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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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für ein Glück, dass hier kaum noch Verkehr ist. Ich taste in meinem Handschuhfach nach einem Taschentuch, es ist schon gebraucht, egal, ich presse es gegen das Auge. Heim. Weiter. Das Auge wird aufhören zu brennen, die Beule wird aufhören zu pochen, die Finger werden aufhören zu schmerzen.

[ 4. ]
    Bei Tageslicht sieht alles ganz harmlos aus. Ich stehe in der Septembersonne und beobachte die zwei Polizisten, die lustlos Schuppen und Haus durchsuchen. Sie haben es mir unmissverständlich dargelegt: Unwahrscheinlich, dass sie einen Hinweis auf den Täter finden. Wenn sie könnten, würden sie abstreiten, dass mich jemand niedergeschlagen hat. Aber da gibt es die eindrucksvolle Beule an meiner Stirn. Ich habe gestern Abend zwei Aspirin genommen, ein halbes Wasserglas von meinem Lieblingswhiskey Jameson getrunken und danach acht Stunden tief und traumlos durchgeschlafen. Jetzt ist es Mittag. Die Beule pocht noch immer, aber ich kann wieder annähernd klar denken. Die Kratzer an den Fingern waren nicht tief, um den Zeigefinger habe ich mir ein kleines Pflaster geklebt. Mehr war nicht nötig. Zwischen Schuppen und Türe zum Weinkeller führt ein schmaler, verwachsener Pfad die Böschung hinauf, er war mir bisher gar nicht aufgefallen. Ob der, der mich niedergeschlagen hat, auf diesem Weg geflohen ist? Würde bedeuten, dass einer nicht nur von der Straße her, sondern auch von der Rückseite ins Haus hätte gelangen können. Ich sehe auf die Uhr. In einer Stunde soll ich Vesna nach ihrem Lauftraining in der Praterallee treffen. Nervtötend, wenn man kein Mobiltelefon hat. Ich muss mir noch heute ein neues besorgen. Und eine Ersatz-SIM-Karte. Es hat beinahe zwei Stunden gedauert, bis die beiden Polizisten gekommen sind. Frische Spuren gebe es ja keine mehr, und was ich denn glaube, ob sie sonst nichts zu tun hätten? Viel zu wenige Kollegen und viel zu viele Autoeinbrüche, Hauseinbrüche, Fahrraddiebstähle.
    Ich versuche auf dem Pfad nach oben zu klettern, finde eine überwucherte Stiege aus Stein, hieve mich nach oben, finde keine Stufe mehr, hätte mich beinahe an einem Wildrosenast festgehalten, greife in letzter Sekunde nach einem Holunderast, ziehe mich weiter nach oben. Jetzt stehe ich auf der Böschung hinter dem Haus. Von hier oben wirkt es fast noch armseliger. Zwei Meter von mir entfernt ein Drahtzaun, davor eine Menge wilder Holunder. Trotzdem: Wenn man will, kommt man hier drüber. Ich spähe auf die andere Seite. Eine Wiese mit halbhohem Gras, sie geht noch einige Meter bergauf, dann eine Kuppe. Ich rieche Mist. Dung. Seit wann düngt man so eine Wiese? Dann entdecke ich zwei Kuhfladen. Ich mache mich wieder an den Abstieg, besser, die Beamten nicht zu lange allein zu lassen, für den Fall, dass sie doch etwas finden. Bergab ist der steile Pfad noch schwieriger zu bewältigen, die Beule an der Stirn pocht wieder heftiger. Ich rutsche ab, greife in den nächsten Holunderbusch, fange mich wieder. Hinter dem Holler, fast über dem Eingang zum Weinkeller, liegt etwas. Ich ziehe mich hoch, klettere ein Stück nach links. Mein Mobiltelefon. Meine Taschenlampe. Ein doppelt gutes Gefühl. Vertraute Kommunikationshilfe in Sehweite. Und: Ich habe sie gefunden, nicht die Polizei. Anfassen sollte ich die beiden Gegenstände aber wohl nicht. Fast euphorisch steige ich nach unten.
    „Nichts“, sagt der Beamte mit den braunen Haaren und zupft sich eine Spinnwebe vom Sweatshirt.
    „Da drinnen war eine tote Ratte“, sagt der Beamte mit den grauen Haaren.
    „Ich weiß“, erwidere ich und kann nicht verhindern, dass ich Gänsehaut bekomme.
    „Das Wahrscheinlichste ist, dass ein Obdachloser hier übernachten wollte. Sie sind in den Schuppen gekommen, er ist erschrocken und hat Ihnen mit einem Brett gegen den Kopf gehauen“, fasst der braunhaarige Beamte die Tatermittlungen zusammen.
    „Und warum hat er mir dann Telefon und Taschenlampe abgenommen?“, will ich wissen.
    „Er hat sie eben mitgehen lassen“, meint der Grauhaarige und fügt hinzu: „Schauen Sie: Wir wissen natürlich nicht, wie es war. Und Sie wissen nichts, als dass Ihnen jemand eins über den Schädel gezogen hat.“
    „Und dass hier vor einer Woche eine Frau gestorben ist. Und dass ihre Tochter meint, es war kein Unfall.“
    Der Grauhaarige seufzt. „Wer hätte die arme Frau denn umbringen sollen? Sie ist gegen den Ofen gefallen.“
    „Mein Mobiltelefon ist übrigens da“, sage ich. „Es liegt dort oben.“ Die beiden Beamten sehen an meinem

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