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Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer

Titel: Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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fröhlichen Engländers auf dem Nachhauseweg vom Pub. Doch da er nicht wabert, verblasst und wieder deutlicher wird, weiß ich, dass er echt ist. Vielleicht lebendig, vielleicht tot - das kann man nicht genau wissen, aber definitiv real. »Nach denen suchst du doch, nich’ wahr?«
    Ich nicke meinerseits, obwohl ich mir nicht sicher bin. Habe ich nach ihnen gesucht? Bin ich deswegen hier? Ich werfe dem Mann einen raschen Blick zu und fahre zusammen, als er mich so seltsam ansieht, dass ich unwillkürlich nervös
kichere. Dann räuspere ich mich und versuche, mich zusammenzureißen. »Es tut mir leid zu hören, dass sie nicht da sind; ich habe gehofft, ich könnte sie treffen.«
    Er nickt wieder, nickt, als verstünde er vollkommen und hätte Mitleid mit meiner misslichen Lage. Mit beiden Händen stützt er sich auf seinen Stock und sagt: »Meine Frau und ich, wir ha’m die beiden wirklich lieb gewonnen, wo wir doch alle so um dieselbe Zeit hier angekomm’ sind. Worüber wir uns nich’ klar werden könn’, is’, ob sie schließlich beschlossen haben, über die Brücke zu geh’n und fertig oder ob sie wieder zurück nach Hause sind. Was meinst du?«
    Ich presse die Lippen zusammen und zucke die Achseln; ich will mir nicht anmerken lasse, dass ich die Antwort auf diese Frage bereits kenne. Und ich bin erleichtert, dass er nicht weiterbohrt, sondern nur nickt und ebenfalls die Schultern zuckt.
    »Meine Frau schwört, dass sie über die Brücke sind, sagt, die beiden Kleinen hätten’s sattgehabt, auf das zu warten, worauf sie eben gewartet ha’m. Aber ich bin da anderer Meinung. Rayne wär’ vielleicht gegangen, aber ihre Schwester hätte sie nie dazu überreden könn’, Romy, die is’ stur wie nur was.«
    Ich blinzele und bin sicher, dass ich ihn falsch verstanden habe. Kopfschüttelnd sage ich: »Augenblick - Sie meinen, Rayne ist der Sturkopf, nicht wahr? Romy ist doch die Sanfte.«
    Ich nicke und erwarte, dass er es mir gleichtut, doch er sieht mich nur wieder mit demselben komischen Blick an und bohrt seinen Stock noch tiefer in den Boden. »Hab gemeint, was ich gesagt hab. Also, schön’ Tag noch, Miss.«
    Ich stehe da und sehe zu, wie er davongeht, den Kopf erhoben, den Rücken gestreckt, mit fröhlich schwingendem
Stock, und kann es kaum fassen, dass er beschlossen hat, es dabei bewenden zu lassen. Ich überlege, ob meine Frage ihn irgendwie gekränkt hat.
    Ich meine, er ist ja wirklich ziemlich alt, und die Zwillinge gleichen sich wirklich wie ein Ei dem anderen, oder zumindest war das so, als sie hier gelebt und jeden Tag ihre Schuluniformen getragen haben. Und ich kann mir nur vage vorstellen, wie sie sich angezogen haben, bevor Riley sie in die Finger bekommen hat. Doch irgendetwas an der Art, wie er das gesagt hat, so sicher, so überzeugt - unwillkürlich frage ich mich, ob ich mich vielleicht irre. Oder ob die fiese, zickige, unfreundliche Seite von Rayne ausschließlich für mich reserviert ist.
    »Sir«, rufe ich, und hoffe, er kann mich hören, ehe er zu weit weg ist, »äh … Entschuldigung …, aber haben Sie etwas dagegen, wenn ich mal reingehe und mich umsehe? Ich bringe auch bestimmt nichts durcheinander, ich verspreche es.«
    Er dreht sich um und winkt vergnügt mit seinem Stock. »Nur zu. Da drin is’ nichts, was man nich’ ersetzen könnt’.«
    Damit dreht er sich um und setzt seinen Weg fort, während ich die Tür aufdrücke und eintrete. Mein Fuß trifft auf einen simplen roten Flickenteppich, der das Knarren meines Gewichts auf dem alten Dielenboden dämpft. Ich halte lange genug inne, dass sich meine Augen an das trübe Licht gewöhnen können, während ich in einen großen, viereckigen Raum schaue, in dem ein paar Stühle mit gerader Lehne stehen, die ziemlich unbequem aussehen. Außerdem ein mittelgroßer Tisch und ein großer hölzerner Schaukelstuhl neben einem Kamin voller Asche von einem Feuer, das vor Kurzem hier gebrannt hat. Mir ist klar, dass ich soeben in eine exakte Replik jener Welt getreten bin,
aus der Romy und Rayne 1692 geflohen sind, nur um sie hier neu zu erschaffen - natürlich ohne die Heuchelei, die Lügen und die unverhohlene Grausamkeit.
    Ich gehe durch das Zimmer und betrachte die schweren Holzbalken an der Decke während meine Finger über die schmucklosen Wände streichen. Über den Tisch, auf dem sich Bücher stapeln, neben einem Sammelsurium von Kerzen und Öllampen, die Licht zum Lesen spenden sollen. Und ich werde dieses verstohlene,

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