Eve und der letzte Englaender
Mann an der Touristeninformation, wie ich zu „The Bay“ käme. Schließlich wusste ich ja nicht, was es damit auf sich hatte.
„ Das Hotel finden Sie direkt an der Strandpromenade“, steckte er mir augenzwinkernd. „Direkt neben der Bühne, Sie können es kaum verfehlen.“
Für einen kurzen Moment kam ich mir irgendwie beobachtet vor, bedankte mich dann aber, ohne mir etwas anmerken zu lassen und machte mich auf den Weg.
Mittlerweile war es fast dunkel und der Wind wehte mir die Haare ins Gesicht. Fast schon gespenstisch ruhig war es in der Stadt, alles harrte der Dinge, die da morgen über den Ort und seine Bewohner hereinbrechen würden. Ich erahnte die Umrisse der Bühne, die mich irgendwie ein bisschen an die Strandkulisse in Baz Luhrmanns „Romeo und Julia“-Verfilmung erinnerte. Dahinter sah ich auch schon das pompöse „The Bay“-Hotel. Dom war wirklich verrückt! Die Rezeptionistin überreichte mir auf meine Frage, ob hier zufällig ein Zimmer auf meinen Namen reserviert sei, den Schlüssel zur Suite des Hauses und einen kleinen Umschlag. Merkwürdig, mittlerweile war ich fast schon cool und nahm beides nur mit einem kurzen Nicken entgegen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich immer noch einen Blick in meinem Rücken zu spüren glaubte, der mich verfolgte.
Die Suite war fantastisch, mit einem riesigen Himmelbett und einem Meerblick, der mir die Sprache verschlug. Ich öffnete das Fenster und atmete tief ein und aus. Ich war also wirklich hier. Unfassbar. Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mehr an den Umschlag gedacht hatte, den ich jetzt aber schnell öffnete. Darin befand sich nur eine Ein-Pfund-Münze. Ich drehte sie ratlos in meiner rechten Hand, steckte sie dann schnell in meine Hosentasche und verließ das Zimmer.
Ich lief die Promenade entlang, auf der Spaziergänger eine der letzten lauen Sommernächte genossen. Straßenmusiker spielten, Kunsthandwerker boten Schmuck und Bilder an, ein Feuerspucker-Duo erleuchtete die Nacht. Neben mir ging plötzlich eine ältere Dame her.
„ Möchtest du etwas über deine Zukunft erfahren?“, fragte sie mich und blickte mir direkt in die Augen.
Ohne meine Antwort abzuwarten zog sie mich in ihr kleines Zelt am Strand und begann ihre Tarot-Karten zu mischen.
„ Zieh eine Karte“, flüsterte sie mir bestimmt zu.
Sie blickte auf meine Wahl und nickte.
„ Der Gaukler. Du solltest heute spielen, das Glück ist mit dir“, ließ sie mich verschwörerisch wissen und wies mir mit einer Armbewegung eine Richtung, in die ich gehen sollte.
Ich löste mich aus den Räucherstäbchenschwaden ihres Zeltes und ging weiter. Meine Hand tastete nach dem Ein-Pfund-Stück und drehte die Münze in meiner Hosentasche. Spielen also, nun gut!
Ich streifte schließlich durch die Spielhalle auf dem Pier, mit ihren uralten Automaten, die sich zwischen Achtziger-Flipperklassikern und dem neusten Guitar Hero-Spiel versteckten. Irgendwo hier musste es doch sein! Ich war kurz davor aufzugeben, als ich in der hintersten Ecke eines Spiegelkabinetts etwas sah, das mir bekannt vorkam: Der Spielautomat von der zweiten Postkarte, die Dom mir geschickt hatte! Ich stürzte in den Spiegelgang und war augenblicklich verloren – überall waren nur noch grotesk verzerrte Abbilder meiner selbst zu sehen. Ich lief in die Richtung, in der ich den Spielautomaten zu sehen glaubte und stieß gegen einen Spiegel. Mist, ich war gefangen!
Ich schloss meine Augen und spürte meinen Herzschlag, den ich vergeblich zu verlangsamen versuchte. Meine rechte Hand tastete sich instinktiv an der Spiegelwand entlang. Ich hielt meine Augen geschlossen und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, bis ich plötzlich etwas Kaltes, Metallenes an meinem Bein spürte. Ich öffnete die Augen und blickte auf den antiken Spielautomaten. „Test your love“ stand in silbernen, schon leicht verwitterten Lettern über dem Münzeinwurf. Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, ließ langsam das Ein-Pfund-Stück in der Öffnung verschwinden und drückte den Start-Knopf. Die Maschine fing augenblicklich an zu blinken und zu rattern, spielte eine seltsame Melodie und der Hebel fing an sich zu bewegen. Das alles reflektierte sich hundertfach in den Spiegeln, zwischen denen ich eingeschlossen war. Ich schloss wieder meine Augen, meine Hand immer noch auf dem kalten Metall des Automaten ruhend. Ich spürte wieder diesen Blick, der mich seit meiner Ankunft verfolgte, er
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