Everybodys Darling, Everybodys Depp
Ihre Gäste gekümmert, viel gelacht und witzige Begebenheiten aus Ihrem Urlaub erzählt. Dabei gingen Sie davon aus, dass Ihr Mann sich ebenso blendend unterhalten hat. Nun sind alle Freunde gegangen, und Ihr Liebster ist stinksauer.
Er blafft sie heftig an: »Was für eine Blamage, dein Benehmen heute Abend! Musst du dich denn immer dermaßen in den Vordergrund drängen und alle anderen in Grund und Boden reden? Ich selbst bin auch kein einziges Mal zu Wort gekommen. Und dann hast du auch noch so albern mit Helmut gekichert – widerlich ...«
Starker Tobak. Von konstruktiv kann da wirklich nicht die Rede sein. Ihr Liebster ist offensichtlich in Rage und vergisst sämtliche Regeln der Höflichkeit. Was nun? Ein dramatischer Tränenausbruch? Türen knallender Abgang? Oder ein kleiner Gegenkonter bezüglich seines hemmungslosen Flirts mit der wie üblich aufgetakelten Jennifer? Haben Sie alles schon probiert, war nicht sonderlich erfolgreich? Das macht ja auch keinem wirklich Spaß.
Streitgespräche unter der Lupe
Schauen wir uns einmal eine wirksame Methode an, aus so einer anklagenden und verletzenden Aussage den wahren Kern herauszuschälen:
1. Unterscheiden Sie zwischen Fakten und ihrer subjektiven Bewertung Da es Ihr Liebster nicht tut, müssen Sie das übernehmen. Überhören Sie erst einmal nonchalant seine ungeschickten Formulierungen. Das erfordert ein gewisses Maß an innerer Größe, aber schließlich lieben Sie ihn ja und wollen den Streit beenden und nicht eskalieren lassen. Schlucken Sie dreimal, atmen Sie tief durch, und beginnen Sie mit Ihrer sanften Inquisition.
|158| 2. Finden Sie heraus, welches Verhalten genau ihn wirklich gestört hat Es gibt eine nützliche Interviewstrategie, die Ihnen hilft, Ihrem erbosten Lebenspartner zu entlocken, was genau ihn eigentlich so fuchst und welche Gefühle das bei ihm auslöst. XXX steht für alle verallgemeinernden, schwammigen und wertenden Aussagen in der Rückmeldung des anderen:
Was genau meinst du mit XXX?
Welche Verhaltensweise bei XXX stört dich so?
Gib mir bitte ein konkretes Beispiel, was du mit XXX meinst.
Fragen Sie so lange nach, bis Sie konkrete Verhaltensweisen genannt bekommen und genau wissen, worauf sich der andere bezieht.
3. Finden Sie seine wahren Gefühle heraus Auch hier orientieren Sie sich wieder an der sanften Inquisition und benutzen folgende Fragen:
Was ist so schlimm an XXX?
Wieso ist es falsch, XXX zu tun?
Was bedeutet XXX für dich?
Wie fühlst du dich, wenn ich XXX tue?
Was löst XXX bei dir aus?
Es gilt, hartnäckig so lange nachzufragen, bis seine tatsächlichen Gefühle hinter all den schwammigen Formulierungen und Rationalisierungen zum Vorschein kommen.
4. Zeigen Sie Verständnis für die Gefühle und Gedanken des anderen Schlagen Sie nicht sofort zurück: »Das siehst du völlig falsch, so war das gar nicht, so habe ich das gar nicht gemeint ...« Stimmen Sie zu, dass man es auch so sehen kann. Sie wissen ja: Damit sagen Sie noch lange nicht, dass Sie es genauso sehen. |159| Auch für seine Gefühle können Sie ruhig Verständnis zeigen: »Ich wäre auch sauer, wenn ich es so erlebt hätte wie du.« Die wichtige Wirkung: Sie zeigen dem anderen damit, dass er ein Recht hat und dass es ins Ordnung ist, die Dinge so zu sehen und zu erleben, wie er es momentan tut. Würden Sie sofort alles abstreiten, richtig stellen und anders bewerten, gestünden Sie ihm die eigene Meinung und Gefühlslage nicht zu. Das mag niemand gerne.
5. Fragen Sie, ob es noch weitere Kritikpunkte gibt Reicht es etwa noch nicht, dass Sie aus seinen beleidigenden Äußerungen den eigentlichen Kern herausschälen und dabei heroisch ruhig bleiben müssen? Leider reicht es nicht, wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen. Manchmal halten Gesprächspartner mit dem eigentlichen Kern der Aussage hinterm Berg, weil sie sich nicht trauen, ihn anzusprechen. Oder er ist ihnen gar nicht bewusst. Und Sie wollen doch nicht das falsche Problem lösen. Beugen Sie Missverständnissen vor, indem Sie von sich aus fragen, ob es da noch etwas gibt, was den anderen gestört hat.
6. Denken Sie darüber nach, und nehmen Sie Stellung dazu Den ken Sie unvoreingenommen über das nach, was Sie herausgefunden haben. Was können Sie nachvollziehen, wo hat der andere vielleicht Recht, was sehen Sie ganz anders? Sagen Sie nun offen und ehrlich, was Sie denken und empfinden.
Spielen wir den Prozess noch einmal konkret durch – am Beispiel der Situation nach dem
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