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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Am ehesten wohl in der Einkaufspassage am Rand der Häuseransammlung. Viel zu viele Menschen auf engem Raum. Aber ich sollte daran denken: Jede Wohnung hat fließendes Wasser, Dusche, WC, eine funktionierende Heizung und Kabelfernsehen. Ich sage es Vesna, die die ganze Zeit außergewöhnlich ruhig neben mir gesessen ist, und sie erwidert: „Wo sonst sollen die vielen Menschen hin, die nicht viel Geld haben?“ Evelyn Maier hat sich nicht einmal hier eine Wohnung leisten können.
    Wir haben Glück und parken per Zufall ganz in der Nähe des richtigen Hauseingangs. Die Tür steht offen, ein Keil ist eingeklemmt. Zwei Männer stehen mit einem Kleiderschrank vor dem Aufzug und fluchen, weil er nicht hineingeht.
    „Wissen Sie, wo Doris Hampel wohnt?“, frage ich.
    „Keine Ahnung. Ich wohn’ im fünften Stock, da wohnt sie nicht.“
    Vesna und ich machen uns an den Aufstieg. Sieben Stockwerke hat das Haus. Meine Beule pocht schon im ersten Stock. Vesna ist einen Treppenabsatz voraus. Aber sie macht ja auch ihr Lauftraining. Okay, keiner hindert mich, das ebenso zu tun. Ich keuche weiter.
    „Da ist es“, ruft Vesna.
    Noch einmal Glück gehabt. Zweiter Stock. Wir haben die Cousine nicht angerufen. Wenn sie so ein Ekel ist, wie Evelyns Kinder ausnahmsweise übereinstimmend meinen, dann ist es besser, sie zu überraschen. Es ist kurz vor fünf. Keine Ahnung, welchen Job sie hat. Vesna läutet. Wir hören ein Geräusch im Vorzimmer. Gut möglich, dass uns da jemand durch den Türspion beäugt. Der Hausflur wirkt geradezu steril, nur zwischen zwei der vielen Wohnungstüren hat jemand mit pinker Neonfarbe ein Herz gesprayt. „Love“ ist darunter zu lesen. Es gibt schlimmere Botschaften. Was sollen wir tun? Vesna läutet noch einmal. Wieder ein Scharren hinter der Tür.
    Ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Dann noch einer. Die Tür geht einen Spalt weit auf, eine Sicherheitskette ist vorgelegt.
    „Wir kommen …“, beginne ich.
    „Ich kaufe nichts, und wenn Sie von einer Sekte kommen, verschwenden Sie bei mir nur Ihre Zeit.“
    „Ermitteln im Fall Evelyn Maier“, sagt Vesna mit lauter, möglichst amtlicher Stimme.
    Die Tür geht zu, dann geht sie wieder auf. „Ich habe schon gesagt, dass ich nichts weiß“, sagt die Cousine. Sie trägt einen roten Jogginganzug, in der rechten Hand hält sie eine halb gerauchte Zigarette. Billig gefärbte blonde Haare, auch die kurzen Locken wirken so, als hätte da jemand der Natur nachgeholfen.
    Ich habe eine Idee. „Es geht ums Erbe“, sage ich, und jetzt dürfen wir ins Vorzimmer.
    Hellbrauner Einbaukasten mit integrierter Garderobe und Sitzbank. Nur eine Jacke am Haken. Alles blitzsauber, dafür stinkt es nach kaltem Rauch. Und das nicht wenig.
    „Können Sie sich ausweisen?“, fragt Doris Hampel.
    Was soll ich anderes tun? Ich halte ihr meinen Presseausweis hin.
    „Magazin“, liest sie beinahe ehrfürchtig. „Sagen Sie nicht, dass meine Cousine doch ermordet worden ist.“
    „Warum?“, frage ich.
    „Na weil sich das ‚Magazin‘ sicher nur um sie kümmert, wenn sie ermordet worden ist.“ Mit einem Blick auf Vesna: „Sie haben von ‚Erben‘ geredet. Die hat ja nichts gehabt, oder?“
    „Man kann nie wissen“, murmelt Vesna. Zum Glück scheint die Cousine nicht darauf zu bestehen, auch Vesnas Ausweis zu sehen.
    Oje. Da fragt sie schon: „Und Ihr Ausweis?“
    Vesna kramt in ihrer Tasche und zieht eine Visitenkarte heraus, die mir sehr bekannt vorkommt. Es ist eine von Oskars Rechtsanwaltskanzlei. „Habe leider nur unsere allgemeine mit. Dr. Krajner. Sie können natürlich anrufen und nachfragen.“
    Das will die Cousine dann doch nicht.
    „Sie sind einer der ganz wenigen Menschen, die Kontakt zu Evelyn Maier hatten und die sie seit Langem kannten. Erzählen Sie uns von ihr. Bitte“, sage ich und versuche ein Lächeln.
    „Kommt das dann im ‚Magazin‘?“
    Jetzt sollte ich erraten, ob ihr das recht wäre oder ob sie nicht in die Zeitung will.
    „Wird man sehen. Wenn Sie nichts wissen …“, erwidert Vesna, bevor ich etwas sagen kann.
    „Über sie gibt es nicht viel zu wissen.“ Die Cousine dämpft ihre Zigarette im Aschenbecher aus, der auf der Vorzimmersitzbank steht, greift in die Hosentasche, will sichtlich eine Zigarettenpackung herausnehmen, scheint es sich dann aber anders zu überlegen und lehnt sich gegen den Einbauschrank. „Sie war selbst schuld an ihrem verpfuschten Leben, das sage ich ganz deutlich. Das habe ich auch ihr immer wieder

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