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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Heimwehr zu melden, wenigstens solange sie Strafarbeiten hatten, genauer gesagt, zumindest solange Pierre Strafarbeiten hatte.
    Die Aussicht war nicht sonderlich verlockend, aber es wäre schwer gewesen, Biber rasch und energisch abzusagen, deshalb fanden sie sich am folgenden Sonntag um neun beim Hauptquartier ein. Unter Hauptquartier waren die beiden roten Baracken zu verstehen.
    Die Streitkräfte stellten sich auf, die Mittelschüler in fünf kleinen Gruppen ganz hinten, vor jeder Truppe stand der dazugehörige Befehlshaber und Biber stand ganz vorn. Biber begann mit einer »einführenden Orientierung«, so hieß das plötzlich, er erzählte nicht mehr nur, was sie zu tun hatten. Dabei sah er unglaublich bescheuert aus. Er trug einen Helm auf dem Kopf und ein Koppel um seine Uniform und schrie grundsätzlich, wenn er etwas sagen wollte. Er zeigte nur mit der ganzen Hand und nannte jeden »Alter« und fluchte und benutzte allerlei Bezeichnungen für das weibliche Geschlechtsorgan, wenn er irgendetwas besonders betonen wollte. Die Offiziere aus dem Rat und der Abiklasse ahmten ihn natürlich nach.
    »Sag dieser miesen Fotze, sie soll gefälligst den Arsch aus der Karre heben!«
    »Verdammt, ist dem MG schon wieder der Schwanz weich geworden!«
    »Ihr lauft wie eine Bande Strohsäcke mit Tropfeiern, zum Teufel!«
    Und so weiter.
    Sie marschierten kreuz und quer über das Schulgelände, unter einem wahren Hagel ironischer Kommentare der Vorüberkommenden, die von Biber zurechtgewiesen wurden, der drohte, »ihre Namen zu notieren«, was vollkommen wirkungslos blieb. Erik und Pierre gingen weit hinten im Glied und kassierten ab und zu einen Anraunzer, weil sie den Takt nicht hielten oder ein Kichern nicht unterdrücken konnten.
    »Verdammt, hier gibt’s nichts zu lachen!«, brüllte Biber, und schon, dass er schrie, reichte aus, um Pierre vor ersticktem Kichern fast hysterisch werden zu lassen.
    Die Schießübungen auf dem Schießgelände waren in jeder Hinsicht besser. Die Heimwehr benutzte natürlich nicht die üblichen mit Ringen bemalten Zielscheiben der Schule, sie verfügte über ein eigenes Lager von Pappkameraden in Frontal-und Seitenansicht, dazu jede Menge einzelne Köpfe. Zwischen zwei Übungen wurde eine Rauchpause angesetzt, dann durften Mittelschüler neben Ratis im Gras liegen und rauchen, denn nun waren sie alle Männer in Uniform.
    Zu jeder Übung gab es eine Lektion, in der Biber den mutmaßlichen Kriegsverlauf im Falle eines russischen Angriffs mit ihnen durchging. Die Russen, die durch Norrland und Schonen einrücken würden, würden natürlich in der Überzahl sein. Aber da das russische Soldatenmaterial nicht von derselben Qualität war wie das schwedische … und so weiter. Es war ungefähr dasselbe wie bei den Morgenandachten in der Lehranstalt.
    Und am Ende jeder Übung wurde Krieg gespielt. Dazu wurden zwei Mannschaften eingeteilt, die eine war der »F«, also die Russen, die anderen waren die Schweden. Die meisten Mittelschüler mussten Russen sein, während Biber die Gymnasialschweden anführte. Es gab zwei Standardübungen. Bei der einen hatten sich die Schweden auf einer Anhöhe verschanzt, die von dem zahlenmäßig überlegenen F gestürmt werden sollte, dabei wurde der F aufgerieben, ehe er die Anhöhe einnehmen konnte.
    Der andere Kriegsfall lief darauf hinaus, dass der F (also die Mittelschüler) im Biwak lag und durch einen listigen Ausfall von Biber und seinen Mannen überrumpelt wurde, womit sie auch bei diesem Spiel einen strahlenden Sieg einfuhren. Vor allem, weil Biber entschied, wer tot oder in Gefangenschaft geraten war. Es war wie Cowboy und Indianer, nur gemogelt.
    Was Erik und Pierre dazu brachte, ihren Abschied einzureichen, waren die Bajonettübungen. Alle anderen Übungen hatten sich selbst im schlimmsten Fall als erträglich erwiesen, Exerzieren oder Waffenwartung zum Beispiel, manches war sogar ziemlich witzig, wie das Schießen oder die Übungen mit Handgranaten und Sprengstoff. Aber die Bajonettübungen waren zu viel.
    Eines Sonntagnachmittags hatten sie sich auf dem kleinen Fußballplatz versammelt. An drei Holzgestellen hingen Strohsäcke, die den F darstellen sollten. Die Truppe stand mit Mausergewehren und aufgepflanzten Bajonetten in drei Reihen Schlange vor dem jeweiligen F. Es regnete und der Himmel zeigte ein dunkles Bleigrau.
    Sie sollten der Reihe nach, den Helm auf dem Kopf und das Gewehr mit dem Bajonett vor sich ausgestreckt, ein Höllengebrüll

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