Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
neuesten Stand der Ermittlungen brachte. Die letzte Nacht war erstaunlich ruhig gewesen. Weder waren Menschen verschwunden, noch war ein Mensch oder Vampir gestorben. Evianna hoffte, dass das nicht als Ruhe vor dem Sturm zu betrachten war.„Ich bin bei Gabriel gewesen“, sagte sie.
Keir schnaubte. „Das habe ich mir schon gedacht. Und?“ Er hatte nur Augen für sein Frühstück aber immerhin legte er heute anständige Tischmanieren an den Tag. Evianna beobachtete die anderen anwesenden Gäste, die zum größten Teil frisch entlassene Werwölfe waren. Sie alle verputzten riesige Mengen an Nahrung und für nichts in der Welt hätte Evianna jetzt diejenige sein wollen, die sich zwischen einen hungrigen Werwolf und sein Essen stellte.„Nichts und . Er behauptet, dass es keine Vampire sind, die die Menschen entführen oder töten.“
Keir nickte. „Kann ich noch ein paar von den Würstchen haben?“, rief er der vorbeilaufenden Bedienung zu.
Evianna warf einen Blick auf Keirs Teller.„Sag mal, füttern sie euch im Zwinger nicht ausreichend?“
„Nein.“ Keir schnitt seinen Pfannkuchen. „Sie füttern uns gar nicht.“
Evianna legte die Stirn in Falten. „Du meinst, du isst sechzig Stunden lang gar nichts?“
Keir grinste. „Kaum vorstellbar, oder? Es ist aber so. Sie geben uns nur Wasser.“ Das erklärte natürlich einiges.„Und warum?“
„Um uns zu schwächen. Wir machen dann weniger Ärger.“
Die Bedienung brachte die Würstchen.
Evianna trank ihren Kaffee, sah aus dem Fenster und dachte nach.„Vorhin im Zwinger, hast du mich da erkannt, als du ein Wolf warst?“, fragte sie irgendwann. Für einen kurzen Moment unterbrach Keir die Nahrungsaufnahme und sah Evianna an. Trotz der dunklen Schatten, die sich unter seinen Augen abzeichneten, hatte er etwas Wölfisches an sich. Jetzt, wo sie wusste wie er als Wolf aussah, war es deutlich zu erkennen. Wieso war ihr das bisher nicht aufgefallen?
Als er ihren fragenden Blick bemerkte, legte er seine Gabel beiseite. Er seufzte. „Na schön. Drei Fragen an einen Werwolf, wenn du mir dafür verrätst, woher dein Interesse rührt.“
Innerlich verfluchte Evianna ihren Kollegen für seinen wachen Verstand. Er kannte sie immerhin schon gut genug um zu wissen, dass sie nicht ohne Grund fragte. Die Sache mit den Gargoyles würde sie ihm jedoch nicht auf die Nase binden. Zumindest noch nicht.
„Okay. Also, hast du mich erkannt oder nicht?“
„Die Antwort ist: nein, ich habe dich nicht erkannt. Jedenfalls nicht als Evianna Ebel.“ „Erklär’ mir das mal genauer.“
„Bei einer beabsichtigten Verwandlung außerhalb der Vollmondperiode hätte ich dich erkannt. Aber die Wandlung bei Vollmond geschieht nicht freiwillig. Jeder Werwolf macht sie durch. Während dieser Zeit ist keiner von uns Zurechnungsfähig, weil… .“ Keir brach ab.
„Weil? Was?“
„Weil… . Na, eben, weil… .“ Er suchte nach den richtigen Worten.
„Himmel, jetzt mach’s nicht so spannend.“
„Weil es die Zeit ist, in der wir uns paaren… können…also, …wenn wir wollen.“ „Oh. Ich verstehe. Und? Hastdu…?“
„Ich? Nein!“
Dieses Gespräch erforderte eine Zigarette, wie Evianna fand. Sie zog ein Päckchen hervor und zündete sich eine an.„Also du erkennst niemanden während des Vollmonds?“
Keir schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Und du würdest alle zur Strecke bringen, die dir dann begegnen?“
„Ja. Außer meinemWeibchen.“
„Du hast ein Weibchen?“, fragte Evianna verwundert.
„Ja, …äh, ich meine, …nein.“ Keir wurde rot. Worüber redete er hier überhaupt? „Und du? Hast du dich mit diesem Typen aus dem Dr. Doo’s getroffen während ich weg war?“
Evianna überlegte, was sie darauf antworten konnte ohne zu lügen.„Ja.“ Die Antwort traf Keir unerwartet heftig. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er winkte der Bedienung. „Die Rechnung, bitte!“
„Aber du hast doch noch gar nicht aufgegessen.“
„Ich habe keinen Hunger mehr.“
Das hielt Evianna für einen Scherz, aber es schien zu stimmen.„Ihr paart euch dort unter Aufsicht?“
„Die drei Fragen sind aufgebraucht. Warum interessiert dich das alles?“ Evianna hob lächelnd die Schultern. „Weil mein Kollege ein Werwolf ist?“ Keir schüttelte langsam den Kopf.Zu gern‘ hätte er geglaubt, dass ihr Interesse allein ihm galt aber er glaubte ihr nicht. Die Art wie sie ihn ansah verriet es ihm. Ihr Blick war neugierig aber distanziert.
„Ich denke, dass man in der heutigen Zeit möglichst
Weitere Kostenlose Bücher