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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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er niemals ohne guten Grund gegen einen Vampir kämpfen würde. Die übrigen Menschen in diesem Raum jedoch glaubten, dass alle Vampire das pure Böse waren und man sie sofort und ohne Fragen zu stellen töten musste, sobald man sie entdeckt hatte.
    Nicht, dass die Jäger vom Schwarzen Kreuz nichts über Vampire wussten, ganz im Gegenteil. Sie hatten so viel in Erfahrung gebracht, dass ich entsetzt war. Sie wussten nicht nur von der Evernight-Akademie, sondern auch von anderen Vampir-Zufluchtsstätten rund um die Welt. Sie wussten, wie empfindlich wir auf Kirchen und geweihten Boden, gleich welcher Glaubensrichtung, reagierten. Sie waren sogar mit Einzelheiten vertraut, die viele Vampire für Legenden hielten – zum Beispiel, dass uns Weihwasser verbrannte. Es muss gesagt werden, dass die meisten Vampire, die man mit Weihwasser in Berührung gebracht hatte, ohne jeden Schaden davongekommen waren. Es hatte sich herausgestellt, dass der Grund dafür ein ganz simpler war: Die meisten heiligen Männer waren nicht gottesfürchtig genug, um das Wasser tatsächlich zu verwandeln. Aber das Schwarze Kreuz hatte wahre Gläubige gefunden, die wirkliches Weihwasser herstellen konnten, welches die Haut der Vampire wie Säure verätzte.
     
    Doch so viele Fakten das Schwarze Kreuz auch zusammengetragen hatte – es war auch eine ebenso große Zahl an Fehlinformationen dabei. Sie glaubten, dass alle Vampire böse seien. Sie glaubten, dass sich alle Vampire zu gewalttätigen, marodierenden Banden zusammengetan hätten. Obwohl es tatsächlich Clans gab, hatte sich nur eine Minderheit der Vampire jemals einem Clan angeschlossen. Die Jäger glaubten, dass unser Gewissen mit unserem Körper sterben würde. Deshalb hatten sie auch keine Probleme mit der Vorstellung, uns auszulöschen.
    Es war mehr als seltsam, sie beim Üben zu beobachten: Mit Pflöcken stachen sie aus verschiedenen Winkeln und mit verschiedenen Griffen auf Strohpuppen ein.
    Noch merkwürdiger war es für mich, die Bewegungen selber auszuprobieren. Ich versuchte, mir vorzustellen, dass meine Angreiferin Charity wäre – dass sie noch einmal auf Lucas losginge und ich als Einzige in der Lage wäre, sie aufzuhalten – , und dann konnte ich meinen Pflock geradewegs in mein Ziel rammen, was mir eine Wolke Sägespäne und Applaus von den anderen Jägern einbrachte. Aber das machte es nicht weniger gruselig.
     
    Der beste Teil des Tages war der Abend, kurz bevor die Patrouille aufbrach, denn dann lernte ich, wie man Waffen lud und reparierte. Und es war die einzige Zeit, die ich mit Lucas zusammen verbringen konnte.
    »Es ist, als wären wir Gefangene«, flüsterte ich, als er mir zeigte, wie ich eine Armbrust nachladen konnte. »Kommst du wenigstens mal raus?«
    »Nur, um auf Streife zu gehen.« Lucas reichte mir die Armbrust, sodass ich mein Glück selber versuchen konnte. Nachdem er sich kurz im Raum umgesehen und sich vergewissert hatte, dass uns niemand belauschte, fragte er: »Bist du in Ordnung? Ich meine, was das Essen angeht?«
    »Ich könnte eine richtige, große Mahlzeit vertragen – eigentlich brauche ich ganz dringend eine –, aber ich halte es schon aus.«
    »Wie schaffst du das?«
    Ich seufzte. »Manchmal in den Pausen lassen sie uns auf dem Dach des Parkhauses rumhängen. Und an den meisten Tagen gelingt es mir, ein paar Minuten allein dort oben zu sein.«
    Lucas verstand nicht. »Und?«
    »Alles, was ich sage, ist, dass es tonnenweise Tauben in New York gibt, und die sind nicht besonders schnell. Kapiert?«
    Lucas schnitt eine Grimasse, aber auf eine Art und Weise, die seinen Ekel ins Lächerliche zog, und ich musste kichern. Das Lachen hallte von der gewölbten Decke des Tunnels zurück. Lucas’ Gesichtsausdruck wurde weicher. »Da ist ja dieses Lächeln wieder. Gott, ich habe es so vermisst, dich fröhlich zu sehen.«
    »Und ich vermisse dich genauso.« Ich legte meine Hand auf seine, sodass unsere beiden Hände ineinander verschränkt auf der Armbrust ruhten. »Ich sehe dich jetzt noch seltener als zu der Zeit, als wir nicht zusammen sein durften. Wie lange müssen wir das denn noch aushalten?«
    »Ich arbeite daran, versprochen. Es ist schwer, an Geld zu kommen, aber ich habe in den letzten paar Monaten ein bisschen was zurücklegen können. Nicht genug, dass es für den Start reichen würde, aber ich bin nahe dran. Wenn ich meine Schuldigkeit beim Schwarzen Kreuz getan und ein bisschen mehr Freizeit habe, kann ich mir in der Stadt Arbeit suchen.

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