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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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praktisch jeden Tag um ihre Finger- und Zehennägel gekümmert hatte. »Patrice wäre stolz darauf, wenn sie mich so sehen könnte.«
    »Du solltest ihr schreiben und ihr davon erzählen.« Moms Worte klangen genuschelt, denn sie sprach, obwohl sie eine Reihe von Haarnadeln zwischen ihren Lippen hatte. »Ich wette, sie würde sich freuen, von dir zu hören.«
    »Vielleicht.« Ich bezweifelte, dass Patrice allzu viel Zeit damit zubrachte, über irgendjemanden als sich selbst nachzudenken. Trotzdem schuldete ich ihr zumindest eine Postkarte.
    »Ich dachte, du würdest etwas mehr aus deinem Schneckenhaus herauskommen«, sagte Mom, während sie eine weitere Nadel in den Haaransatz an meinem Nacken schob. »Mehr mit deinesgleichen sprechen. Ich meine jetzt, wo du und Balthazar ein Paar seid.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte ich. »Aber es ist immer noch komisch für mich. Er ist so viel älter als ich.« Das war eine Untertreibung, wenn ich daran dachte, was mir beim Erntedankessen aufgefallen war.
    Sie zuckte die Schultern. »Dein Vater hat mir beinahe sechs Jahrhunderte voraus. Vertrau mir, nach den ersten hundert Jahren ist uns das gar nicht mehr aufgefallen.«
    Bei Mom und Dad schien es so leicht, diesen Altersunterschied zu überbrücken; sie hatten sich daran gewöhnt, dass er keine Rolle für sie spielte. Und erst jetzt, wo ich mehr Zeit mit Balthazar verbrachte, stellte ich fest, dass diese Jahre doch einen Unterschied machten. »Es gibt mir trotzdem zu denken.«
    »Ich weiß. Aber du musst langsam anfangen, auf lange Sicht zu planen, so wie es alle Vampire tun, wenn sie klug sind. Das ist etwas, was dir Balthazar beibringen kann, ganz im Gegensatz zu Lucas.«
    Mein Körper verkrampfte sich, und ich spürte, wie ihre Hände in meinen Haaren innehielten. Wir bewegten uns nun auf dünnem Eis, und das wussten wir beide. Meine Eltern und ich unterhielten uns über praktisch alles, außer über Lucas.
    »Ich bin nicht mit Balthazar zusammen, weil es eine prima Gelegenheit ist, etwas zu lernen«, sagte ich leise. »Und ich war auch nicht mit Lucas zusammen, weil ich rebellieren wollte.«
    »Aber Schatz, das haben wir auch nie geglaubt. Wir haben dich nie für das verantwortlich gemacht, was mit diesem Jungen passiert ist. Das weißt du doch, oder?«
    Ich hatte mich nicht umgedreht, um sie anzusehen. Irgendwie war es leichter, dieses Gespräch zu führen, während wir uns nicht face to face gegenübersaßen. »Ich weiß.«
    Sie schien mir noch nervöser als ich zu sein. »Bianca. Da gibt es noch ein Thema, das wir heute Abend besprechen sollten.«
    »Wie bitte?« Hatte sie erraten, dass ich wegen Lucas ein Geheimnis hatte? Vielleicht sogar, dass ich mich heimlich davonstahl, um ihn zu treffen?
    In den wenigen Sekunden, ehe sie weiterredete, ging ich ungefähr ein Dutzend verschiedene Möglichkeiten durch. Mom setzte wieder an: »Müssen wir beide uns über Sex unterhalten?«
    Du gute Güte!
    »Ich weiß, dass du mit den Tatsachen des Lebens vertraut bist«, fuhr Mom fort, obwohl ich mir sicher war, dass mein ganzer Körper vor Verlegenheit knallrot geworden war. »Aber wenn man dann jemandem sehr nahesteht, vor allem jemandem, der so viel erfahrener als man selbst ist, wird alles plötzlich sehr viel realer. Vielleicht hast du ein paar Fragen.«
    »Es ist noch ein bisschen früh, um über so etwas nachzudenken«, sagte ich hastig. Informationen dieser Art von meiner Mom waren so ziemlich das Letzte, was ich im Augenblick hören wollte. »Wir fangen doch gerade erst an, miteinander auszugehen.«
    »Na, wenn du das sagst.« Sie klang amüsiert, aber sie klopfte mir auf die Schulter und sprach das Thema glücklicherweise kein zweites Mal an, während wir fortfuhren, mich für den Herbstball fertig zu machen.
     
    Gerade war ich in meine silberfarbenen, spitzen Schuhe geschlüpft, als wir ein Pochen an der Tür hörten, und schon begrüßten mein Vater und Balthazar sich mit lautem Hallo und Rückenklopfen - ein Verhalten, das die beiden erst seit Kurzem an den Tag legten. Im letzten Jahr war es zwischen Dad und Lucas genauso gewesen; vielleicht mussten sich Männer ein bisschen aufplustern, wenn es darum ging, den Liebsten ihrer Tochter zu begrüßen - oder den Vater ihrer Verabredung. Mom wischte mir etwas verschmierte Wimperntusche von der Wange und umarmte mich. »Jetzt geh raus und zeig es allen!«
    Als ich ins Wohnzimmer kam, wurden Dad und Balthazar still. Dad lächelte und wippte auf den Fußballen, ganz

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