Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
Vom Netzwerk:
aufzuspüren.«
    »Ich bin in Sicherheit, solange mein Bodyguard bei mir ist«, antwortete ich scherzhaft und piekste Lucas mit dem Finger in seinen festen Bizeps. Lucas hatte wegen der erstickenden Sommerhitze im Tunnel sein Hemd ausgezogen. Früher hatten Ventilatoren den Ort bewohnbar gemacht; nun herrschten hier beinahe vierzig Grad, und die Luft war so feucht, dass sich das Gehen fast wie Schwimmen anfühlte.
    Lucas küsste mich, und es war eine beiläufige, sexy Art von Kuss, die uns beide heiß aufeinander gemacht hätte, wenn die Umgebung ein bisschen weniger staubig gewesen wäre. »Wir müssen wirklich einen Weg finden, mehr Zeit miteinander zu verbringen.«
    »Es dauert nicht mehr lange, dann sind wir immer nur zu zweit.« Ich legte ihm meine Hände auf die nackte Brust. Schüchtern fügte ich hinzu: »Aber ich kann nicht mehr warten. «
    Sein Blick suchte den meinen, aufgeregt und fragend. Lucas’ Stimme war tief und wunderbar rau, als er sagte: »Wofür auch immer du bereit bist – wann auch immer du bereit bist – ich würde dich nie drängen, das weißt du …«
    Wieder küsste ich ihn, und dieses Mal benebelte mir der Kuss den Kopf. Mir war schwindelig, und ich hauchte: »Ich will bei dir sein. Ganz und gar.«
    Lucas beugte sich noch einmal über mich, aber das Schwindelgefühl wurde stärker. Das konnte nicht nur am Kuss liegen. Verlegen lachte ich und streckte eine Hand aus, die Lucas ergriff, während er mich langsam in eine sitzende Position auf den Boden sinken ließ. »Ich habe dir ja gesagt, dass du bleich aussiehst. Bianca, bist du sicher, dass du dich gut fühlst?«
    »Es ist wirklich heiß hier unten«, gab ich zu. »Und außerdem bin ich ganz schön hungrig.«
    »Wir können jederzeit verschwinden, weißt du? Sie werden hier noch monatelang aufräumen. Es ist eigentlich ganz egal, wie viel wir an einem Tag schaffen.«
    »Es gibt Dinge, die ich herausfinden will.« Ich strich mir die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn, während ich Lucas ansah. Wieder einmal bemerkte ich, dass ich mir seines Herzschlags und des Pulses unmittelbar unter seiner Haut überdeutlich bewusst war. »Ich könnte etwas zu trinken gebrauchen. «
    »Du meinst Blut?«
    Ich sah mich um, obwohl es nur aus Gewohnheit geschah; wir waren allein im Tunnel und konnten offen sprechen. »Ja.«
    »Dann werde ich dir Blut geben.«
    »Nicht dein eigenes«, sagte ich scharf.
    Lucas schüttelte den Kopf. »Na ja, hier gibt es ein Krankenhaus ganz in der Nähe. Ich könnte ja mal bei der Blutbank vorbeischauen und bei der Gelegenheit auch gleich ein bisschen kaltes Wasser mitbringen.«
    »Das klingt fantastisch.«
     
    Als er hinauf zur Straße verschwunden war, lehnte ich mich minutenlang mit dem Rücken gegen die Wand. Den ganzen Tag lang hatte ich mir einzureden versucht, dass mir flau war, weil ich hungrig auf frisches Blut war und weil der gestrige Tag so beängstigend gewesen war. Da schien es doch ganz natürlich zu sein, dass ich mich jetzt schwach fühlte, wo wir so hart in der brütenden Hitze arbeiteten, oder?
    Aber mir kam es so vor, als ob die Schwäche tiefer ging, beinahe so, als ob ich mir einen Virus eingefangen hätte. Ich wurde so selten krank, dass ich mir gar nicht sicher war, ob ich die Symptome richtig deutete. Wahrscheinlich war es nur eine lästige Sommergrippe, die man sich an jedem schlechten Tag einfangen konnte.
    Seufzend rappelte ich mich auf. Wenn ich mich sowieso mies fühlte, dann konnte ich mich auch genauso gut nützlich machen.
    Ich betrat den alten Waggon und schaltete die Taschenlampe ein. Betonbrocken und Glas waren überall auf dem Boden verstreut, und im Innern war praktisch alles von dichtem, schmierigem Staub überzogen. Aber als ich eine gekritzelte Bleistiftzeichnung an einer Wand kleben sah, lächelte ich. Die Arbeit stammte von Raquel, was bedeutete, dass dies unser altes Quartier war.
    Eifrig begann ich, den Schutt unter der Sitzbank, die mir als Pritsche gedient hatte, wegzuschaufeln. Ich durchwühlte die klebrigen Deckenreste, und als sich meine Finger um ein Stück Stoff schlossen, zog ich kräftig daran, bis sich meine Tasche aus dem Geröll löste. Die wenigen Kleidungsstücke, die ich noch besessen hatte, waren vermutlich ruiniert, aber vielleicht, ganz vielleicht …
    Ja! Ich zog die Brosche aus Jetstein hervor, die mir Lucas bei unserer ersten Verabredung geschenkt hatte. Auch wenn die glänzende Oberfläche voller Staub war, schienen die feinen Windungen unbeschädigt.

Weitere Kostenlose Bücher