Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Titel: Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
Vom Netzwerk:
herum, muss ich denken: O Gott, nicht schon wieder.
    Die Farben seiner Aura sind ziemlich weit unten am Spektrum des Aurenregenbogens angesiedelt; nur Schwarz, die Farbe des unmittelbar bevorstehenden Todes, könnte noch schlimmer sein.
    »Jude?«, flüstere ich so leise, dass es fast unhörbar ist. »Jude – was ist los?«
    Er hebt den Kopf so plötzlich, ist von meinem Erscheinen dermaßen erschrocken, dass er seinen Kaffee umkippt. Eine milchig-braune Lache läuft über den Schreibtisch, rinnt über die Kante und tropft auf den Boden, ehe er sie mit dem langen, leicht ausgefransten Ärmel seines weißen T-Shirts stoppt, sodass die Flüssigkeit sich im Stoff ausbreitet und einen großen Fleck hinterlässt.
    Einen Fleck, der mich an etwas erinnert …
    »Ever, ich …« Er fährt sich mit den Fingern durch die dichten, goldbraunen Dreadlocks und blinzelt ein paar Mal. »Ich hab dich nicht reinkommen hören – du hast mich erschreckt, und …« Er atmet tief auf, blickt auf den Schreibtisch und wischt den restlichen Kaffee mit dem Ärmel auf. Als er meine fassungslos aufgerissenen Augen sieht, sagt er: »Glaub mir, das ist kein Problem. Ich kann es waschen, wegwerfen oder mit ins Sommerland nehmen, wo es wieder
sauber wird.« Er zuckt die Achseln. »Ein versautes T-Shirt ist im Moment noch die geringste meiner Sorgen …«
    Ich setze mich auf den Stuhl ihm gegenüber, nach wie vor erschüttert von dem Fleck und der neuen Idee, auf die ich dadurch gekommen bin. Kaum zu glauben, dass ich mit meinem Training und Haven und dem ganzen Drama, das sie produziert hat, dermaßen beschäftigt war, dass ich bis jetzt gar nicht daran gedacht habe.
    »Was ist denn passiert?«, frage ich und zwinge mich, nicht mehr daran, sondern an ihn zu denken, wobei ich mir allerdings vornehme, bald wieder darauf zurückzukommen.
    Ich spüre, dass etwas Schreckliches geschehen ist, und nehme an, dass es sich um weitere Drohungen von Haven handelt. »Lina ist tot«, sagt er dann auf einmal. Die Worte sind einfach und ungeschönt, doch ihre Bedeutung ist klar.
    Ich sehe ihn mit großen Augen und offenem Mund an; mir fehlen die Worte.
    »Sie hatte in Guatemala einen Autounfall, auf dem Weg zum Flughafen. Sie hat nicht überlebt.«
    »Bist du … sicher?«, frage ich und bedauere meine Worte auf der Stelle. Es war eine dumme Frage, da doch ganz offensichtlich ist, dass er sicher ist. Aber das ist es eben, was schlechte Nachrichten auslösen – sie führen zu sinnlosem Leugnen und Zweifeln und lassen einen an Orten nach Hoffnung suchen, wo garantiert keine zu finden ist.
    »Ja, ich bin sicher.« Er wischt sich mit dem trockenen Ärmel die Augen, in denen die Trauer geschrieben steht. »Ich hab sie gesehen.« Er blickt auf. »Wir hatten eine Abmachung, weißt du? Wir haben einander versprochen, dass derjenige, der zuerst geht, beim anderen vorbeischaut und es ihm sagt. Und sowie sie mir erschienen ist …« Er stockt, seine Stimme ist müde und heiser, und er muss sich
räuspern, bevor er weitersprechen kann. »Tja, sie hat so geleuchtet und so … strahlend … ausgesehen, dass ein Irrtum ausgeschlossen ist. Ich wusste, dass sie hinübergegangen ist.«
    »Hat sie etwas gesagt?«, frage ich, da ich wissen will, ob sie die Brücke überquert hat oder im Sommerland geblieben ist, da Jude im Gegensatz zu mir mit Geistern in all ihren Formen kommunizieren kann.
    Er nickt, und seine Miene hellt sich etwas auf. »Sie hat gesagt, sie sei jetzt zuhause . So hat sie es genannt, zuhause. Sie meinte, es gebe so viel zu sehen, so viel zu erklären, und dass es sogar noch schöner sei als das Sommerland, von dem ich ihr erzählt habe. Und dann, ehe sie gegangen ist, hat sie gesagt, sie würde auf mich warten, wenn ich an der Reihe sei – aber ich solle mich bloß nicht damit beeilen.«
    Er lacht, als er es sagt – na ja, so gut man eben lachen kann, wenn man von Kummer überwältigt ist. Schwer schluckend sehe ich auf meine Knie herab und ziehe an meinem Kleidersaum, bis der Stoff über die Knie reicht. Ich muss daran denken, wie ich Riley in meinem Krankenzimmer gesehen habe und es mir so traumhaft und unwirklich erschien, dass ich mir beinahe selbst eingeredet hätte, es mir nur eingebildet zu haben. Doch dann ist es wieder passiert und wieder und zwar so oft, bis ich sie dazu überreden konnte, die Brücke zur anderen Seite zu überqueren, woraufhin sie für mich leider für immer unsichtbar geworden ist. Womit Jude meine einzige Verbindung zu ihr

Weitere Kostenlose Bücher