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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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und dabei gekommen war, verdammt, bis Meg schließlich ganz in der Erde versunken war, wo sie von jetzt an liegen würde, ausgelöscht und erloschen.
    Doch der Ring war noch da. Und in meinem plötzlichen Zorn erkannte ich, dass auch ich stoßen konnte.
    Ich drehte mich um und hob die Hand mit weit gespreizten Fingern an Ruths Gesicht, sah, wie mich die dunklen Augen erst erstaunt und dann angstvoll anschauten, ehe sie unter meiner Hand verschwanden.
    Ich sah, dass sie begriffen hatte.
    Und leben wollte.
    Ich sah sie nach dem Geländer tasten.
    Ihr Mund klappte auseinander.
    Einen Moment spürte ich die kalte Haut ihrer Wangen unter meinen Fingern.
    Mein Vater stieg weiter die Treppe hinauf. Er war schon fast oben angelangt.
    Ich stieß.
    Nie mehr in meinem Leben habe ich mich so gut und stark gefühlt wie in diesem Augenblick.
    Ruth schrie, Woofer und Officer Jennings streckten die Arme nach ihr aus, doch als sie auf die Stufe traf, auf der Jennings stand, rutschte sie vorbei, und er berührte sie kaum. Farbdosen fielen nach unten auf den Beton. Ruth folgte ihnen ein wenig langsamer.
    Ihr offener Mund schlug gegen eine Stufe. Die Wucht des Aufpralls schleuderte sie nach vorn wie einen Akrobaten, und als sie unten landete, knallte sie wieder mit dem Gesicht nach vorn auf den Boden, und Nase und Wange zerplatzten unter dem vollen Gewicht ihres Körpers, der wie ein Sack Steine nach unten gestürzt war.
    Aus ihrem Genick kam ein lautes Knacken.
    Und dann lag sie da.
    Plötzlich war der Raum von Gestank erfüllt. Ich hätte fast gelächelt. Sie hatte sich angeschissen wie ein Baby, und das fand ich durchaus passend.
    Dann war alles in Aufruhr, Donny und Willie, Dad und Officer Thompson ohne Susan auf dem Arm quetschten sich an mir vorbei, und alle schrien und scharten sich um Ruth wie um eine archäologische Fundstelle. Was ist passiert? Was ist mit meiner Mutter passiert! Willie kreischte, und Woofer heulte, Willie hatte völlig die Beherrschung verloren, beugte sich über sie, drückte ihr die Hände auf die Brust und den Bauch, um sie wieder zum Leben zu erwecken. Auch Donny brüllte jetzt. Was ist passiert, verdammte Scheiße! Alle starrten die Treppe hoch zu mir, als hätten sie mir am liebsten alle Glieder einzeln ausgerissen, und mein Vater hatte unten Stellung bezogen, für den Fall, dass sie es versuchten.
    »Was ist denn passiert?«, fragte Officer Thompson.
    Jennings schaute mich nur an. Er wusste es. Er wusste verdammt gut, was passiert war.
    Aber das war mir in diesem Augenblick ganz egal. Ich fühlte mich, als hätte ich eine lästige Wespe erschlagen. Eine, die mich gestochen hatte. Nicht mehr und nicht weniger.
    Ich ging die Treppe hinunter und sah ihm ins Gesicht.
    Er schaute mich weiter an. Dann zuckte er die Achseln.
    »Der Junge ist gestolpert. Kein Wunder, hatte nichts zu essen, hat fast nicht geschlafen die ganze Nacht, hat zuschauen müssen, wie das Mädchen stirbt. Ein Unfall. Sehr bedauerlich, aber so was passiert manchmal.«
    Woofer, Willie und Donny glaubten ihm kein Wort, doch irgendwie interessierte es jetzt niemand mehr so besonders, was sie glaubten und was nicht.
    Der Gestank von Ruths Scheiße war entsetzlich.
    »Ich hole eine Decke.« Thompson schob sich an mir vorbei.
    »Der Ring.« Ich deutete. »Der Ring an ihrem Finger gehört Meg. Er war von Megs Mutter. Den sollte jetzt Susan kriegen. Kann ich ihn ihr geben?«
    Jennings bedachte mich mit einem gereizten Blick, der besagte, dass es jetzt reichte und dass ich nicht übertreiben sollte.
    Aber auch davon ließ ich mich nicht aufhalten.
    »Der Ring gehört Susan.«
    Jennings seufzte. »Stimmt das, Jungs? Es wird viel leichter für euch, wenn ihr mich nicht anlügt.«
    »Glaub schon«, sagte Donny.
    Willie schaute seinen Bruder an. »Du Wichser.«
    Jennings hob Ruths Hand und sah den Ring an.
    »Okay.« Auf einmal wurde seine Stimme ganz sanft. »Gib ihn ihr.« Er zog ihn ihr vom Finger.
    »Sag ihr, sie soll ihn nicht verlieren.«
    »Mach ich.«
    Ich ging hinauf.
    Auf einmal war ich furchtbar müde.
    Susan lag auf der Couch.
    Ich ging zu ihr, und bevor sie fragen konnte, was passiert war, hielt ich ihn in die Höhe. Ich sah, wie sie den Ring anschaute und ihn erkannte, und plötzlich zwang mich der Blick in ihren Augen neben sie auf die Knie, sie streckte ihre dünnen, blassen Ärmchen nach mir aus, und dann drückten wir uns fest aneinander und weinten und weinten.
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     

EPILOG
     

47
    Wir waren

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