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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Verabredung hatte mir Patrice einen ihrer weichen, elfenbeinfarbenen Pullover geliehen, tat allerdings, als handele es sich dabei um den größten Gefallen, den irgendwer jemals irgendwem getan hatte. Vielleicht hatte sie recht. In diesem Sweatshirt sah meine Figur aus… na ja, man sah überhaupt erst, dass ich eine hatte, was in den sackförmigen Röcken und Blazern von Evernight sonst nicht zu erkennen war.
    »Kommt denn von deinen Leuten keiner mit?«, fragte ich sie, während ich meine Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammenband. Ich musste nicht erklären, wen ich mit »deine Leute« meinte.
    »Erich veranstaltet wieder mal eine Party am See.« Patrice zuckte mit den Schultern. Sie hatte noch ihren rosafarbenen Satinbademantel an, und ihr Haar steckte unter einem Tuch aus Spitze. Wahrscheinlich würde die Party erst nach Mitternacht beginnen, wenn sie jetzt noch nicht mal damit angefangen hatte, sich umzuziehen. »Die meisten Lehrer werden in der Stadt Aufsicht führen, und so können wir eine tolle Nacht hier verbringen.«
    »Ich glaube kaum, dass es tolle Nächte in der Evernight-Akademie gibt.«
    »Es ist doch nicht so, als ob sie uns hier in einem Käfig gefangen hielten, Bianca. Und außerdem steht dir diese Frisur überhaupt nicht.«
    Ich seufzte. »Ich weiß. Hab ja schließlich auch Augen im Kopf.«
    »Halt mal still.« Patrice trat hinter mich, schüttelte die ungleichmäßigen Zöpfe, die ich mühsam geflochten hatte, und strich sie mit den Fingern aus. Dann band sie die Haare genau am Halsansatz zu einem lockeren Knoten zusammen. Einige Strähnen lösten sich und umrahmten mein Gesicht, was nachlässig, aber wunderschön und genau so aussah, wie ich meine Haare immer hatte tragen wollen. Ich begutachtete meine Verwandlung im Spiegel und fand, dass es wirkte, als ob meine Haare durch Magie gebändigt worden wären.
    »Wie hast du das denn gemacht?«
    »Das lernt man mit der Zeit.« Sie lächelte und freute sich weniger mit mir mit, als dass sie vielmehr stolz auf ihr eigenes Geschick war. »Deine Haare haben eine wunderschöne Farbe. Auf dem cremefarbenen Pullover fällt das viel mehr auf. Siehst du das?«
    Seit wann ist denn dieser rötliche Ton eine »wunderschöne Farbe« für Haare ? Ich lächelte mein Spiegelbild an und dachte, dass jedes Wunder möglich war, solange Lucas und ich miteinander ausgingen.
    »Wunderschön«, wiederholte Patrice, und dieses Mal dämmerte mir, dass sie es tatsächlich ernst meinte. Das Kompliment war nicht persönlich gemeint; ich glaube, dass ihr Schönheit an sich wichtiger war als mir. Doch sie würde nicht behaupten, dass ich hübsch aussähe, wenn sie es nicht auch finden würde.
    Verschämt, aber freudig erregt, schaute ich noch einige Zeit lang mein Spiegelbild an. Wenn Patrice etwas Schönes an mir zu entdecken vermochte, dann würde Lucas das vielleicht auch können.
     
    »Du siehst toll aus!«, schrie Lucas zu mir herüber.
    Ich nickte ihm zu und versuchte, Augenkontakt zu ihm zu halten, während wir uns einen Weg durch die Schülermassen bahnten, die dabei waren, sich in den Bus zu zwängen, welcher uns in die Stadt bringen würde. Die Evernight-Akademie verfügte nicht über so etwas Gewöhnliches wie einen gelben Schulbus. Stattdessen befanden wir uns in einem kleinen, edlen Shuttle-Bus, der eher zu einem schicken Hotel passen würde und der vielleicht nur für diesen Anlass gemietet worden war. Ich war mit der ersten Schülerwelle nach vorne geschoben worden, während Lucas es noch immer nicht bis zur Tür geschafft hatte. Aber wenigstens konnte ich ihn durchs Fenster lächeln sehen.
    »Fa-bel-haft.« Vic lachte und warf sich auf den Sitz neben mir. Er trug einen Filzhut, der aussah, als stamme er aus den 1940er-Jahren, und er war eigentlich ganz süß, aber natürlich war nicht er derjenige, neben dem ich eigentlich während der Fahrt sitzen wollte. Mein Gesichtsausdruck musste mich verraten haben, denn er knuffte mir gegen die Schulter. »Keine Sorge. Ich halte nur den Sitz für Lucas warm.«
    »Besten Dank.«
    Wenn Vic nicht gewesen wäre, hätte ich überhaupt nicht neben Lucas sitzen können. Die Leute konnten gar nicht schnell genug in den Bus einsteigen, und es schien so, als ob zwei Dutzend Schüler - praktisch alle, die keine Evernight-Typen waren - wild entschlossen waren, nach Riverton zu kommen. Wenn man bedachte, wie öde es dort war, dann wollten sie vermutlich einfach nur von der Schule weg, wobei ihnen das Ziel völlig egal war. Ich

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