Eve - Das brennende Leben
wurden aber auch ihrer Heimat beraubt«, sagte Heci.
»Und in unsere aufgenommen. Selbstredend kann man für beide Seiten Argumente finden, aber ich fürchte, diese Diskussion wird niemand je für sich allein entscheiden.«
»Also, wenn man Vitoc außen vor lässt, werden Sklaven hier nicht misshandelt«, sagte Ralea. Sie nahm einen Bissen ihres Nachtischs und beugte sich dabei unauffällig vor, um Jorek, der in der Nähe stand, einen verstohlenen Blick zuzuwerfen. Sein vollkommen ungerührtes Gesicht war die einzige Antwort, die sie brauchte.
»Meiner Meinung nach nicht«, sagte Karel.
Andere wechselten das Thema, sie hatten genug von der Sklaverei. Ralea ließ es zu. Ash schloss sich dem Geplauder gerne an. Neko dagegen aß schweigend, langsam und nachdenklich weiter.
Nach dem Essen teilten sie sich in kleine Gruppen auf und gingen durch die dunklen Gänge. Die meisten waren zu müde, um sich angeregt zu unterhalten, aber immer noch zu aufgekratzt durch ihre Ankunft, um zu schlafen. Irgendwann führten ihre Schritte sie zu ihren Privatquartieren. Ralea freute sich darauf, ein wenig zu schlafen. Sie erwartete, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder wirklich gut schlafen würde. Ihr Quartier, das sie früher am Tag gesehen hatte, war nur spärlich möbliert. Das würde auch so bleiben. Sie hoffte, dass die Spuren ihres bisherigen Lebens, die immer noch am Saum ihres jetzigen Lebens hafteten, nicht die Oberhand gewannen.
Der Rotschopf, der bei ihrer Ankunft gemeckert hatte, hieß Theban. Seine Kleidung war so sehr der ortsüblichen nachempfunden, dass er sich auch gleich ein Schild mit der Aufschrift Tourist um den Hals hängen konnte. Er schlug vor, dass man sein Quartier besuchen solle, und ließ durchblicken, dass der Anblick sich lohne.
Er lohnte sich. Zugwracks waren meistens ein lohnender Anblick.
Theban hatte nicht vor, etwas hinter sich zu lassen, so viel war sicher. Sein Quartier war größer als Raleas, wirkte aber trotzdem beengt. Die Gründe dafür waren blendend, glitzernd und lautstark offensichtlich. In den Raum war viel zu viel hineingestopft; es gab zu viel nutzlose Technologie, die in seinem neuen Leben nur ablenkend wirken würde. Alles wies auf ein unbefriedigtes Leben hin. Das Ziel des Mannes, wenn er in die Tiefen seiner Seele blickte, schien die Suche nach allen Spuren materiellen Besitzes. Gegenstände summten, brummten und quietschten.
Das Kernstück dieser Ausstellung schockierte alle. In diesem Raum voller Miniaturdrohnen, volumetrischer Ausstellungsstücke und Langstrecken-Radioempfänger fiel es zunächst nicht auf. Doch als es schließlich in den Fokus rückte,
schnitt es sich so unbarmherzig in die Realität wie ein Messer ins Fleisch.
Es war ein Khuumak.
Vor langer Zeit hatte ein Sklave ein solches Zepter, das bei amarrianischen Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündungen verwendet wurde, benutzt, um einen Erben der Königsfamilie zu ermorden. Das hatte einen ungeheuer blutigen Rachefeldzug ausgelöst, der beinahe zu der Ausrottung einer ganzen Blutlinie von Minmatar-Sklaven geführt hatte.
Die Nachbildung stand auf einem Sockel und war so groß wie ein Männerunterarm. Sie schien aus einem wertvollen Metall zu bestehen; eins der Sorte, die jemand mit kleinem Laderaum und riesigen Nachbrennern im Low-sec abbauen würde.
»Es kann dem Geist nicht guttun, so etwas zu besitzen«, murmelte Ralea.
»Das kann auch nicht gut fürs Konto sein«, fügte Heci hinzu. »So ein Ding ist durch und durch anstößig. Das kann schnell mal zerstört werden oder verschwinden.«
»Meiner Mannschaft wird das halbe Budget gestrichen, und wir müssen Gott-weiß-was tun, um uns über Wasser zu halten«, sagte Ash, »und dieses Arschloch könnte mit Leichtigkeit unsere nächste Saison finanzieren, statt sein Geld für so was zu verschwenden.«
»Wir leben in üblen Zeiten«, sagte Neko.
Sie entfernten sich von Theban, der Menge und den Geräuschen und kehrten zurück in die Einsamkeit ihrer Zimmer. Sie schliefen auf ihren Pritschen in der gnädigen Stille ein, die ihre ruhebedürftigen Körper umgab.
Wecken war immer bei Sonnenaufgang. Raleas Körper reagierte auf diese neue Tradition wie ein Mensch auf frische Atemluft. Sie rollte aus dem Bett und ging auf Zehenspitzen über den kalten Steinboden zu der kleinen Fellmatte in der anderen
Ecke ihres Schlafzimmers. Dort lagen ihre Unterwäsche, ihre Robe und ihr Gürtel. Auf der anderen Seite ihres S-förmigen Quartiers befand sich
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