Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
ausstoßen und gleichzeitig losstürzen, dann dem F das Bajonett in den Bauch rammen und es ordentlich darin herumdrehen. Das Gebrüll war von großer Wichtigkeit. Wer nicht laut genug gebrüllt hatte, musste den Angriff wiederholen. Das galt auch für den, der nach dem Stoß das Bajonett nicht richtig drehte.
    Biber sah jetzt noch wahnsinniger aus als sonst, denn sein Gesicht war mit schwarzer Tarnfarbe verschmiert, und er hatte seine schwarze Strickmütze bis zu den weiß glühenden Augen heruntergezogen. Die Mütze sollte eine Mütze vorstellen, wie Kirk Douglas sie im letzten Samstagsfilm getragen hatte -samstags abends wurden nur Kriegsfilme gezeigt -, in dem die Helden englische Elitesoldaten gewesen waren, die allen Widrigkeiten zum Trotz absolut unmögliche Aufträge weit hinter den deutschen Linien ausführten.
    Nun stand Biber also vor ihnen und brüllte.
    »Nächste Gruppe! Senkt die Bajonette! ANGRIFF!!!«
    »Ich kann nicht mehr, das Theater ist einfach zu blöd«, sagte Pierre.
    »Ich auch nicht, Pierre«, sagte Erik. »Glaubst du, man muss im Ernstfall wirklich so brüllen? Man kann die Russen doch wohl nicht totschreien?«
    »Nein, aber Biber glaubt, dass es so härter wirkt. Die Russen würden sich wahrscheinlich totlachen, wenn sie uns so sehen könnten.«
    Doch die Übung wurde ganz und gar ernst durchgeführt, ohne auch nur ein Lächeln. Ein Junge nach dem anderen sprang vor, bohrte brüllend sein Bajonett in den Strohsack, drehte es wild nach links und rechts und wurde von Biber kurz gelobt.
    »Das ist gut. Nur noch aggressiver!«
    Die Schlange vor ihnen schrumpfte unerbittlich und der Regen wurde immer stärker. Erik war vor Pierre an der Reihe.
    Der Junge vor Erik zog den Kopf ein, als er mit erhobenem Bajonett losstürzte und dabei aus vollem Halse brüllte.
    »AAAAAHHHHRRR!«, schrie er, verpasste aber den Strohsack und bohrte das Bajonett dermaßen energisch in das Holzgestell, dass der ganze komplizierte Aufbau zu Boden ging.
    »AAAAAHHHHRRRG!«, brüllte er abermals, hob das Gewehr mit dem Bajonett wie einen Speer, durchbohrte damit den auf dem Boden liegenden Strohsack und drehte das Bajonett ein paarmal im knirschenden Sand.
    »Ja, das ist gut. Da kann man wenigstens von Angriffsgeist sprechen«, kommentierte Biber zögernd und der Junge mit der Speertechnik stellte sich mit einem zufriedenen Knurren wieder hinten an.
    Erik packte das Gewehr am Kolben und fixierte den inzwischen wieder aufgehängten Strohsack über die fünf endlosen Meter Entfernung hin. Es ist zu blöd, dachte er, Pierre hat natürlich absolut Recht. Wenn das da vorn ein echter Russe und die Lage ernst wäre, wenn es wirklich um was ginge, dann müsste man vielleicht sogar schreien, nämlich um die eigene Angst zu überwinden, das war der einzig vernünftige Grund zu schreien, nicht, weil man dem F damit Angst machen konnte, wie Biber sich einbildete. Dem Biber hätte allerdings jeder eine Scheißangst einjagen können. Wie ein Idiot losstürzen, die Klinge in den Strohsack bohren und dabei wie ein Blöder brüllen, hatten das wirklich alle in der Schlange gemacht? Ohne zu zögern? Lag es daran, dass sie glaubten, einem Offizier müsse man nun mal gehorchen, oder hatten sie sich in ihrer Fantasie so in die Sache hineingesteigert, dass sie da vorn tatsächlich etwas anderes sahen als einen regennassen und inzwischen reichlich ramponierten Strohsack?
    »Hier zögern nur Ranzfotzen!«, brüllte Biber. »Nächster Mann VORAUS!«
    Auch das nun noch. Man wurde von einem Idioten als Ranzfotze tituliert.
    Erik prustete plötzlich los. Eine seltsame Stimmung verbreitete sich in der Reihe hinter ihm und Erik lachte immer lauter.
    »Voraus!«, brüllte Biber mit einem Hauch von Unsicherheit in der Stimme.
    »Ja, ja, komm ja schon«, sagte Erik, trottete auf den Strohsack zu, blieb einen Meter davor stehen und sah ihn sich an.
    »Hühoooo«, rief er und schraubte das Bajonett mit einer Aufwärtsbewegung vom unteren Teil des Strohsacks nach oben, wobei der Strohsack platzte und sein Inhalt in die Luft stob.
    »Und jetzt drehen!«, befahl Biber.
    »Wozu denn? Sehen Sie sich den Strohsack doch an, so einen toten Sack gibt’s auf der Welt bestimmt kein zweites Mal.« »Zurück ins Glied!«, kommandierte Biber und Erik stellte sich hinten an. Vorn stand Pierre und zögerte.
    »Voraus!«, schrie Biber.
    »Dem Offizier gehorchen!«, brüllte einer der Ratis irgendwo vorne.
    Aber Pierre blieb bewegungslos stehen und hob auch nicht sein

Weitere Kostenlose Bücher