Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi
Tüchtigkeit viel, viel Geld gemacht hat, von dem er zwar nicht allen, aber immerhin Evelyn etwas abgeben wollte? Ich muss mir den Arm gerieben haben. Tobler deutet darauf. „Hat er dich verletzt?“
Ich schüttle den Kopf. Wenn da alle so harte Knochen sind, bin ich es auch.
„Den, der ihr Arm umgebogen hat, habe ich schon gesehen, als wir erstes Mal Autos besichtigt haben. War er hinten in einem Nebenraum“, sagt Vesna.
„Er ist Mechaniker“, erklärt Hans Tobler. „Meine Mechaniker haben auch so ihre Träume. Ich zahle einigen von ihnen eine ordentliche Bodyguardausbildung und sie sorgen nebenbei dafür, dass mir keiner zu nahe kommt.“
„Passiert das?“, fragt Vesna mit Augenaufschlag.
„Seltener, als alle denken“, erwidert Tobler. „Kommt mit. Wir gehen in mein Büro. Wir müssen überlegen. Wenn Evelyn wirklich einen Lottogewinn gemacht hat – was ist geschehen?“
„Es ist nur eine Hypothese“, versuche ich ihn einzubremsen.
Aber er hört mir gar nicht mehr zu, lässt uns durch die Tür, sperrt die Luxusgarage wieder ab. Geht voran, die Stiegen hinauf, Richtung Chefbüro.
Vesna flüstert mir zu. „Haben uns geirrt. Und trotzdem: Er verschweigt etwas.“
Tobler scheint verdammt gute Ohren zu haben, er dreht sich zu uns um.
„Kannst es ruhig hören“, sagt Vesna kämpferisch. „Du verschweigst etwas. Da bin ich ganz sicher. Vielleicht du hast wirklich Geld wie Heu. Aber dann ist es anderes, das du nicht sagen willst.“
„Trinken wir etwas“, erwidert Tobler.
Wir sitzen auf seiner Garnitur aus amerikanischen Autositzen. Er kommt mit Gläsern und einer Flasche Whisky. „Ich mag das nicht“, sagt Vesna.
Ich sehe aufs Etikett und murmle: „Ich trinke nur irischen Whiskey. Jameson, wenn möglich.“ Darauf hätte ich momentan tatsächlich unheimliche Lust.
„Cola?“, fragt der Autohändler in Vesnas Richtung. Sie nickt. Ich verstehe es nicht, aber sie mag Cola wirklich.
„Ich weiß, dass ich irgendwo eine Flasche Jameson habe“, sagt Tobler und beginnt in einem Kasten zu suchen, der sich als Bar entpuppt. „Irgendein Ire hat mir eine seltene Corvette abgekauft, der hat ihn mitgebracht. Da!“ Er hält eine Flasche hoch und holt aus dem eingebauten Kühlschrank eine halb volle Colaflasche. Er schenkt mir ein, und das zum Glück nicht zu knapp. „Special Reserve, zwölf Jahre alt“, sagt er und zeigt mir das Etikett. Wusste ich gar nicht, dass es den gibt.
Die beiden trinken Cola, ich nehme einen großen Schluck Whiskey. Er ist etwas rauchiger und voller als der Normal-Jameson. Warm legt er sich in meinen Magen. Ich schließe kurz die Augen. Belohnung pur. – Stopp, Mira, wofür? Dass wir eingedrungen und erwischt worden sind?
„Du trinkst nie Alkohol?“, frage ich Tobler dann, ganz Meisterin im Small Talk.
Er schüttelt den Kopf.
„Seltsam, Evelyn hat auch keinen getrunken“, sagt Vesna und starrt ihn an. „Kann es sein, es gibt einen Zusammenhang?“
Tobler sagt nichts und nimmt noch einen Schluck Cola.
„Hubert Osthof war betrunken, als er in Baumhäcksler gegriffen hat“, fährt Vesna fort. „Es hat damit zu tun?“
Tobler nickt langsam. Ich nehme noch einen Schluck. Mir ist alles recht, solange ich hier nur friedlich sitzen und diesen großartigen Whiskey trinken kann.
„Wir haben gefeiert, dass wir in die engste Wahl für die Talenteshow gekommen sind“, beginnt der Autohändler langsam. „Evelyn war sehr ausgelassen, sie konnte das: total ausgelassen sein, nicht überdreht, sondern einfach überschwänglich vergnügt. Wir waren in unserem Proberaum und haben das Band gehört, das Hubert von einigen unserer Songs aufgenommen hatte. Sie hat abwechselnd mit mir und mit ihm getanzt. Und sie hat gesagt, dass wir es schaffen. Ganz sicher, das sei der Anfang der großen Karriere. Hubert hat dreingesehen, als würde er nicht daran glauben, sie hat ihn geneckt und dann hat sie ihn geküsst. Hubert hatte diese Stimmungsschwankungen. Er ist plötzlich aufgestanden und hat laut gesagt, dass wir Evelyns Karriere nicht behindern dürfen. Er ziehe sich zurück und ich solle das auch tun, wir hätten nicht so ein Talent wie Evelyn, sie brauche andere Partner, Profis. Evelyn hat nur gelacht und ihn umarmt. ‚Wenn ich berühmt werde, dann mit euch. Oder gar nicht‘, hat sie gesagt.“
Tobler schweigt.
„Oder gar nicht“, denke ich und nehme noch einen Schluck.
„Und dann?“, fragt Vesna. Ihre Stimme klingt rau.
„Hubert ist grob geworden. Wenn sie
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