Everybodys Darling, Everybodys Depp
mit jeder anwesenden Dame, nur nicht mit Ihnen. Er bucht einen Skiurlaub mit seinen Kumpels, statt mit Ihnen in Urlaub zu fahren – das sind tatsächliche |152| Handlungen. Sie interpretieren nun diese Handlungen und unterstellen Ihrem Gegenüber mit Ihren Aussagen, er würde Sie übergehen oder vernachlässigen. Sie versuchen, seine Absichten und Gedanken zu erraten und spekulieren über seine Motive, sich so zu verhalten. Im Konfliktfall unterstellen wir sicherheitshalber negative Motive, nicht wahr? Und diese Vermutungen äußern Sie mit Aussagen wie den eben genannten. Unklar bleibt allerdings weiterhin, welche Gefühle die Verhaltensweisen des Gegenübers bei Ihnen ausgelöst haben. Das weiß der andere immer noch nicht. Wissen Sie es selbst?
Sie fühlen sich übergangen. Aber was für eine Emotion steckt genau dahinter? Sind Sie sauer, enttäuscht, überrascht, ängstlich, wütend, irritiert, einsam? Sich vernachlässigt fühlen – bedeutet das, dass Sie Angst haben, der andere liebt Sie nicht mehr? Dass Sie eifersüchtig auf die anderen Damen sind? Dass Sie wütend und in Ihrer Eitelkeit verletzt sind, weil Sie nicht genug beachtet wurden? Auch die Aussage »Ich spüre genau, dass dich meine Meinung nicht interessiert.«, enthält nur Ihre Interpretation der Handlung. Vielleicht hat Ihr Gesprächspartner Sie dauernd unterbrochen und nicht zu Wort kommen lassen – wie unhöflich. Die Aussage sagt dennoch nichts über Ihre eigentlichen Gefühle aus: Ärger über seine Unhöflichkeit? Wut über diese Unverschämtheit? Frust, dass Sie es nicht geschafft haben, sich durchzusetzen? Verzweiflung, dass Sie Ihr Image als Wackelpudding nie loswerden? Angst, dass Ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden? Neid auf die skrupellos eingesetzten rhetorischen Fähigkeiten des anderen?
Warum kann mein Gegenüber sich denn nicht selbst denken, dass ich so ein Verhalten verletzend finde und deshalb sauer bin? Diese Einstellung hieße, die Latte sehr hoch hängen. Sie verlangen damit das berühmte Gedanken- beziehungsweise Gefühlelesen von jemand anderem. Ihr Partner soll sich aus einer Fülle von möglichen Emotionen eine aussuchen – oder gar eine ausgefuchste Mischung unterschiedlichster Gefühle, die Sie verspüren. |153| Und wehe, er wählt die falsche. Da sollte er mal lieber Lotto spielen – die Erfolgsaussichten auf einen Sechser mit Zusatzzahl sind ähnlich hoch.
Davon abgesehen, können Sie davon ausgehen, dass er nach Ihrer Äußerung von eben sowieso keine Lust verspürt, sich mit Ihren wirren Emotionen zu befassen. Er ist nämlich vollauf mit dem Sortieren seinen eigenen beschäftigt. Denn neben der Unklarheit über Ihre tatsächlichen Gefühle ist das der zweite große Haken an diesen Aussagen: Auf Unterstellungen reagieren die meisten Menschen ebenfalls mit negativen Gefühlen und gehen sofort in eine Verteidigungshaltung. Sie weisen diese Anschuldigungen und Vorwürfe weit von sich und starten einen vehementen Gegenangriff nach dem Muster: »Das musst du gerade sagen. Und wer hat hemmungslos mit diesem Vorstadtcasanova geflirtet, der aussah wie ein aufgebrezelter Bademeister?« Oder: »Hab’ ich vielleicht ein Wort gesagt, als du mit deinen zickigen Freundinnen zum Power-Shopping nach London gefahren bist und die Kreditkarte hast heiß laufen lassen?« Richtig, diese Art des Gegenangriffs führt nicht zur Klärung eines Konflikts. So funktioniert es besser:
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|154| Kritik und Gefühle konstruktiv ansprechen
Bitten Sie Ihren Gesprächspartner, Sie erst einmal ausreden zu lassen und nicht zu unterbrechen. Er bekommt später selbstverständlich die Gelegenheit, Stellung zu beziehen und seinerseits Sie zu kritisieren. Formulieren Sie Ihre Aussage besser nach der folgenden Methode:
1. Schildern Sie neutral und konkret die Verhaltensweise, die Sie wahrgenommen haben und die Sie stört
Neutral
ist ein wichtiges Schlüsselwort: Verzichten Sie dabei auf schmückendes, (ab)wertendes Beiwerk wie: »Deine
unverschämten
Bemerkungen ...« Damit treiben Sie Ihren Gesprächspartner mit Sicherheit in Rekordzeit auf die Palme. Keine Sorge: Ihre subjektive Meinung dazu kommt später noch. Zunächst ist es sinnvoller und konstruktiver, die einzelnen Elemente zu sortieren und nicht eine verknotete Rückmeldung zu geben, die der andere erst mühselig entwirren muss. Auch ein »Du hast mich mal wieder absichtlich unterbrochen.« enthält eine Unterstellung schäbiger Motive.
Konkret
ist das
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