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Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Avery Williams
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Ich habe mich immer gefragt, woher sie wissen, dass etwas mit mir nicht stimmt.
    Der Junge zieht einmal kräftig an der Leine. »Harker! Sei still!«
    Harker jault und verstummt, aber er starrt mich immer noch unheilvoll an.
    Der Blick des Jungen trifft meinen, und er bemerkt den Rucksack über meiner Schulter. »Keine Angst, ich kann ein Geheimnis bewahren.«
    Langsam trete ich einen Schritt zurück. Eine unangenehme Pause entsteht. »Also, was machst du hier draußen?«
    Ein besorgter Ausdruck huscht über sein Gesicht. Er verbirgt etwas. Damit haben wir etwas gemeinsam.
    »Ich bin einfach gern nachts draußen«, sagt er und blickt zum Himmel empor. »Es ist ruhig, man kann die Sterne sehen, wenn kein Nebel da ist. Du weißt schon, das Übliche. Und du? Willst du abhauen?« Er nickt in Richtung meines Rucksacks.
    »Ich habe … etwas frische Luft gebraucht. Wahrscheinlich sollte ich jetzt besser wieder reingehen.« Keine Chance auf Flucht, ich werde noch eine gute Stunde warten müssen, bis der Junge daheim in seinem Bett liegt.
    »Schlafen ist eine gute Idee.« Er beugt sich nach unten, um Harker am Ohr zu kraulen, als der Hund wieder leise zu knurren anfängt. »He, wenn du morgen eine Mitfahrgelegenheit zur Schule brauchst, gib Bescheid. Ich habe gehört, dass Bryans Auto schrottreif ist.«
    Schule. Natürlich muss Kailey in die Schule gehen. Wie würden ihre Freunde ihr Verschwinden verkraften? »Äh, klar. Danke. Gute Nacht, Harker … und … äh … gute Nacht.«
    »Pass auf dich auf, Kailey«, antwortet der Junge und legt mir kurz freundschaftlich die Hand auf die Schulter.
    Durch mein Sweatshirt kann ich die Wärme seiner Handfläche spüren. Rasch drehe ich mich um und klettere zurück in Kaileys Zimmer.
    Dort lege ich mich aufs Bett auf den grünen Seidenüberwurf und starre an die Zimmerdecke, die von winzigen Sternen übersät ist, die im Dunkeln leuchten. Wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich mir vorstellen, sie wären echt, auch wenn sie keiner realen Konstellation entsprechen. Dieser Himmel ist Kaileys Schöpfung, das Universum, in dem sie geschlafen hat, die Sicherheit und Ruhe, die sie in ihrer kleinen Welt gesucht hat.
    Meine Lider werden schwer. Ich schließe sie – für einen kurzen Moment nur, verspreche ich mir – und hoffe, dass es Kailey gutgeht, wo immer sie sein mag. Vor meinem geistigen Auge sehe ich immer noch die Sterne, wie sie sich zu neuen Mustern gruppieren, wie ihr sanftes Licht auf die Erde strahlt, auf das rabenschwarze Haar des Nachbarjungen.

Kapitel 12
    D as Klappern von Geschirr und der Geruch nach Kaffee und Essen wecken mich. Rubinrotes Licht strömt durch die Spitzenvorhänge. Mit klopfendem Herzen schrecke ich hoch, in der Überzeugung, dass Cyrus mich gefunden hat. Dann sehe ich den grünen Bettüberwurf und weiß wieder, wo ich bin. Stöhnend mache ich mir Vorwürfe, dass ich die Gelegenheit wegzulaufen verschlafen habe. Es ist helllichter Tag, und die Morgans sind definitiv aufgestanden.
    Ich höre, wie sich Schritte nähern, und schon erscheint Mrs. Morgans Gesicht im Türrahmen. »Guten Morgen, mein Schatz. Wie geht es dir heute?«
    »Ähm, ganz gut«, stottere ich, dabei fühle ich mich furchtbar.
    Ich habe mich die ganze Nacht hin und her geworfen, geplagt von Alpträumen, in denen ich meine Mutter durch einen dichten Wald verfolgt habe, ihr dunkles Haar, das hinter ihr herflatterte, immer vor Augen. Cyrus konnte ich nicht sehen, aber ich wusste, dass er in der Nähe war. Kleine Pulverhäufchen explodierten um mich herum zu farbenfrohen Flammen von schwindelerregendem Violett und Rot, blassem, sternenhellem Gold und Limettengrün, und dazu drang Cyrus’ Stimme durch die Bäume: Sera, ich habe dir doch gesagt, dass der Tod nur eine Illusion ist. Als ich meine Mutter endlich eingeholt hatte, verfärbte sich ihr Haar zu einem gleißenden Blond, und Cyrus’ Stimme ertönte aus ihrem Mund. Ich bin hinter dir her, knurrte er.
    Mrs. Morgan setzt sich auf das Bett und betrachtet mich besorgt. Jetzt erst fällt mir auf, dass ich in Jeans und Sweatshirt eingeschlafen bin.
    »Du solltest heute nicht zur Schule gehen«, sagt sie entschieden. »Ich werde hier bei dir bleiben.«
    Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Wahrscheinlich wäre Kailey sehr erfreut gewesen, zu Hause bleiben zu dürfen, aber die Vorstellung, den ganzen Tag mit der Mutter des Mädchens zu verbringen, das ich umgebracht habe, bereitet mir Übelkeit. Ich muss dringend zu den

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