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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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kümmern, und setzte mich wieder auf den Rücken meines alten Freundes, auf den Gargoyle. Seine steinernen Flügel hatten die gleiche Farbe wie die graue Dämmerung des Herbstes.
    »Erinnerst du dich noch daran, wie wir uns hier unterhalten haben?«
    Ich fuhr zusammen und drehte mich um. Maxie saß neben mir – genauer gesagt, sie schwebte einige Zentimeter vor dem Fenstersims, aber wenn man erst mal ein Geist ist, nimmt man es mit der Schwerkraft nicht mehr so furchtbar genau. Maxie grinste mich an, als wäre dies der beste Tag aller Zeiten.
    »Maxie, was machst du denn hier?«
    »Tja, vielleicht will ich mal Hallo sagen? Das letzte Mal haben wir uns hier getroffen. Du hast darüber nachgedacht, wie es dir gelingen könnte, die Fensterscheibe mit Nebel zu überziehen, damit ich etwas draufschreiben könnte. In dem Augenblick bin ich zu dem Schluss gekommen, dass du nicht völlig dumm bist.«
    Ich hatte mit meinem Atem Nebel auf das Fensterglas gehaucht – etwas, das mir nun nie wieder möglich sein würde. »Nimm’s nicht persönlich, aber ganz ehrlich, ich habe gerade keine Lust, mich aufziehen zu lassen.«
    »Hör auf zu schmollen, kleines, totes Mädchen.«
    »Maxie. Nicht.« Ich konnte nichts Gutes darin erkennen, ein Geist und tot zu sein, nachdem ich gesehen hatte, was mein Ableben bei meinen Eltern angerichtet hatte.
    »Du bist nicht allein, das weißt du doch.« Maxie versuchte, beiläufig zu klingen, aber ich wusste, dass sie sich wirklich Mühe mit mir gab. Nach Jahrzehnten, in denen sie von der Welt der Lebenden abgeschnitten gewesen war – wenn man von Vics Besuchen absah –, war sie nicht besonders gut im Umgang mit anderen.
    »Du musst keine Angst vor uns haben.«
    Aber das hatte ich. »Geh und rede mit Christopher« klang in meinen Ohren, als würde ich meinen Tod akzeptieren, und in diesem Augenblick konnte ich das doch nicht. »Nicht heute, in Ordnung?«
    Sie zögerte und war offensichtlich enttäuscht, aber schließlich verschwand sie einfach.
    Eine Sekunde später dämmerte mir, dass Maxie in einem Punkt recht gehabt hatte: Es wurde Zeit für mich, mit dem Grübeln aufzuhören und mich wieder zu Lucas zu gesellen. Inzwischen war er vielleicht bereit, mich zu sehen, Geist hin oder her.
    Es stellte sich heraus, dass der einfachste Weg nach unten war, wenn ich mich direkt an der Mauer des Turmes hinabgleiten ließ und dabei spürte, wie die Steine unter mir entlangschrammten. Sobald ich das nächste Dach erreicht hatte, konnte ich spüren, dass das Gebäude an dieser Stelle viel widerspenstiger gegenüber Geistern war, aber ich konnte durch die Vordertür oder die meisten der Fenster ins Innere gelangen. Ich schoss hinein und sauste wieder hinaus, probierte Wege aus und prägte mir Ein- und Ausgänge ein, nur für den Fall, dass ich sie später einmal brauchen würde.
    Gelegentlich spürte ich ein leichtes Beben von Energie hinter mir oder in einer gegenüberliegenden Ecke, und zunächst deutete ich das so, dass Maxie mir folgte. Dann jedoch dämmerte mir plötzlich, dass das gar nicht Maxie war.
    Da waren … noch andere Geister.
    Christopher ?, dachte ich mit einem angstvollen Schauer. Er war der einzige andere Geist, dem ich in Evernight bislang begegnet war. Aber er hatte eine mächtige, unverkennbare Ausstrahlung gehabt, die ich hier nicht wiedererkannte. Außerdem gab es mehrere Quellen. Ich zählte zwei, drei, fünf, zehn, vielleicht sogar noch mehr. Es waren nur Nebelstreifen, wabernde Empfindungen und vermutlich unsichtbar für jeden, der nicht ebenfalls ein Geist war. Das alles erinnerte mich an die Zeit, als ich ein Vampir gewesen war und spüren konnte, wenn ein anderer Vampir in der Nähe war, ganz gleich, ob ich ihn sehen konnte oder nicht. Tatsächlich sah ich diese Geister hier nicht im eigentlichen Sinne, sondern nahm vielmehr die Spuren wahr, die sie zurückließen, aber ich wusste, dass sie da waren.
    Mrs. Bethanys Plan, die Geister durch die menschlichen Schüler hierherzulocken, hatte offenkundig Erfolg gehabt.
    Wir wollten immer wissen, warum sie die Geister jagt , dachte ich. Ich schätze, dass wir es bald herausfinden werden.
    Ich stieg den Nordturm empor und sah mich auf meinem Weg um. Zumeist entdeckte ich eine Menge Vampire, die in ihren Zimmern herumhingen, Blut schlürften und sich damit brüsteten, wie viel Sex sie während der Sommerferien gehabt hatten. In anderen Zimmern saßen menschliche Schüler, stopften Kartoffelchips in sich hinein und brüsteten sich

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