Evil - Das Böse
nun an wirst du Befehlen doch sicher gehorchen?«
»Nein, nicht wenn sie von Leuten aus der Abiklasse kommen. Ratis muss man gehorchen, sonst fliegt man. Aber ihr könnt einen darauf fahren lassen, dass ich niemals Schenkens Schuhe putzen werde.«
Kurzes Schweigen.
»Es ist schon das zweite Mal, dass du dich vor dem Rat derart vulgär ausdrückst. Der Rat verurteilt dich deshalb zu einem weiteren Samstagsonntag wegen unverschämten Benehmens vor dem Rat. Wir verlangen außerdem, dass du um Entschuldigung bittest.« »Nein.«
»Du weigerst dich, um Entschuldigung zu bitten?«
»Ja. Ihr habt mich doch schon verurteilt, ich soll doch das Verbrechen, dass ich mich vor dem Rat vulgär ausgedrückt habe, schon büßen, da gibt es ja wohl keinen Grund, auch noch um Entschuldigung zu bitten.«
»Braucht der Rat noch Bedenkzeit?«, fragte Bernhard. Einige nickten, und Bernhard erklärte, die Verhandlung werde zwecks Beratung unterbrochen und Erik solle draußen warten.
Als Erik auf den Gang trat und den wartenden Angeklagten erzählte, dass er drei Samstagsonntage aufgebrummt bekommen habe, der Rat aber noch weiter berate, prasselten die guten Ratschläge nur so auf ihn ein. Wenn sich jemand vor dem Rat unpassend ausgedrückt hatte, gab der Rat erfahrungsgemäß erst Ruhe, wenn man um Entschuldigung gebeten hatte. Was er also tun sollte, wenn er wieder hineinging, war, um Entschuldigung zu bitten, sonst würde es noch einen Samstagsonntag geben und der Rat würde seine Forderung wiederholen. Nach wenigen Minuten wurde er wieder hineingerufen und trat neben die Anklagebank.
»Also, Erik, hast du über deine Lage nachgedacht?«
»Ja, durchaus.«
»Hast du vor, um Entschuldigung zu bitten, damit die Sache aus der Welt ist?«
»Nein.«
»Der Rat verurteilt dich zu vier Samstagsonntagen, davon zwei im Arrest. Hast du jetzt vor, um Entschuldigung zu bitten?«
»Nein, und warte einen Moment, ehe du das Ganze noch mal herunterleierst. Ihr habt mich schon verurteilt, weil ich ein unflätiges Wort benutzt und nicht um Entschuldigung dafür gebeten habe, dass ich ein unflätiges Wort benutzt habe. Ich habe nicht vor, um Entschuldigung zu bitten, egal, was ihr sagt, und ich kann euch garantieren, dass mein Entschluss feststeht. Wir können mit diesem Blödsinn die ganze Nacht weitermachen, ich bitte wieder nicht um Entschuldigung und kriege noch einen Samstagsonntag und immer so weiter.«
Wieder musste beraten werden. Fünf Minuten später stand er abermals vor dem Richter.
»Der Rat hat seinen Beschluss gefasst. Wir verurteilen dich zu zwei Samstagsonntagen Strafarbeit und acht Samstagsonntagen Arrest wegen Frechheit und wiederholten unverschämten Auftretens gegenüber dem Rat. Dieser Teil der Verhandlung ist damit beendet. Zu erwähnen ist noch, dass der Vizevorsitzende gegen den sonst einstimmigen Beschluss Einspruch eingelegt hat. Du kannst gehen.«
Als Erik das Zimmer verlassen wollte, trat ihm einer der Ratis aus der dritten Gymnasialklasse in den Weg und befahl ihm, die Hände auszustrecken. Erik zögerte, gehorchte dann aber. Der Rati durchsuchte seine Taschen und fand in der Brusttasche eine Packung Zigaretten, die er vor dem Gericht in die Höhe hielt.
»Ach, sieh an«, sagte der Vorsitzende. »Komm doch noch einmal zurück. Das Strafmaß für heimliches Rauchen beträgt einen Samstagsonntag für das erste Mal und dann einen doppelten für jedes weitere. Nach dem fünfzehnten Mal folgt der Verweis von der Schule. Um zu rauchen, muss man mindestens siebzehn sein und die schriftliche Erlaubnis des Erziehungsberechtigten vorlegen.«
»Ich habe nicht heimlich geraucht. Ich habe nicht geraucht, seit ich hier bin.«
»Und wie erklärst du dann, dass du Zigaretten hast?«
»Ich hab sie aus der Stadt mitgebracht, zuletzt habe ich im Zug hierher geraucht. Danach hab ich die Packung vergessen. Ihr haltet mich doch wohl nicht für so saublöd, dass ich absichtlich eine Packung Zigaretten mit vor den Rat nehme?«
»Der Besitz von Zigaretten wird genauso bewertet wie heimliches Rauchen. Die Zigaretten sind hiermit beschlagnahmt, und du kannst entscheiden, ob du sie dem beschlagnahmenden Ratsmitglied überlassen oder sie vor den Augen der Ratsmitglieder vernichten willst. Wie lautet deine Entscheidung?«
»Dann möchte ich darum bitten, die Zigaretten vernichten zu dürfen. Ihr tut so, als wärt ihr ein Gericht, und trotzdem verurteilt ihr mich wegen Rauchens, obwohl ihr genau wisst, dass ich unschuldig bin oder es
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