Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
überrascht an. »Worauf habe ich mich da nur eingelassen?«
»Auf etwas Gutes.«
»Das weiß ich.« Lucas küsste meine Hand. »Aber ich meinte, dass ich weiß, was wir tun können, um an Geld zu kommen und einen Platz für uns zu finden. Es bedeutet zwar, dass wir schon wieder Hilfe annehmen müssen, was mir gar nicht gefällt, aber ich denke, dass wir das besser tun sollten. Ansonsten würden wir das Geld, das uns Balthazar gegeben hat, innerhalb von einer Woche fürs Hotel ausgeben. «
Ich hatte keine Probleme damit, um Hilfe zu bitten. Wir brauchten sie schließlich wirklich dringend. »Du hast einen Freund in Philadelphia?«
»Du auch. Denk mal darüber nach.«
Und kaum tat ich das, da stieg vor meinem geistigen Auge das Bild einer Phillies-Baseballkappe auf, die auf sandfarbenem Haar saß. Ein breites Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. »Vic!«
Lucas rief Vic an und verabredete ein Treffen in einem ebenfalls im Zentrum gelegenen Schnellrestaurant. Hand in Hand liefen wir dorthin, ich in meinem neuen, grünen Kleid. Ich bildete mir ein, dass die Leute mich jetzt mit anderen Augen ansahen, dass sie es auf irgendeine Weise wussten, aber vermutlich ging mit mir einfach nur die Fantasie durch. Ich fühlte mich noch ganz genauso wie vorher, nur glücklicher, als ich es lange Zeit gewesen war. Auch Lucas schien entspannt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich ihn schon einmal so mit sich im Reinen gesehen hatte.
Als wir eintraten, saß Vic bereits in einer Ecke, Ranulf neben ihm. Er hob eine Hand und winkte uns zu. »He, Mann, das tut gut, euch zu sehen.«
Ich schloss Vic fest in die Arme, dann tat ich das Gleiche mit Ranulf. Auch wenn dieser noch immer spindeldürr war und sein weiches, braunes Haar in einem Topfschnitt trug, hatte er nun immerhin kurze Hosen und ein Hawaiihemd angezogen, das dem, welches Vic anhatte, zum Verwechseln ähnelte. Ich fragte mich, ob er es sich von Vic geborgt hatte oder ob er einfach alles nachkaufte, was Vic erstand, um besser ins einundzwanzigste Jahrhundert zu passen. Natürlich bedeutete es noch lange nicht, dass man irgendwo hineinpasste, wenn man sich wie Vic anzog, aber Ranulf näherte sich der modernen Welt.
Als Vic auch Lucas umarmt hatte, trat er zurück und sagte: »Lucas, das ist Ranulf, mein Zimmergenosse, nachdem du mich so schmählich hast sitzen lassen. Ranulf, das ist Lucas. Ich weiß nicht, ob ihr euch in Evernight oder sonst wo schon einmal über den Weg gelaufen seid.«
»Wir haben uns einmal unterhalten«, sagte Ranulf hilfsbereit, »in der Bücherei. Ich habe dich danach gefragt, wer die Heiligen von New Orleans sind, von denen einige Leute gesprochen hatten, und du hast mir erklärt, dass die Saints keine religiösen Ikonen, sondern eine Sportmannschaft sind. Das war sehr aufschlussreich.«
»Ja, wie hätte ich das vergessen können.« Lucas lächelte etwas verkrampft in Ranulfs Richtung. Auch wenn er den meisten Vampiren gegenüber immer noch skeptisch war, konnte sich vor Ranulf niemand wirklich fürchten.
»Also, was macht ihr denn hier in Philly?«, fragte Vic, als wir uns alle in die Sitzecke gedrängt hatten. »Seid ihr vielleicht durchgebrannt? Sollen Ranulf und ich eure Trauzeugen sein?«
»Nein«, sagte ich. Meine Wangen waren warm, und ich hätte nicht sagen können, ob ich bei der Vorstellung, zu heiraten oder mich bereits mit Lucas in den Flitterwochen zu befinden, nicht vielleicht rot geworden war. »Wir … nun ja, wir versuchen, irgendwo unterzukommen. Und uns zu verstecken.«
Vic sah ernst aus. »Hast du deine Eltern angerufen?«
»Ich habe ihnen eine E-Mail geschickt«, antwortete ich. »Sie wissen, dass es mir gut geht.«
Lucas wirkte plötzlich sehr angespannt, als er sich an mich wandte: »Ach, das hast du? Wann denn?«
O nein. Zu spät erinnerte ich mich daran, welche Konsequenzen diese E-Mail gehabt hatte. Ich hatte Lucas die Wahrheit sagen wollen, doch dann hatte mich Balthazars Gefangennahme davon abgebracht. Auch wenn ich es hasste, es nun vor unseren Freunden tun zu müssen, wusste ich, dass ich mit einem Geständnis nicht mehr länger warten konnte. »In der ersten Nacht, als wir auf Patrouille waren. Erinnerst du dich, dass ich kurz verschwunden bin, um mir was zu essen zu besorgen?«
»Bianca …« Lucas fuhr sich mit der Hand durch die Haare, und ich hatte inzwischen gelernt, dass er mit dieser Geste versuchte, mit aller Macht sein Temperament zu zügeln. »Du wusstest doch gar nicht, welche
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