Evil
der schwarzen Schlange zwischen den Zähnen angrinste und sie immer wieder nach uns warf, bis sie tot auf der Straße lag.
Das war der Junge, der einem Frosch den Kopf abgebissen hatte.
Das war der Junge, für den es so ziemlich das Gleiche war, ob er einen ansah oder ob er einem einen Stein auf den Kopf haute oder einem einen Stock in die Eier drosch.
Eddie war hemmungslos.
Es war heiß an diesem Tag, und der Schweiß strömte ihm aus dem kurzgeschorenen karottenroten Haar über die Stirn. Wie immer hatte er sein Hemd ausgezogen, um seinen Prachtkörper zur Schau zu stellen. Beißender Schweißgestank ging von ihm aus.
Er roch salzig und klebrig süß, wie altes, fauliges Fleisch.
Es war unerträglich.
Ich ging hinauf.
Oben saß Susan am Küchentisch und legte ein Puzzle zusammen. Neben ihr stand ein halb leeres Glas Milch.
Der Fernseher war ausnahmsweise stumm. Man hörte die klatschenden Schläge und das Lachen von unten.
Ich fragte nach Ruth.
Ruth lag im Schlafzimmer, erfuhr ich. Kopfschmerzen wieder einmal. Wie so oft in letzter Zeit.
Wir saßen da und schwiegen. Ich holte mir ein Budweiser aus dem Kühlschrank. Susan kam ziemlich gut voran mit ihrem Puzzle. Sie hatte schon mehr als die Hälfte. Das Bild war von George Caleb Bingham und hieß »Pelzhändler am Missouri«. Es zeigte einen knorrigen alten Mann mit einer komischen spitzen Mütze und einen verträumten Teenager, die bei Sonnenuntergang in einem Kanu flussabwärts paddelten, und eine am Bug festgebundene schwarze Katze. Die Ränder, die Katze und das Kanu waren schon fertig, der Mann und der Junge fast. Es fehlten nur noch der Himmel, der Fluss und ein paar Stücke von den Bäumen.
Ich sah ihr zu, wie sie ein Teil in den Fluss einsetzte.
»Wie geht's dir?« Ich nippte an meinem Bier.
Sie blickte nicht auf. »Gut.«
Ich hörte Lachen aus dem Bunker.
Sie probierte ein anderes Teil. Es passte nicht.
»Macht dir das was aus?« Ich meinte die Geräusche von unten.
»Ja.« Aber es klang nicht so. Es klang mehr nach etwas, womit sie sich abgefunden hatte.
»Viel?«
»Mm-hmm.«
Ich nickte. Danach gab es nicht mehr viel zu sagen. Ich sah ihr zu und trank mein Bier. Bald hatte sie den Jungen fertig und machte sich an die Bäume.
»Ich kann sie nicht zwingen, dass sie damit aufhören, verstehst du?«
»Ich weiß.«
»Eddie ist da unten.«
»Ich weiß.«
»Wenn ich könnte, würde ich es machen.« Ich fragte mich, ob das stimmte.
Sie auch. »Ja?«
Zum ersten Mal blickte sie zu mir auf. Ihre Augen waren erwachsen und nachdenklich. Fast wie die ihrer Schwester.
»Natürlich.«
Stirnrunzelnd wandte sie sich wieder ihrem Puzzle zu.
»Vielleicht wird es ihnen zu langweilig.« Kaum hatte ich sie ausgesprochen, wurde mir bewusst, wie lahm meine Worte klangen. Susan antwortete nicht.
Kurz darauf hörten die Geräusche auf, und ich hörte Schritte auf der Treppe.
Eddie und Willie. Beide erhitzt und mit offenem Hemd. Willies Mitte war ein fetter, todbleicher, hässlicher Wulst. Sie ignorierten uns und marschierten zum Kühlschrank. Ich sah, wie sie ein Cola für Willie und ein Bud für Eddie aufmachten und dann Sachen herumschoben, um etwas zu essen zu finden. Anscheinend gab es nicht viel, denn sie machten die Tür wieder zu.
»Die muss man richtig durchprügeln«, sagte Eddie. »Die weint nicht so leicht, die hat keinen Schiss.«
So groß meine innere Distanz zu dem Ganzen auch war, mit Eddie änderte sich alles. Seine Stimme war wie Eis. Willie mochte fett und hässlich sein, doch es war Eddie, der mich anwiderte.
Willie lachte. »Weil sie schon ganz ausgeheult ist. Hättest sie sehen sollen nach ihrer Abreibung neulich.«
»Ja, hast wahrscheinlich Recht. Sollen wir Donny und Woofer was runterbringen?«
»Sie haben nicht gesagt, dass sie was wollen. Wenn sie was brauchen, sollen sie's selber holen.«
»Scheiße, dass ihr nichts zum Essen dahabt, Mann.«
Dann gingen sie wieder hinunter. Noch immer schenkten sie uns keine Beachtung. Mir war das ganz recht. Ich sah ihnen nach, wie sie auf der Treppe verschwanden.
»Und was wollt ihr mit ihr machen?« Eddies Stimme wehte zu mir herauf wie eine giftige Rauchschwade. »Wollt ihr sie umbringen?«
Ich erstarrte.
»Nö«, antwortete Willie.
Und dann sagte er noch etwas, aber ihre Schritte übertönten es.
Wollt ihr sie umbringen? Langsam sanken die Worte in mich ein. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, hätte meine Mutter gesagt.
Überlass das Eddie, dachte ich mir. Überlass
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