Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
Informationen. Paddy zuckte die Schultern. Aus dem Chaos vor sich zog er eine Waffe hervor und hielt sie stolz in die Höhe. „Das hier ist genau das was du wolltest.“
Fasziniert betrachtete Evianna den verchromten Revolver.
Paddy reichte ihn ihr und sie wog ihn prüfend in der Hand.
„Jemand stellt die Dinger in Handarbeit her, drüben in der leer stehenden Fabrik. Hat mich ’ne Menge Überzeugungsarbeit gekostet, das Ding zu beschaffen. Und auch ’nen Haufen Geld. Sie hat sogar einen eingebauten Schalldämpfer. Wenn du sie abfeuerst, hört man nicht mehr als ein leises plopp. “
Evianna war begeistert. Die Waffe lag gut in der Hand. Probeweise zielte sie damit auf verschiedene Dinge. Paddy zog den Kopf ein. „Vorsicht, die ist geladen.“ Evianna lächelte. „Ach, ja? Womit?“
„Mit deiner Bestellung.“ Paddy ließ den Griff der Waffe aufschnappen und heraus purzelten sechs neonblau leuchtende Geschosse.„Ich war einkaufen. Im Collisseum.“
„Wow.“
„Die Füllung ist mein Werk. Du könntest damit einen Panzer aufsprengen. Also sei bloßvorsichtig.“
„Klar. Du kennst mich.“
„Eben. Deswegen.“ Paddy zauberte sechs weitere leuchtendblaue Patronen hervor und reichte sie Evianna. Doch als sie die Hand ausstreckte, um sie entgegen zu nehmen, erstarrte er. „Woher hast du das?“ Sein Blick fixierte das eingebrannte Dämonenmal in ihrer rechten Handfläche.
Vor lauter Begeisterung hatte Evianna nicht daran gedacht. Blitzschnell zog sie die Hand zurück und streckte ihm die andere entgegen. „Jetzt gib schon her“, sagte sie betont fröhlich.
Paddy machte jedoch keine Anstalten, ihr die Munition zu übergeben. „Das ist zum Öffnen von Türen– in der BVb“, log sie und sie konnte sehr überzeugend sein, so wie jetzt.
Langsam ließ Paddy die Patronen in ihre Hand fallen.„Verrätst du mir, wofür du diese Art vonWaffe brauchst?“
Evianna verstaute die Waffe und die Ersatzmunition an ihrem Körper. Endlich fühlte sie sich nicht mehr so nackt. „Ich geh’ auf Großwildjagd.“
Hinter ihr blubberte eines von Paddys Experimenten. Aus einem Glaskolben sickerte eine zähflüssige grünbraune Masse und ein beißender Gestank stieg ihr in die Nase. Höchste Zeit von hier zu verschwinden.
„Wegen der Bezahlung… .“
Evianna steuerte die Treppe nach oben an und sprintete hinauf. „Komm’ morgen zum Frühstück. Dann reden wir darüber.“
„Reden? Aber ich dachte… “, rief Paddy hinter ihr her.
„Bis morgen, Paddy. Und: danke!“ Die Haustür fiel ins Schloss. Wenig später verriet ihm das durchdringende Brummen eines Motorrads, dass Evianna sich aufgemacht hatte– auf die Jagd sozusagen. Nur welches Kaliber hatte ihre Beute? Vielleicht wusste Siri etwas darüber. Paddy suchte nach seinem PPC.
Evianna brachte den wöchentlichen Appell der BVb hinter sich und inspizierte auch den Fundort der letzten Leiche, was jedoch– wie erwartet - keine neuen Erkenntnisse einbrachte. Dann machte sie sich auf zur alten Festungsanlage. Ihr Entschluss stand fest: sie war noch nie vor etwas oder jemandem davongelaufen und sie würde auch jetzt nicht damit anfangen, also würde sie sich der Sache stellen. Evianna sah hinauf zum Himmel. In der Ferne färbte er sich bereits dunkel. Die Nacht würde bald herauf ziehen und all’ ihre Geschöpfe zum Leben erwecken. Wahrscheinlich auch die sieben Gargoyles, die jetzt noch versteinert irgendwo in der Burg auf sie warteten.
Eviannas Hand zitterte als sich der klobige Schlüssel knirschend im Schloss drehte und der altmodische Zylinder zurücksprang. Jetzt nur nicht nervös werden , dachte sie und trat ein. Sie schloss hinter sich ab und zog ihre Waffe hervor. Unentschlossen stand sie in der Eingangshalle und sah sich um. Leise schlich sie in den Saal mit der ehernen Tafel. Ohne auch nur das kleinste Geräusch zu verursachen, lief sie die Treppe hinauf und öffnete vorsichtig die Tür, durch die sie die Gargoyles kurz vor Sonnenaufgang hatte verschwinden sehen. Dahinter lag ein kurzer Gang, der am Fuße einer Treppe endete, deren ausgetretene Stufen sich spiralförmig in einem der Wehrtürme hinauf wanden. Den Blick nach oben gerichtet, begann Evianna den mühsamen Aufstieg. Hin und wieder blieb sie stehen und sah sich nach möglichen Verfolgern um, doch niemand folgte ihr, was sie eher beunruhigte. Trafen Gargoyles denn keinerlei Sicherheitsvorkehrungen zu ihrem Schutz? Keine Fallen? Keine Wächter – mal abgesehen von den beiden Ghulen, die sie in die
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