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Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Titel: Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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pflegen und sowohl mental als auch körperlich stark bleiben, was bedeutet, dass ich nicht das Risiko auf mich nehmen kann, meine Seele noch ein weiteres Halbahr mit grässlich grotesken Strichmännchen zu quälen. Und, was ist dein nächstes Projekt? Ein neuer Picasso – oder deine eigene Version von van Gogh?
    Er schnaubt. Impressionismus ist ja so was von überholt. Ich hab mir gedacht, ich mach jetzt wirklich mal was Ambitioniertes und entwerfe vielleicht eine Art Wandgemälde. Oder bilde die
Sixtinische Kapelle nach. Du weißt schon, bemale Wände und Decken und peppe das Klassenzimmer ein bisschen auf – was hältst du davon?
    Ich finde, das wäre eine tolle Methode, um möglichst unauffällig im Hintergrund zu bleiben, wie du es ja die ganze Zeit vorhast! Ich lache, ohne mir bewusst zu sein, dass ich tatsächlich laut gelacht habe, bis mich Stacia Miller anfunkelt, die Augen verdreht und kaum hörbar »Looo-ser!« singt.
    Ich logge mich augenblicklich aus. Denn wenn ich aus Mr. Bordens Miene irgendetwas schließen darf, dann, dass ich mich gerade unabsichtlich selbst auf seine Beobachtungsliste gesetzt habe. In den ersten fünf Minuten des ersten Schultags habe ich mich gleich als eine der besonders undankbaren Problemschülerinnen geoutet.
    »Ist irgendetwas lustig, Miss …« Er beugt den Kopf, um auf den Sitzplan zu schauen, den er gerade anfertigt. »… Bloom? Etwas, das Sie mit dem Rest der Klasse teilen möchten?«
    Hastig und verstohlen atme ich ein und schüttele den Kopf. Ich ignoriere Stacias gehässigen Blick, Honors amüsiertes Stirnrunzeln und die gelangweilten Seufzer vom Rest meiner Klassenkameraden, die meiner stets peinlichen Auftritte längst überdrüssig sind.
    Ich schlage mein neues Lehrbuch auf und fasse in die Tasche, um Stift und Papier herauszuholen, nur um festzustellen, dass sie bis oben hin voll mit Tulpen ist. Wie ein Liebesbrief von Damen dienen diese roten, wachsartigen Blütenblätter als Ermunterung dafür, durchzuhalten, indem er verspricht, das egal was auch geschieht, unsere unsterbliche Liebe das einzig Wahre ist – das Einzige, was inmitten von allem anderen wirklich zählt.
    Ich fahre mit dem Finger einen Stängel entlang und
schicke ihm ein stilles Dankeschön, ehe ich die Sachen manifestiere, die ich benötige. Dann schließe ich die Tasche wieder, sicher, dass niemand etwas bemerkt hat, bis ich sehe, wie Honor mich aufmerksam beäugt, genau wie damals an diesem Tag am Strand.
    Ein von tiefer Erkenntnis geprägter Blick, der mich mit der Frage zurücklässt, wie viel sie über mich weiß.
    Gerade will ich weiterbohren, mich genauer in ihrem Geist umsehen und der Sache auf den Grund gehen, als sie sich abwendet und Mr. Borden mich zum Lesen auffordert. Und schon schlüpfe ich in die Rolle der ehrgeizigen Schülerin, die versucht, sich am ersten Tag zu orientieren.
     
    »Hey, Ever, warte mal!«
    Der Ruf kommt von hinten, doch ich gehe einfach weiter und folge meinem ersten Instinkt und reagiere nicht.
    Aber als sie noch mal ruft, bleibe ich stehen und drehe mich um. Es wundert mich nicht im Geringsten, dass Honor mir nachläuft, obwohl es immer wieder seltsam ist, sie allein zu sehen, ohne Stacia. Als würde ihr plötzlich ein Arm oder ein Bein fehlen oder irgendein anderer unverzichtbarer Teil ihrer Person.
    »Sie ist auf der Toilette«, erklärt sie, während sie mit ihren braunen Augen meine Miene erforscht und die Frage beantwortet, die darauf geschrieben steht. »Entweder frischt sie ihr Make-up auf, erbricht den Frucht-Smoothie, den sie zum Lunch geschlabbert hat, oder denkt sich neue Methoden aus, um das Cheerleader-Team zu erpressen – oder, Mann, wer weiß, vielleicht auch alles drei.« Achselzuckend umfasst sie einen Stapel Bücher in ihren Armen fester und mustert mich gelassen von meinem blonden Schopf bis zu den pinkfarben lackierten Zehen.

    »Da drängt sich mir doch die Frage auf, warum du mich überhaupt ansprichst«, sage ich und tue das Gleiche. Ich betrachte ihr langes, dunkles Haar mit den erst jüngst erworbenen roten Strähnchen, ihre schwarzen Jeansleggings, die kniehohen schwarzen Stiefel mit den flachen Absätzen und die dünne Strickjacke, die eng an dem Tanktop anliegt, das sie darunter trägt. »Ich meine, wenn du sie so hasst, warum machst du dir den ganzen Stress? Warum lässt du nicht einfach los und lebst dein Leben weiter?«
    »Also kannst du tatsächlich meine Gedanken lesen.« Sie lächelt und spricht mit so sanfter und leiser

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