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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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groß und spitz seine Zähne waren, wie bei einem Raubtier, strahlend weiß und absolut ebenmäßig. Andere Leute hatten eine Schwäche für Lücken zwischen den Schneidezähnen oder für einen krumm gewachsenen Vierer oder einen fehlenden Eckzahn unten und ließen sich solche kleinen Makel extra herrichten. Sie behaupteten, es würde dem Gesicht Charme verleihen. Aber Charme war nicht Sriwanichpooms Stärke. «Probieren Sie doch mal die
Erdbeer- Bavaroise
», sagte er jetzt zu Finn. «Die wird mit einem ausgezeichnetem Kirschwasser gemacht.»
    Finn zögerte immer noch.
    «Bei dem Tempo können wir gleich Abendessen bestellen», sagte Doc-Doc mit seinem unterkühlten Näseln. «Henriette, bring dem jungen Mann ein Erdbeer-
Bava roise
, ein
Savarin Chantilly
, ein Café-Eclair, das
Minz- Délice
, ein   –»
    «Bitte», sagte Finn und hob protestierend die Hände. Er war schließlich durchaus in der Lage, für sich selbst zu bestellen. Nur gut, dass ein Hologramm nicht aufstehen und ihm auch noch ein Lätzchen umbinden konnte!
    Oder doch? Er hatte in Sci-Tech kaum aufgepasst, aber es schien ihm unlogisch. Ein Hologramm war lediglich eine Projektion.
    «Oh? Möchten Sie das
Minz- Délice
nicht probieren?», sagte Sriwanichpoom spitz.
    «Doch, doch, aber das reicht dann wirklich, besten Dank, Sir. Vier Törtchen sind schon mehr als genug.»
    «Sie erlauben?», fragte der Direktor und deutete auf seinen Tee.
    «Selbstverständlich.»
    Sriwanichpoom hob seine zierliche Tasse und nahm einen Schluck. Er spreizte den kleinen Finger dabei leicht ab.
    Finn nahm die tötliche Stille in dem kleinen Raum wahr.
    Sriwanichpoom hob die Kuchengabel, zielte, spießte das Orangentartelette auf, das wehrlos auf seinem Teller lag, und verschlang es mit einem Biss.
    Finn spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    Zum Glück kam jetzt Henriette mit Finns Törtchen und seinem Zimt-Zing herein.
    Sriwanichpoom betupfte sich die Lippen mit der Serviette und sah dann Finn direkt an.
    «Ja?», sagte Finn zaghaft.
    «Sie fragen sich wahrscheinlich, warum Sie hergebeten wurden. Wir haben Ihnen etwas anzubieten.»
    War dies der Moment, in dem der Direktor der Europäischen Bibliothek Finn beauftragen würde, den gesamten Bodden-Fund zu übersetzen? Ihm war schwindelig vor Aufregung, seine Kehle war vor Anspannung so trockenwie das Sandpapier in der Werkzeugkiste seiner Mutter. Er musste sich räuspern.
    «Durstig?», fragte Sriwanichpoom. «Ihr Zing?»
    «Ach so, ja», sagte Finn, der tatsächlich den Zing vor sich vergessen hatte und jetzt dankbar einen Schluck nahm. Das Getränk löschte nicht nur den Durst, sondern vertrieb auch das Schwindelgefühl. «Etwas anzubieten?», fragte Finn.
    Sriwanichpoom nickte, stach dann mit seiner Gabel in eine
Erdbeer- Bavaroise
.
    Finn nahm das zum Anlass, auch selbst eines der Küchlein zu kosten. Mit seiner Dessertgabel nahm er ein Eckchen vom
Minz- Délice
. Es war tatsächlich
délice
.
    «Ja», sagte Sriwanichpoom und betupfte sich erneut den Mund mit der Serviette. «Das Angebot. Die Europäische Bibliothek hat ein neues Spiel mitentwickelt.»
    «Ein Spiel, Sir?», fragte Finn verblüfft.
    Der Direktor beugte sich vor. Er kam Finn sehr nahe, und wenn er aus Fleisch und Blut gewesen wäre, hätte Finn sicher das Kirschwasser seiner
Erdbeer- Bavaroise
in seinem Atem riechen können.
    «Ja», begann der Direktor. «Ein Spiel. Die Europäischen Universitäten in Greifswald und in Berlin arbeiten gemeinsam schon seit geraumer Zeit an einer neuen Reihe hochaktueller Unterhaltungsformen auf Neurosimulationsebene. Sie sind für Studenten der Geschichte gedacht, oder überhaupt für alle, die sich für Geschichte interessieren, und sollen ein genaues, sinnliches Verständnis ausgesuchter historischer Epochen vermitteln. Die Benutzer werden feststellen, dass sie lebensechter, realer, überzeugender und unterhaltsamer sind als alles, was sie bisher erlebt haben.»
    Finn war verwirrt. Worauf genau wollte der Direktor hinaus?
    «Sie fragen sich vermutlich, worauf genau dieser Direktor hinauswill», sagte Sriwanichpoom.
    Da! Schon wieder hatte er seine Gedanken gelesen. Finn lächelte schwach und nahm den letzen Bissen von seinem
Minz- Délice
.
    «Wir suchen Testpersonen», fuhr der Direktor fort. «Wir suchen Leute, die überprüfen können, ob das Terrain und die Interaktionen historisch korrekt sind. Außerdem werden wir die Reaktionen der Testpersonen auf unterschiedliche Situationen und Stimuli auswerten, um

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