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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Damit wenigstens sie ein erfülltes Leben hätte? Man könnte so etwas auch Erpressung nennen.
    „Was hältst du davon?“, frage ich Vesna. „Was, wenn Osthof sich geweigert hat? Wenn er Angst hatte, dass nun alles ans Tageslicht kommt?“
    Vesna schüttelt langsam den Kopf. „Das braucht Planung. Dafür man muss aktiv sein. Ich weiß nicht, ob Evelyn das gekonnt hat. Und wenn es um Geld gegangen ist: Warum hat sie dann nicht das von Hans genommen?“
    „Vielleicht ging es auch um so etwas wie Gerechtigkeit. Um so etwas wie Sühne.“
    „Du bringst mich auf Idee“, sagt Vesna nach kurzem Überlegen. „Wie wäre es selbst mit kleiner Erpressung? Wir können Exminister anrufen und ihm sagen, dass wir alles über vertuschten Selbstmord wissen. Was glaubst du, wie schnell er plötzlich mit uns redet!“
    „Oder uns jemand auf den Hals hetzt.“ Ich reibe mir den Arm. Ich habe für die nächste Zeit genug von gefährlichen Aktionen.
    „Wir machen es ganz altmodisch“, überlegt Vesna und hat dabei ein leichtes Lächeln im Gesicht. „Wir schicken ihm mit Bote ein Briefchen. Lassen durch seine Haushälterin übergeben. Ich finde, es wird höchste Zeit, dass sich Herr Minister fürchtet.“

[ 10. ]
    Ich habe mit Oskar noch bis tief in die Nacht geredet, ihm alles erzählt. Das heißt bis auf die Sache mit unserem Eindringen ins Autohaus. Da habe ich lediglich von einem Bericht gesprochen, den wir Tobler doch lieber gleich hatten liefern wollen. Oskar hat lang nachgedacht und dann gemeint, man solle alles ruhen lassen. Schlimm genug, was damals, vor fünfundzwanzig Jahren, geschehen ist.
    Jetzt sitzen wir beim Frühstück. Es ist Samstag, Oskar muss wie so oft am Wochenende in die Kanzlei, aber er will den Tag wenigstens mit Schinken und Käse und einem Spiegelei und frischen Weckerln beginnen. Und mit mir. Sein Kinn, sagt er, sei schon wieder ganz in Ordnung. Er halte eben doch noch etwas aus. Und: Vielleicht sollte er sich ja wirklich einen amerikanischen Oldtimer kaufen. Das Cabrio aus den Fünfzigerjahren sei ausgesprochen hübsch gewesen.
    „Wo doch schon dein Volvo die meiste Zeit in der Garage herumsteht“, spotte ich mit vollem Mund. An sich bin ich ja keine Frühstückerin, aber von Oskar lasse ich mich doch hin und wieder verleiten. Vor allem, wenn er es vorbereitet, während ich mich noch im Bett räkeln kann. Ich glaube, es ist sein geschäftiges Rumoren in der Küche, das mir am besten an dieser Mahlzeit gefällt.
    „Ich hoffe, du hast ein ruhiges Wochenende“, sagt er, als wir das Geschirr in die Spülmaschine geräumt haben.
    „Nehme ich einmal an“, murmle ich. Was er nicht weiß: Wenn alles gut geht, ist Jana schon als Fahrradbotin verkleidet unterwegs zur Haushälterin von Osthof. Mit einem kleinen Brief, den wir noch gestern im Auto aufgesetzt haben:
    „Sehr geehrter Herr Osthof,
    wir bitten Sie, uns morgen um 11.30 Uhr zu empfangen. Evelyn Maier ist vor Kurzem unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Da wir über den vertuschten Selbstmord Ihres Sohnes Hubert in vollem Umfang Bescheid wissen, wären wir für ein klärendes Gespräch dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Mira Valensky
    Vesna Krajner“
    Darunter noch Vesnas Telefonnummer.
    „Dass Christian Osthof damals auch mit dabei war …“, überlegt Oskar, als er einige Akten in seine Tasche packt.
    Er kennt ihn, das hat er mir schon gestern Nacht erzählt. Wirtschaftsmeinungsforscher und Wirtschaftsanwalt, ist ja auch naheliegend. Er hat ihn als seriös, ehrgeizig, kompetent beschrieben. Und als einen, der nie sein Freund werden würde. „Er lebt wie für sich“, hat Oskar gemeint. „So als wären wir alle nur eine Art Staffage in seinem Leben.“
    Drückt ganz gut aus, wie ich ihn bei dem Interview erlebt habe. Sich vorzustellen, dass er die Arme seines toten Bruders in den Häcksler drückt … Damals war er Mitte zwanzig. Ob ihn die Bilder dieser Nacht noch manchmal einholen?
    Ich stehe gerade mit Oskar im Vorzimmer, als mein Ersatztelefon eine SMS meldet. Wenn ich meines nächste Woche nicht wiederbekomme, kaufe ich mir ein ähnliches. Ganz sicher. Ich küsse Oskar zum Abschied kurz auf den Mund und tue, als hätte ich von der SMS nichts gemerkt.
    „Nachricht?“, fragt er und deutet auf mein Telefon in der Hosentasche.
    „Kann nichts Wichtiges sein“, antworte ich.
    Hab einen schönen Tag. Ja, danke. Arbeite nicht zu viel. Werde ich nicht. Bis später. Beziehungsabschiedsworte. Dann fällt die Tür ins Schloss

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