Evies Garten (German Edition)

konnten.«
    Maggie sah sich suchend um, als ließe sich im alten Haus immer noch ein Widerhall dieses Familienglücks finden. Doch dann schauderte sie. »Kaum zu glauben, wie schnell sich alles verändern kann.«
    »Was ist schiefgegangen?«, wollte Evie wissen.
    »Nun«, antwortete Maggie, »es begann mit einem Versprechen, das mein Vater gebrochen hat. Als meine Mutter feststellte, dass sie mit mir schwanger war, musste Pap ihr versprechen, nicht wieder auf Reisen zu gehen, und er versprach es ihr. Aber schon bald darauf rief ihn ein alter Freund an. Und kaum hatte mein Vater den Hörer aufgelegt, packte er seine Koffer und machte sich auf den Weg. Und nichts, was Rodney, Mam oder Eva sagten, konnte ihn davon abhalten.«
    »Er ist verreist?«, fragte Evie mit zornig gerötetem Gesicht. »Nachdem er versprochen hatte, nicht zu fahren?«
    Maggie gluckste. »Genau das hat Eva auch gesagt. Aber mein Vater konnte nicht anders. Denn sein alter Bekannter hatte ihm erzählt, dass zwei Archäologen auf den Garten Eden gestoßen seien.«
    Evies Augen weiteten sich vor Aufregung. »Mom hat mir immer Geschichten vom Garten Eden erzählt!«, rief sie. »Haben die Archäologen ihn wirklich gefunden?«
    »Das kann niemand mit Sicherheit sagen«, erwiderte Maggie. »Ich weiß nur, dass Pap es geglaubt hat …«
    »Gab es irgendwelche Beweise, die den Fund bestätigt haben?«, fragte Vater misstrauisch.
    Maggie zuckte mit den Schultern. »Na ja, es gab Spuren von vier ausgetrockneten Flussbetten, geradeso, wie es in der Bibel beschrieben ist. Und die Archäologen hatten sorgfältig recherchiert, um die Stelle zu finden. Aber der wichtigste Hinweis war eine Grabstätte, in der sie auf eine alte Inschrift stießen. Das Grab war zwar nicht alt genug, um von Adam und Eva errichtet worden zu sein. Aber in der Inschrift stand, dass dort einst das verlorene Paradies gewesen war. Im Grab fanden sich auch ein paar … Überreste … die Pap mit nach Hause brachte.«
    Evie schüttelte den Kopf. »Er hätte trotzdem zu Hause bleiben sollen.«
    »Ja«, sagte Maggie ernst. »Da hast du vollkommen recht. Im selben Jahr wurde Rodney fünfzehn und Eva elf. Und Mam … nun ja, Mam ist gestorben.«
    Evie atmete scharf ein.
    »Leider stimmt es«, sagte Maggie und seufzte tief. »Sie starb, als ich auf die Welt kam. Ich war eine Frühgeburt, und mein Vater schaffte es nicht mehr rechtzeitig nach Hause, um während der Geburt bei ihr zu sein.«
    Maggie betrachtete Evie nachdenklich. »Es macht mich traurig, dass ich meine Mutter nie kennengelernt habe«, sagte sie, »aber ich hatte trotz allem eine glückliche Kindheit. Pap war liebevoller und weniger streng zu mir, als er zu Rodney und Eva gewesen war … Ich glaube, Mams Tod hat ihn etwas gelehrt, das er sonst nie gelernt hätte. Eines Tages werde ich meiner Mutter wohl im Jenseits begegnen. Dann kann sie sehen, was aus ihrem kleinen Mädchen geworden ist. Ist das nicht spannend?« Maggie zwinkerte, doch Evie biss sich auf die Unterlippe.
    »Was ist mit Eva passiert?«, fragte sie noch mal.
    Wieder seufzte Maggie. »Rodney hat mir erzählt, dass sie Pap nie verziehen hat, und ich glaube, sie ist deswegen von zu Hause weggelaufen.«
    »Wurde sie denn nie gefunden?«
    »Nein, nie.«
    Eine ganze Weile schwiegen alle. Dann sah Vater aus dem Fenster. »Wann haben die Bäume eigentlich aufgehört zu wachsen, zu blühen und Früchte zu tragen?«
    »Kurz nachdem Eva verschwunden ist. Pap hat sie vernachlässigt, und so sind sie verkümmert.«
    Evie wusste genau, was jetzt in Vaters Kopf vorging. Vernachlässigung an sich hätte die Bäume nicht zu schwarzen Vogelscheuchen verkümmern lassen.
    Aber Maggie erzählte weiter. »Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für eine Aufregung Evas Verschwinden hervorgerufen hat. Es kursierten sowieso schon mehr als genug Geschichten über unsere Familie. Und als dann auch noch die Bäume abstarben … da kam die Gerüchteküche erst richtig in Gang. Wir blieben jahrelang in diesem alten Haus wohnen und hofften, dass Eva zurückkommen würde, aber eines Tages hielt mein Vater es nicht länger aus. Er wollte das Grundstück eigentlich verkaufen, doch Rodney war schon erwachsen und schließlich hat er es übernommen. Pap hat dann den Laden in der Stadt gekauft, und wir beide sind in die Wohnung über dem Laden gezogen.«
    »Hat es Ihnen etwas ausgemacht, von hier wegzugehen?«, fragte Evie.
    Maggie schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist ganz schön schwer, mit einer