich«, fügte sie mit einem Grinsen hinzu.
    »Du siehst besser aus. Ich weiß, das muss gerade ich sagen, aber trotzdem.«
    »Nein, mir gefällt es, was dieses Leben aus meinem Körper macht. Und du siehst auch nicht gerade übel aus«, sagte Heci.
    Ralea nickte. Jeden Tag fühlte sie sich lebendiger und mehr mit sich im Reinen als vorher. Sie sah, wie sich neue Muskeln besonders an ihren Oberschenkeln und Oberarmen abzeichneten, und konnte fast endlos laufen.
    Heci sagte: »Im Ernst, mir gefällt mein selbstauferlegtes Zölibat ziemlich gut.« Ralea prustete vor Lachen.
    Sie ließ ihren Blick über die Felder und Wälder schweifen. Die grauen

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