Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
kann“, sagte sie.
Erland seufzte.
Evianna biss sich auf die Lippen und stand auf.
„Du wirst wissen was du tust. Ich wünsche dir alles Gute. Pass‘ gut auf dich auf“, sagte Erland. „Wirst du die Stadt verlassen?“
„Möglich. Aber zuerst muss ich noch ein paar Dinge klären.“
Erland erhob sich und kam um den Tisch herum. Dann schloss er sie in die Arme. „Ich wünschte, ich könnte dich umstimmen, aber ich weiss, ich bin dafür nicht der Richtige. Deshalb werde ich es auch nicht versuchen.“
Evianna drückte ihn zum Abschied und machte sich auf den Weg. Vor der Tür blieb sie stehen und sah noch einmal zurück. Ihre Dienstzeit hier war vielleicht nicht lang gewesen, trotzdem fiel ihr der Abschied erstaunlich schwer.
Evianna fuhr zum Deutzer Bahnhof. Aus einem der Schließfächer holte sie die drei übrigen Tafeln und machte sich damit auf den Weg zur alten Burgruine. Sie erreichte sie bei Sonnenuntergang. Die Tür im Eingangsportal war offen. Man hatte sie also erwartet. Evianna ging in den großen Saal doch dort war niemand. Sie warf einen Blick in die Küche und stellte fest, dass die Ghule nicht da waren. Und auch sonst ließ nichts in der Küche darauf schließen, dass hier vor kurzem noch gekocht worden war. Sie stieg die Treppen hinauf, höher und höher bis zum obersten Wehrgang. Etwas außer Atem lehnte sie sich an die Mauer zwischen zwei Zinnen und sah in die Nacht. Der Rhein glänzte im Mondlicht und etwas weiter stromabwärts spiegelten sich in ihm die verbliebenen Lichter der Stadt.
Plötzlich spielte ein kühler Wind in ihrem Haar. Inzwischen wusste Evianna, was das bedeutete und drehte sich um. Hinter ihr standen alle sieben Gargoyles. Shaytan kam auf sie zu. „Hallo Evianna.“
Evianna begrüßte sie alle.
„Ich hoffe, es ist alles zu deiner Zufriedenheit gelaufen?“, erkundigte sich Shaytan. „Jedenfalls das, woran ihr Anteil hattet. Vielen Dank dafür, dass du dich um Zagon gekümmert hast.“
Shaytan lächelte. „Es war mir ein Vergnügen.“
Das konnte Evianna sich lebhaft vorstellen. Sie zog die Tafeln hervor und reichte sie Shaytan. „Hier ist der Lohn für eure Mühen. Damit sind wir dann wohl quitt.“ Shaytan reichte die Tafeln an Thot weiter. Thot betrachtete sie kurz, dann nickte er Evianna anerkennend zu, stieg auf die Mauer des Wehrgangs und ließ sich in die Nacht fallen. Kurz darauf sah sie ihn auf dem höchsten Turm landen. Dann verschwand er aus ihrem Blickfeld.
Shaytan lächelte. „Ja, wir sind quitt. Und das obwohl einige der hier Anwesenden bis zuletzt bezweifelt haben, dass du Wort hältst.“
Shox grinste. „Respekt“, sagte er und schlug seine Faust gegen ihre. „Dem können wir uns nuranschließen.“ Auch Daimon und Dragor hoben die Fäuste und Evianna hielt dagegen. Alle drei sprangen mit großen Sätzen über die Mauer und kreisten wenig später am nachtschwarzen Himmel.
Ein Schrei, ähnlich dem eines Adlers, ertönte.
Shaytan hob die Augenbrauen. „Wir bekommen Besuch.“
Pan’C nickte verstehend. Er hob die Hand und Evianna klatschte ab. Dann sprang auch er und verschwand.
„Ich habe niemandem von euch erzählt.“
Satyr trat vor. „Das wissen wir. Es gibt nicht viele Leute, die ein Geheimnis bewahren können. Er neigte den Kopf vor ihr, dann nahm er Anlauf und sprang kopfüber in die Nacht.
Shaytan kam näher. „Was wirst du tun, jetzt,da uns los bist?“
„Ich will herausfinden, wer ich wirklich bin und wo ich hingehöre. Ich kann nicht in einem Haus leben und auch kein Leben leben, das nicht meines ist.“ „Du könntest mit uns gehen.“
„Mit euch gehen?“ Das kam für Evianna überraschend. „Wohin?“
„Wir bleiben in Collum bis es Thot gelingt, den Fluch zu brechen. Danach können wir gehen wohin wir wollen.“
„Ihr bleibt hier?“
„Nicht auf der Burg. Diesen Ort haben wir aufgegeben. Du kannst meine Wohnung haben, drüben im Bunker. Tagsüber werde ich vorerst nicht zu Hause sein.“ Evianna lächelte Shaytan an. Sie mochte ihn und das Angebot klang verlockend. Shaytan zog sie in seine Arme. „Vielleicht könnte ich dir bei deiner Suche helfen. Ich werde viel Zeit haben, wenn ich ein Mensch bin.“
Evianna seufzte. Das Angebot war verlockend. Nur schien es ihr, nicht das Richtige zu sein.
Shaytansenkte den Kopf. „Überlege es dir. Ich muss jetzt gehen. Der Werwolf wird gleich oben sein.“
Der Werwolf? „Du meinst Keir?“
„Ja. Vorausgesetzt er schafft die letzten Treppen. Ich bleibe in der Nähe, solange du hier oben
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