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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ist nur jemand aufs Klo gegangen. Wir hatten übrigens lange keine Razzia mehr. Doch, du hast wahrscheinlich in vieler Hinsicht Recht. Ich finde natürlich auch das »intellektuelle Leben«, wie du es nennst, wichtiger als alles andere. Sonst wäre ich überhaupt nicht hier, ich muss die Mittelschuljahre hier hinter mich bringen, nach dieser Sache, du weißt schon, werde ich in Stockholm auf keiner Mittelschule mehr angenommen. Ich bin hier, weil Gymnasium und Uni eben das Wichtigste im Leben sind, so ist das nun mal. Und natürlich werden du und ich das Studium viel besser schaffen als Blödmänner wie Höken und gewisse Ratis. Aber was kommt danach? In zehn Jahren haben wir unsere ersten Uni-Examen hinter uns, was immer wir studieren, dann werden diese Typen noch nicht mal die Reserveoffiziersschule geschafft haben. Aber zum Teufel, das ist in zehn Jahren! Und bei dir hört es sich auch noch an, als ob wir uns dann auf irgendeine Weise rächen könnten, dabei steht noch nicht mal fest, dass sie uns in unseren künftigen Berufen überhaupt über den Weg laufen werden. Es geht hier um die beiden nächsten Jahre, verstehst du, wir können nicht einfach über die Zukunft reden, solange wir sind, wo wir nun mal sind. Jetzt gelten Peppis und Karo und Razzien und dieses dämliche Gerichtstheater, und darum muss man dieses System auch hier und jetzt bekämpfen. Ich finde es übrigens eine Schweinerei von den Lehrern, dass sie sich um das alles gar nicht kümmern, dass sie sich blind und taub stellen und nur unter sich darüber reden. Im Speisesaal zum Beispiel, wo die Aufsichtslehrer am Tisch des Rektors nicht mal aufschauen, wenn ein Typ am Nebentisch einen Ein-Stich verpasst bekommt. Ich finde nicht, dass man sich nur auf das »Intellektuelle« konzentrieren und so tun darf, als würde dieses Feudalsystem gar nicht existieren. Das ist eigentlich nur feige. Sie haben Angst, Ärger zu kriegen, wenn sie den heiligen »Geist von Stjärnsberg« kritisieren, aber statt zu sagen, dass sie Angst haben, reden sie lieber über alles andere im Leben, was angeblich wichtiger ist. Übrigens waren wir beide der Meinung, dass diese Gemeinheit bekämpft werden muss, die Frage war nur, wie. Und wenn wir weitermachen, ich meine, wenn außer mir noch andere anfangen, die Ratis zu verspotten, sodass sie immer häufiger ausgelacht werden, dann kann das ein guter Anfang sein. Angenommen, danach weigern sich noch andere, sich Peppis verpassen zu lassen, dann dauert es nicht lange, und die Peppis sind abgeschafft. Und den Arrest können sie auch nicht unbegrenzt mit Frechen füllen, dann bricht nämlich das System zusammen. Für den Anfang brauchen wir nur sieben oder acht Typen, die sich weigern, hast du dir das schon mal überlegt? Man kann der Gewalt passiven Widerstand entgegensetzen, das ist schließlich deine Lieblingsvorstellung. Wie Mahatma Gandhi, ich hab das Buch jetzt übrigens gelesen.
    Aber du bist nun mal kein Mahatma Gandhi. Der hatte eine gute Sache, für die er kämpfen konnte, nämlich, sein Land zu befreien, und deshalb haben ihn alle Leute in Indien unterstützt. Du sagst, es ist gut, gegen das System hier zu kämpfen, und das stimmt natürlich irgendwie, ich meine, natürlich stimmt das. Aber dass du seit der Sache mit Lelle kein einziges Mal mehr im Karo warst, liegt nur daran, dass du es dir leisten kannst, herumzulaufen und die Ratis zu verspotten und sogar dafür zu sorgen, dass sie ausgelacht werden. Alldem liegt nur deine Gewalt zu Grunde, und außerdem kann es jeden Moment von vorne losgehen, wenn du es zu weit treibst. Wenn man das hier mit Algerien vergleicht, worüber wir uns zu Hause übrigens dauernd streiten, dann finde ich genau wie du, dass Algerien seine Freiheit haben muss. Es ist ihr Land, das lässt sich nicht abstreiten, auch wenn sie Kommunisten sind oder so. Vielleicht sind sie das sogar nur, weil Frankreich ihnen ihre Freiheit vorenthält. Aber sie kämpfen mit Gewalt und Terror, sie töten jede Menge unschuldige Frauen und Kinder. Und was kommt dabei heraus: dass Frankreich mit noch mehr Gewalt reagiert, also kann die Sache nur ein einziges Ende nehmen. Sie werden niemals frei sein, wenn sie versuchen, Frankreich mit Gewalt zu besiegen. Sie hätten von Gandhi lernen müssen. Und da ist noch etwas, nämlich, dass du keinen hier zu deiner Strategie überreden können wirst, ich glaub ‘s jedenfalls nicht. Vergiss nicht, dass wir von Halbidioten umgeben sind, die alle selber Ratis werden wollen. Also

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