Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
eine Zeit lang aufteilen – es gibt keinen anderen Ort, an dem wir alle zusammen Platz finden würden. Die Blutsauger haben zwar nicht viele von uns erledigt, aber sie haben, verflucht noch mal, dafür gesorgt, dass wir eine Weile vereinzelt und geschwächt sein werden.«
»Ich komme mit«, sagte ich. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Mehr als alles in der Welt wollte ich mich mit Lucas besprechen, aber ich konnte ihn und Kate jetzt nicht stören. Wenn ich wenigstens dafür sorgte, dass wir an dem gleichen Ort Unterschlupf fänden, an den sie Balthazar verfrachteten, dann würden wir später noch etwas unternehmen können.
Dana nickte. »Wie du willst. Normalerweise hätte ich gerne stärkere Unterstützung, wenn ich einen Vampir transportiere. Sei nicht böse, Bianca, aber du weißt ja, dass du immer noch ein Neuling bist …«
»Wir wollen uns nicht streiten.«
»… aber unser hübscher Junge hier scheint noch eine ganze Weile zu schlafen.«
Wer konnte gleichzeitig sehen, wie schön Balthazar war, und nicht begreifen, dass er eine Person und kein Monster war?
Vielleicht spürte Dana in gewisser Weise meine Gefühle, denn sie murmelte: »Diesen Teil hasse ich immer.«
Als ich mich auf den Reservesitz des Busses setzte – alter, aufgeplatzter Kunststoff, der mit Klebeband geflickt worden war –, fühlte ich mich schmutziger als jemals vorher in meinem Leben. Es waren nicht nur der Schweiß und der Staub, die dick auf meiner Haut klebten, es war die Tatsache, dass ich dabei half, einen meiner besten Freunde wegzuschaffen und möglicherweise dem Tod auszuliefern.
Das neue Versteck lag unten beim Fluss auf der anderen Seite von Manhattan. In der Nähe gab es einen Beladehafen, und Zugschiffe und Barken machten hier halt, um scheinbar unablässig blaue und grüne Kisten zu löschen. Ich hatte Ufer immer für friedliche Orte gehalten, aber hier bestand alles nur aus Beton und Tauen. Schiffssignale und das metallische Kreischen der Ladekräne erstickten die leiseren Geräusche des Wassers.
Dana stand schweigend neben mir, und gemeinsam sahen wir zu, wie Milos und ein paar andere Jäger den ohnmächtigen Balthazar in etwas hineinzogen, das wie eine verlassene Hafenstation aussah. Eine Sekunde lang verspürte ich den übermächtigen Drang, möglichst weit davonzulaufen und darauf zu vertrauen, dass Lucas mich finden würde. Aber dann würde der Feigling in mir gewinnen. Ich hatte schon zu lange tatenlos darauf gewartet, dass sich die Dinge noch änderten. Um Balthazars und auch um meinetwillen wurde es nun Zeit, stark zu sein.
Also ging ich in das Gebäude hinein, um zu sehen, womit wir es zu tun hatten. Dana kam mir nicht nach. Sie blieb zurück und trommelte mit den Händen auf die Haube des Busses, während sie entschlossen aufs Wasser hinausstarrte.
Das Gebäude – es war tatsächlich eine Hafenwache – schien aus nur einem Raum zu bestehen, der recht klein war. Zum Wasser hin gab es einen höhergelegten Teil, und weiter hinten öffnete sich eine Vertiefung, die augenscheinlich für Lagerzwecke genutzt worden war. Die Wände und der Fußboden waren aus Beton, und der Boden war so alt und häufig betreten worden, dass er abgewetzt und zu einem trüben Braun verfärbt war.
Balthazar sackte zu Boden. Milos machte sich an den Ketten um seine Handgelenke zu schaffen, und schon waren Balthazars Arme frei. Eine Sekunde lang schöpfte ich Hoffnung. Wenn sie vorhatten, ihn zu töten, dann hätten sie das doch bestimmt schon erledigt, oder nicht?
Sie hätten Balthazar während der Schlacht töten können, und ich hätte es nie erfahren .
Entsetzen überfiel mich bei diesem Gedanken, wurde aber gleich von Furcht verdrängt. Milos machte es Balthazar nicht angenehmer; er legte Handschellen um eines seiner Handgelenke. Während ich angewidert zusah, schloss er die andere Schelle um das Metallgeländer, das rings um den Lagerraum verlief. Dann tat er das Gleiche mit Balthazars anderem Handgelenk, sodass dieser mit den Armen über dem Kopf dasaß. Er war schlaff nach vorne gesackt, aber sein Körper zuckte leicht.
»Er wacht auf«, sagte einer der Jäger.
Milos ging zu einem Eimer, der offenbar in der Nähe unter ein Loch im Dach gestellt worden war und hinabtropfendes Wasser aufgefangen hatte.
»Wie wäre es, wenn wir ihm damit ein bisschen helfen?« Und damit schüttete er mit einem Schwall Balthazar das Wasser ins Gesicht.
Der Inhalt des Eimers traf ihn und den Beton mit einem lauten,
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