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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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vor. Einmal. Zweimal. Und endlich begriff er, wonach er suchte. Ja, plötzlich wusste Finn, was seiner eigenen Geschichte so schmerzlich fehlte. Er ging zu dem schwarzen Onyx-Kästchen und nahm das Familienerbstück heraus, den Füllfederhalter. Er trat zurück auf die Terrasse, öffnete sein Buch und schlug eine neue, blanke Seite auf. Er setzte die Weißgoldfeder auf das Papier und fing an zu schreiben:
     
    Ich saß da und betrachtete lange die Seite.
     
    Finn hatte noch nie das Wort «ich» geschrieben. Aber da stand es nun. Er schrieb weiter.
     
    Ich las Elianas Worte immer und immer wieder: «Just wanted to let you know that the I of my heart says hello to the you of yours.»
     
    Gut. Weiter so.
     
    Und dann las ich es mir laut vor. Einmal. Zweimal. Und endlich begriff ich, wonach ich suchte. Ja, plötzlich wusste ich, was meinem Buch fehlte: das I of my heart. Ich würde von nun an in meinem Buch, in Finns Buch, von mir als Ich erzählen.
     
    Es war erstaunlich, was ein kleines Wörtchen ausrichten konnte. Ich spürte förmlich, wie sich mein Herz öffnete und von diesen leichten luftigen «ichs» erfüllt wurde. Ich und ich und ich und ich. Ich war wie benommen.
    Ich hatte das Wort auf meinen Zeitreisen benutzt, ja, und hatte es im Rahmen meiner Arbeit in Büchern gelesen und hatte es zigtausendfach aus dem Mund der Forester gehört. Aber es war etwas ganz anderes mit «ich» zu denken, mit dem Ich meines Herzens, und es dann auch tatsächlich hinzuschreiben, vor allem da das «ich» im Englischen   – I – ein Großbuchstabe war. Er sah so herrisch und aufdringlich aus. Er überragte alle anderen Pronomen. Selbst das «we» stand in seinem Schatten. Mein Leben lang hatte ich gehört, dass das «wir» wichtiger war als das «ich», und nun schrieb ich das «ich» mit einem Großbuchstaben.
    Ich machte mir nichts vor, ich würde wahrscheinlich eine Weile brauchen, meine Zwiespältigkeit zu klären. Denn ich war ein Kind meiner Zeit. Ich glaubte fest daran, dass das Überleben unserer Welt, der Natur selbst, unsere wichtigste Aufgabe war. Die Erde war unser «wir». UnserZuhause. Aber ich spürte auch, dass es in jedem von uns ein Ich des Herzens gab, das wir irgendwann unterwegs verloren hatten. Es war verständlich, dass es passieren musste – mitten im Dark Winter. Aber es war schwer zu verstehen, warum wir auch jetzt noch so beharrlich darauf bestanden, es nicht zu verwenden. Das Ich des Herzens war doch
auch
unser Zuhause.
    Doch genug davon. Ich musste derlei Gedanken erst einmal zurückstellen. Bald war Abendessen. Und ohne Essen würde weder das Ich noch das Wir überleben. Ich ging in die Küche.
    «Brauchen Sie Hilfe?», fragte ich Koch Carlo Canelli.
    Sein Werkzeuggürtel blinkte hektisch, während er die unzähligen möglichen Antworten auf meine Frage durcharbeitete. «Carlo benötigt Ihre Hilfe nicht», sagte er schließlich, «aber Sie können gern die Polenta rühren, wenn Sie es wünschen.»
    Also rührte ich die Polenta. Und anschließend half ich Carlo bei der Vinaigrette für den Salat. Und wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, nichts hat mir je köstlicher geschmeckt – außer natürlich der Süßkartoffelauflauf von Elianas Mutter.
     
    Ich las weiter in Elianas Tagebuch. Gegen Mitte April 2009 hatte sie fast alle Abiturprüfungen hinter sich. Allmählich kam sie wieder zu Atem. Das Wetter war warm, und sie joggte jeden Morgen. Ich freute mich für sie, spürte, dass sie bereit war, in die Welt zu ziehen und der Welt einen Schubs zu geben.
    Und dann nahm ihr Leben – und das meine – eine jähe Wendung.
     
    Montag, 27.   April 2009
    Heute Morgen beim Joggen ist mir was ungeheuer Seltsames passiert. Auf dem Rückweg, es war kurz vor sieben, wollte ich an dem Kiosk Ecke Schlüterstraße die Zeitung holen. Der Kiosk war noch nicht auf, aber ich sah, wie die Kioskfrau gerade die Tür hinten aufschloss, also dachte ich, ich warte noch einen Moment, bis sie aufmacht. Ich stand also da rum, und beobachtete zufällig, wie eine Frau aus der City Toilette neben dem Kiosk kam. Sie hat sich umgesehen, wirkte irgendwie benommen und ein bisschen weggetreten, und ich habe kurz gedacht, sie wäre ein Junkie und hätte auf der Toilette gefixt. Aber dann habe ich genauer hingesehen. Sie war bestimmt kein Junkie. Dafür sah sie einfach zu schön und zu gesund aus. Sie war in meinem Alter, vielleicht einen Tick älter, hatte tolles langes schwarzes Haar, und einen schlanken,

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